Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Robinson Crusoe

Robinson Crusoe

Titel: Robinson Crusoe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Defoe
Vom Netzwerk:
und halfen dem Wind, der uns auf das Land zutrieb, mit unseren eigenen Händen zu unserem Untergang, indem wir aus Leibeskräften ruderten.
    Ob das Ufer felsig oder sandig, steil oder flach war, wußten wir nicht; der einzige Schatten von Hoffnung, den wir vernünftigerweise noch haben konnten, war, daß wir vielleicht in irgendeine Bucht oder Flußmündung gelangen würden, in die wir, wenn alles gut ging, unser Boot hineinjagen könnten; oder daß wir in Lee des Landes und somit in glattes Wasser kämen. Aber nichts dergleichen bot sich uns, sondern je näher und näher wir dem Ufer kamen, um so drohender sah das Land aus, drohender noch als die See.
    Nach etwa anderthalb Meilen Ruderns kam eine rasende Woge berghoch hinter uns her gerollt, begierig, uns den letzten Gnadenstreich zu versetzen.
    Sie faßte uns, kurz gesagt, mit solcher Gewalt, daß das Boot sofort umschlug. Sie riß uns gleichzeitig vom Boot und voneinander weg, und kaum daß uns Atem blieb, «O Gott!» zu schreien, waren wir auch schon im Nu von ihr verschlungen.
    Niemand kann den Wirrwarr meiner Gedanken
    beschreiben, als ich im Wasser versank. Denn obwohl ich ein guter Schwimmer war, vermochte ich mich doch nicht herauszuringen, um Atem zu holen, bis
    -58-

    mich die Woge weit auf das Ufer hinaufgetrieben oder besser getragen hatte. Sie überstürzte sich, flutete zurück und ließ mich fast trocken, aber halbtot von dem eingeschluckten Wasser auf dem Strand liegen.
    Ich hatte noch gerade genug Geistesgegenwart und Atem, um auf meine Füße zu springen und so schnell als möglich weiter landeinwärts zu rennen, ehe eine neue Woge käme und mich zurückrisse. Aber bald erkannte ich, daß ich dem unmöglich entgehen konnte; denn ich sah die See hoch wie einen großen Hügel hinter mir drein kommen und grimmig wie einen Feind, gegen den mich zu wehren ich weder Waffen noch Kräfte hatte. Es blieb mir nur übrig, den Atem anzuhalten und nach Möglichkeit oben zu schwimmen und mich mit aller Kraft so weit auf das Land zu arbeiten, daß die See mich nicht wieder beim Zurückfluten mitreißen könnte.
    Die neu über mich hereinbrechende Woge begrub mich augenblicklich zwanzig bis dreißig Fuß tief in sich, und ich konnte fühlen, wie ich mit ungeheurer Kraft und Schnelligkeit eine beträchtliche Strecke landwärts getrieben wurde; aber ich hielt den Atem an und half aus aller Macht mit Schwimmen nach. Ich war nahe am Bersten, als ich merkte, daß ich hochkam. Im nächsten Augenblick schössen auch schon mein Kopf und meine Hände übers Wasser empor, und obwohl ich mich kaum zwei Sekunden lang so halten konnte, half es mir doch sehr und gab mir Atem und neuen Mut. Das Wasser verschlang mich gleich wieder für eine gute Weile, aber doch nicht so lange, daß ich es nicht hätte aushaken können; und sobald ich spürte, daß die Welle sich ergossen hatte und zurückzufluten begann, strebte ich
    -59-

    gegen sie an nach vorwärts und fühlte abermals Grund unter den Füßen. Ich stand ein paar Sekunden still, um Luft zu schnappen, ließ das Wasser ablaufen und machte mich dann auf die Fersen und rannte aus Leibeskräften landeinwärts. Aber auch jetzt entwischte ich der Wut der See noch nicht; sie stürzte mir von neuem nach, und noch zweimal wurde ich von den Wogen hochgehoben und vorgeschleudert, da das Ufer sehr flach war.
    Beim letzten Male war es um ein Haar um mich geschehen; denn die See, die mich vorwärts wirbelte, trieb mich oder vielmehr schleuderte mich gegen eine Klippe, und zwar mit solcher Macht, daß ich bewußtlos und hilflos liegenblieb. Der Stoß hatte mich in Seite und Brust getroffen, so daß mir der Atem aus dem Halse herausfuhr, und wäre die Flut gleich wieder gekommen, so hätte ich in ihr ersticken müssen. Aber ich erholte mich ein wenig, ehe noch die Wogen wiederkehrten, und da ich sah, daß sie mich beim nächsten Male abermals überfluten würden, beschloß ich, mich an einem Stück des Felsens anzuklammern und so meinen Atem, wenn möglich, anzuhalten, bis der Stoß vorüber. Da ich nun doch schon höher am Land war, kamen die Wellen nicht mehr so hoch wie zuvor, und ich hielt mich fest, bis sie verlaufen waren, rannte dann weiter, so daß mich die nächste Woge zwar noch erreichte, aber mich nicht mehr zurückriß, und kletterte erleichterten Herzens an den Klippen der eigentlichen Küste hinauf und setzte mich ins Gras, aus aller Gefahr befreit und außer Reichweite der See.
    Nun war ich heil gelandet, sah mich um und

Weitere Kostenlose Bücher