Robin und Gott
dem Tisch an. Sie setzen sich.
Nur Suse und Knor setzen sich nicht. Suse liegt gemütlich auf ihrer Decke. Sie singt Lieder, die niemand verstehen kann. Niemand außer Suse. Sie darf nachher bei Mama trinken. Und Knor? Knor sitzt schon. Auf dem Sofa. Knor mag keine Suppe.
Papa nimmt sein Glas und hebt es vorsichtig hoch. „Prost!“, sagt er.
„Oh!“, sagt Oma. „Das große Licht muss noch aus.“
„Mach ich!“, sagt Robin.
Er springt von seinem Stuhl auf und flitzt zur Tür. Neben der Tür ist der Lichtschalter.
„Ich mach jetzt...“, ruft Robin, „...das Diang-deng aus!
Er drückt auf den Schalter.
Und dann ist es wunderschön im Zimmer. Nur die brennenden Kerzen geben noch Licht. Überall sind Kerzenflämmchen. Nicht nur an den Kerzen, auch in den Glöckchen im Baum, denn die sind wie kleine Spiegel, und auch in den Kugeln, den Ketten und der lila Gitarre und in den Gabeln, Messern, Löffeln und Gläsern auf dem Tisch. Die Flammen sind überall. Sie funkeln selbst in der Suppe.
„Prost!“, sagt Papa wieder.
Robin setzt sich schnell hin und nimmt sein Glas. Alle heben ihr Glas.
„Hu!“, sagt Oma. „Lasst uns erst einen Schluck trinken. Die Gläser sind so voll, dass es nur Gekleckere gibt, wenn wir jetzt anstoßen.“
Sie trinken ein Schlückchen. Und noch eins. Dann sind die Gläser nicht mehr zu voll.
„Prost!“, sagt Oma.
Sie heben ihre Gläser wieder und stoßen vorsichtig an.
„Prost“, sagen sie. „Prost, prost.“
Die Gläser klingen wie Glöckchen.
Nur Robins Glas nicht.
„Du musst dein Glas am Stiel festhalten“, sagt Mama. „Dann klingt es auch so schön.“
Das macht Robin. Er nimmt sein Glas am Stiel und stößt damit vorsichtig an die Gläser von Mama, Papa, Opa und Oma. Nun klingt sein Glas auch wie ein Glöckchen.
„Prost, prost, prost, prost.“
Danach essen sie die Suppe.
Nach der Suppe sagt Oma:
„Nun möchte ich gerne ein Lied hören.“
Papa nimmt seine Gitarre. Er lässt den Daumen über die Saiten gleiten und fängt an zu singen. Er singt ein Lied über ein Fußballspiel zwischen Ajax und Blauweiß. Über eine Frau, die das Spiel anguckt, aber nichts von Fußball versteht. Sie sagt die verrücktesten Sachen.
Davon handelt das Lied. Robin findet es wahnsinnig komisch.
Danach spielt Mama Klavier. Robin kennt das Lied. Mama spielt es oft, wenn Robin schon im Bett liegt. Es ist schön im Bett zu liegen, wenn Mama Klavier spielt. Fast das Schönste, das es gibt. Aber noch schöner ist es, ganz lange aufzubleiben, bis tief in die Nacht, und dabei zu sein, wenn Mama Klavier spielt.
„Jetzt du, Vater“, sagt Papa.
Opa steht auf und läuft zum Sofa. Er nimmt seine Krawatte ab und nimmt die Fliege von Knor. Opa bindet sie um den Hals und fängt an zu singen:
„Ein alter, greiser Possenreißer...“
Robin erschrickt. In dem Lied geht es bestimmt um Gott!
Aber dann singt Opa weiter:
„...wohl an des Fensters Rahmen stand,
erzählte seinem lieben Frauchen
von verronnener Zeit in seiner Hand.“
Robin begreift überhaupt nichts. Es kommen einige Wörter in dem Lied vor, die er nicht kennt. Aber eins hat er begriffen, es geht nicht um Gott. Opa selbst ist der alte, greise Possenreißer. Ein alter greiser Possenreißer, der schön singen kann:
„Auch ich zog einstmals den Herzkönig,
Doch ach, du weißt gar nichts davon.“
Als das Lied zu Ende ist, bindet Opa die Fliege wieder um Knors Hals und sich seine eigene Krawatte um.
„Jetzt du, Robin“, sagt Oma.
„Ja, Robin“, sagt Mama, „willst du uns nicht die Geschichte vom Jesuskind erzählen? So wie Alexander im Kindergarten?“
Robin schüttelt den Kopf. Er will nicht. Er traut sich nicht.
Er kann es nicht so gut wie Alexander. Er hat Angst, dass er etwas vergisst. Aber er muss etwas tun. Jeder hat etwas gemacht. Nur er noch nicht. Er und Oma...
„Ich kenne einen Witz“, sagt er. „Den hab ich selbst ausgedacht.“
„Los erzähl!“, sagt Papa.
Robin fängt an zu erzählen:
„Klein-Jan saß in der Kirche“, sagt er, „und in der Kirche war ein Pfarrer und der sagte immer zu allen Menschen: Puder in meinem Hütchen. Aber er trug überhaupt kein Hütchen!“
Mama, Papa und Oma sind einen Augenblick still. Aber Opa nicht.
Opa schüttelt sich vor Lachen. Die Tränen rollen über seine Wange.
„Das ist der beste Witz, den ich in meinem ganzen Leben gehört habe!“, ruft er.
Da fangen Mama, Papa und Oma auch an zu lachen. Robin auch. Sie lachen und lachen, bis sie nicht
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