Robinas Stunde null
träumen… Auf einmal
war ihr, als ertaste sie jeden Augenblick Boris’ warmen
Körper…
Robina hielt die Augen geschlossen. Doch langsam zerfloss
das Bild. Es plätscherte da kein See, kein Spatz tschilpte. Eine
beängstigende Stille bedrückte.
Robina atmete tief durch, zwang sich, konzentriert ins Tal
hinunter zu schauen. Wo flog da ein Vogel, hüpfte ein Hase?
Nur an den Bäumen im Vordergrund wedelten die großen
Blätter als streichle sie ein Windhauch. „Ein gewaltiges
Schiff“, sagte sie.
„Ja, es ist groß, aber täusche dich nicht“, bemerkte Birne.
„Ein Diorama! Jenseits des Flusses, das ist Projektion.“
„Eine sehr gut gelungene Täuschung!“ Robina nickte
anerkennend. „Und wo sind Leute, deine Leute?“
„Meine Leute“, wiederholte Birne zögernd als dächte er nach.
„Sie schlafen.“
„Wohl doch nicht alle!“
„Bis auf den Wachhabenden.“
„Also – gehen wir dorthin.“
„Der Bereich ist tabu.“
,Mal was Neues’, dachte Robina belustigt, gleichzeitig
ärgerte sie sich, dass sie weiterhin so schofel behandelt wurde.
„Nun, gehen wir eben da hinunter“, sie deutete zum Flüsschen
und schaute sich nach einem Weg um, der vom Hügel, vom
Tor hinab führte. „Wenn deine Leute mal nicht schlafen,
laufen sie da nicht hier herum? Ich sehe keine Wege.“
„Schau mich an, brauche ich einen?“
„Willst du damit sagen, dass ihr alle schwebt?“, fragte
Robina ungläubig verwundert.
„Wenn wir uns fortbewegen; sonst – je nach dem.“
Die Antwort überraschte Robina. ,Fünfunddreißig Jahre lang
hat er sich standhaft geweigert, trotz meiner dringenden
Fragerei, etwas über die Physiologie seiner Schöpfer
mitzuteilen. Ein Sperre sei ihm eingegeben, hatte er behauptet.
Und jetzt? Weil ich ihnen so nah bin, dass die
Geheimniskrämerei…? Wenigstens zum Teil…?’
Aber schon ihre schnell nachgesetzte Frage: „Und – wie
sehen sie aus, welches sind die Lebensbedingungen deiner
Leute?“ zeigte ihr erneut die Grenzen auf.
„Der Erste wird dich informieren, wenn die Zeit gekommen
ist.“
Robina setzte das vereinbarte Zeichen: gespreizte Mittel- und
Zeigefinger der linken Hand, das ihren Wunsch zum Ausdruck
brachte, er möge den Kontakt zu seinen Überwachern
unterbrechen.
Der Rhombus in Birnes Gesicht erschien, aber er sagte:
„Sperre, kein Zugriff zur Datei.“ Die Dioden erloschen.
Robina atmete tief durch und biss auf die Zähne. „Gehen wir
zurück“, ordnete sie verärgert an. Die Lust, in dieser
Gaukellandschaft zu verbleiben, war ihr gründlich vergangen.
–
17
Noch unter dem Eindruck der abermaligen Demütigung legte
Robina nach dem Einschleusen in ihrer so genannten Diele den
Raumanzug ab. Ihr Blick fiel auf die verschlossenen Türen,
und wieder dachte sie an diese blödsinnige Geheimniskrämerei
der Anderen. Sie hätte nicht zu sagen vermocht, weshalb –
aber unterbewusst schien ihr, als gäbe es einen Zusammenhang
zwischen den Ungereimtheiten in diesem ihr zugewiesenen
Wohnbereich und diesen Türen.
Gerade als sie die Küche betreten wollte, blieb sie plötzlich
stehen. Ein lauter Pfeifton durchstach ihren Kopf, wie ein
äußerst heftiger Tinnitus. Erschrocken schaute sie auf Birne.
Auch er verhielt wie angewurzelt. In seinem Gesicht
schwirrten wie ein Pulk bunter, aufgeregter Glühwürmchen die
Dioden.
„Was ist?“, rief Robina ängstlich. Sie war sich bewusst, dass
dieser widerliche Ton offenbar nur in ihrem Kopf pfiff. Aber
das Verhalten Birnes sagte nur zu deutlich, dass auch er etwas
Ungewöhnliches empfand.
Nach quälenden Sekunden sagte er: „Alarm – Meteoriten! –
in dieser Region nichts Ungewöhnliches. Denk an den
Brocken, von dem wir kommen. Er ist das Überbleibsel einer
Planetenexplosion.“
„Und? – Red’ schon!“
„Das Übliche. Der Wachhabende wird Abwehrmaßnahmen
einleiten und bei einer größeren Gefahr die Bereitschaft
wecken. Routine.“
„Und weshalb dann Alarm?“
Birne zögerte mit der Antwort. „Er wird automatisch
ausgelöst. Es könnten ein dichter Schwarm oder großkalibrige
Trümmer sein, die den Schutzschild beschädigen. In einigen
Stunden wissen wir mehr.“
Robina beruhigte sich. Der Ton in ihrem Hirn wurde leiser,
verflüchtigte sich. Auch in Birnes Gesicht verlöschten etliche
Lichter. „In einigen Stunden“, sagte sie gedankenvoll. Und
plötzlich, einer Blitzidee folgend, reckte sie die gespreizten
Finger, wartete gerade noch ab, bis der Rhombus leuchtete und
befahl schroff: „Brich die
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