Robert und die Ritter 3 Das Burggespenst (German Edition)
wissen, kontrollieren wir Gespenster uns gegenseitig, und das muss auch sein, damit sich kein Schlendrian einschleicht. Aber bei mir
hatte
sich kein Schlendrian eingeschlichen, und die Hexe wollte mich auch nicht kontrollieren. Sie wollte hier das Kommando übernehmen – und das hat sie leider auch geschafft.«
Die letzten Worte hatte Ritter Friedebert so leise gesprochen, dass man ihn kaum noch verstehen konnte. Todtraurig hatte er dabei geklungen,und am liebsten hätte man ihn jetzt in Ruhe gelassen oder höchstens ein bisschen mit ihm geweint. Aber genau jetzt wurde es auch noch mal richtig spannend: Vielleicht erfuhren wir von ihm was über die klapperige Geli, das uns half, wenn wir den Wackerburger Freunden helfen wollten.
»Entschuldigung«, sagte ich, »aber hättet Ihr Euch nicht gegen sie wehren können. Ich meine, ist sie so … so stark?«
»Wir Gespenster können uns nicht gegeneinander wehren«, sagte Ritter Friedebert. »Wir sind alle nur so stark, wie ihr Menschen uns macht.«
»Wir Menschen?«, sagte ich.
»Genau«, sagte Ritter Friedebert. »Der, vor dem sie sich am meisten fürchten, hat gewonnen. Und ich weiß nicht, warum, aber seit die Hexe hier aufgetaucht ist, flattert den Wackerburgern vor ihr das Hemd, wie wir Gespenster sagen.«
»Nur weil sie ihnen droht?«, fragte ich.
»Obwohl sie nicht mal schreibt,
womit
sie ihnen droht?«, fragte Robert.
»Darüber hab ich mir auch lange den Kopf zerbrochen«, sagte Ritter Friedebert. (Ohne Quatsch: Das sagte er wirklich!)
»Und?«, fragte Robert.
»Dass sie nicht schreibt,
womit
sie droht, sollvielleicht ein Trick sein. Vielleicht denkt sie, dass sich die Menschen dann erst recht was Fürchterliches ausmalen.«
»Könnte sein«, sagte Robert.
»Ich weiß nicht«, sagte ich. »›Du räumst jetzt sofort dein Zimmer auf, sonst …‹ – malst du dir da was Fürchterliches aus?«
»Nö, nur Computersperre«, sagte Robert.
»Na, siehst du.«
»
Ich
glaube, es sind die Zettel«, sagte Ritter Friedebert. »Das sind die neuen Zeiten. Früher, wenn Gespenster oder Geister drohen wollten, haben sie mit Feuer an die Wand geschrieben. Das hat den Menschen einen ordentlichen Schreck eingejagt, aber so Schriften haben nicht lange gehalten, und wenn sie weg waren, war’s auch mit dem Schreck bald vorbei. Mit den Zetteln ist es anders: Die Menschen heben sie auf, und mit den Zetteln bleibt auch der Schreck.«
»Und warum habt Ihr nicht einfach auch welche geschrieben?«, fragte Robert.
(Hab ich schon erzählt, dass Robert Probleme hat zuzuhören. Wenn nicht, wisst ihr’s jetzt.)
»Ihr habt ja gehört, was mit mir in der Schule los war«, sagte Ritter Friedebert. »Und mit dem Schreiben hab ich’s gleich gar nicht gehabt. Nein, nein, bevor sie sich über meine Schreibfehler scheckig lachen, lassen wir lieber alles so traurig, wie es ist.«
»Mist!«, sagte Robert, und zum ersten Mal, seit wir auf den Truhen saßen und Ritter Friedebert erzählte, regte sich auch Wuschel wieder. Er hob den Kopf und legte ihn Ritter Friedebert auf die Füße. Die Hand lecken und den Kopf auf die Füße legen – das macht er nur bei Leuten, die er richtig gern mag.
»Und darum steht Ihr die ganze Zeit dort im Schrank?«, fragte ich und merkte, dass ich plötzlich einen dicken Kloß im Hals hatte.
»In dem Schrank hab ich tagsüber schon immer gestanden«, sagte Ritter Friedebert. »Nachts bin ich dann herumgegeistert, wie es sich für ein Gespenst gehört – aber seit sie da ist, mache ich nur noch den Lakai für sie. Ich musste mir sogar die Scharniere ölen, damit mich niemand mehr hört …«
Genau: Es hatte nur ganz leise gescheppert und kein bisschen geknirscht und geknarzt, als er mit uns vom Schrank zu den Truhen gegangen war.
»Nur noch eine Frage«, sagte ich mit knödeliger Stimme. »Was heißt das, dass Ihr den Lakai für sie macht?«
»Aufräumen«, sagte Ritter Friedebert. »Sie lässt mich aufräumen. In der Küche, in der Waffenkammer, seit Neuestem auch in den Schlafgemächern und Kleiderschränken. – Jede Nacht! Bis zum Morgengrauen!«
Es war grauenhaft. Ich meine, dass Aufräumenmüssen zu den schlimmsten Strafen auf der ganzen Welt gehört, brauche ich euch nicht zu erzählen. Aber wir (ihr und ich jetzt) wissen wenigstens, dass das Aufräumenmüssen irgendwann ein Ende hat. Später, als Erwachsener, kann man seinen Krempel schließlich herumliegen lassen, wie man will. Gespenster
sind
aber schon erwachsen
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