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Robinson Crusoe

Robinson Crusoe

Titel: Robinson Crusoe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Defoe
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alle; denn das Wesen, das alle Dinge schaffen kann, muß sicherlich auch die Macht haben, sie zu führen und zu leiten.
    Wenn dem so ist, kann nichts im großen Umkreis seiner Werke geschehen ohne sein Wissen oder seinen Willen.
    Und wenn nichts ohne sein Wissen geschehen kann, so weiß er auch, daß ich hier bin und in einer schrecklichen Lage. Und wenn nichts ohne seinen Willen geschieht, hat er gewollt, daß es mir so ergehen soll.
    Nichts fiel mir ein, was diesen Schlußfolgerungen zu widersprechen vermocht hätte, und so weit
    durchdrang mich die Überzeugung mit immer
    größerer Kraft, es könne nicht anders sein, als daß Gott dies alles über mich verhängt hatte; daß ich durch seine Fügung in diese jammervolle Lage gebracht worden sei, da er ja allein die Macht hatte, nicht nur über mich, sondern über alles, was in der Welt geschah.
    Und sogleich kam die Frage: Warum hat mir Gott das angetan? Was habe ich getan, um so gestraft zu werden?
    Da unterbrach mich aber gleich mein Gewissen in meinen Fragen, als wenn ich gelästert hätte, und sprach zu mir wie eine Stimme: «Du Bösewicht! Du fragst noch, was du getan hast? Sieh zurück auf dein schrecklich vergeudetes Leben und frage dich lieber, was du nicht getan hast, frage, warum du nicht schon
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    längst vernichtet bist! Warum bist du nicht in Yarmouth Roads ertrunken, warum nicht im Kampfe gelötet worden, als euer Schiff von dem Piraten aus Salee genommen wurde? Warum nicht von wilden Tieren an der afrikanischen Küste verschlungen? Oder, warum nicht hier ertrunken, als die ganze Mannschaft umkam, nur du nicht? Kannst du noch fragen, was habe ich getan?»
    Ich war durch diese Gedanken wie gelähmt und konnte nichts sagen, mir selbst keine Antwort geben.
    Ich stand nachdenklich und traurig auf. ging zu meiner Behausung zurück, stieg über meine Mauer, als wenn ich zu Bett gehen wollte; aber ich hatte keine Lust zu schlafen, sondern setzte mich auf meinen Stuhl und zündete meine Lampe an, weil es dunkel wurde. Nun fiel mir in meiner Angst vor der Wiederkehr meiner Krankheit ein, daß die Brasilianer gegen fast alle Krankheiten keine andere Medizin nehmen als ihren Tabak. Und ich hatte ein Stück gedörrter Tabaksrolle in einer meiner Kisten und etwas grünen Tabak.
    Zweifellos war es eine Eingebung des Himmels; denn in dieser Kiste fand ich ein Heilmittel für beides, Seele und Leib. Ich öffnete die Lade und fand, was ich suchte, nämlich den Tabak, und da die wenigen Bücher, die ich gerettet hatte, auch darin lagen, so nahm ich eine der Bibeln, die ich vorher erwähnte und in die hineinzuschauen ich bisher weder Muße noch Lust gehabt hatte. Ich nahm beides heraus und brachte Bibel und Tabak an meinen Tisch.
    Ich wußte nicht, wie ich den Tabak gebrauchen sollte und ob er gut oder schlecht für meinen Zustand
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    wäre; aber ich machte verschiedene Versuche damit, entschlossen, die Wirkung so oder so zu erproben.
    Zuerst nahm ich ein Stück Blatt in den Mund und kaute es, wovon mir anfangs das Gehirn ganz dumm wurde, weil der Tabak grün und streng und ich nicht daran gewöhnt war; dann nahm ich mehrere Blätter, tränkte sie ein oder zwei Stunden lang in etwas Rum und beschloß, abends, wenn ich mich hinlegte, eine Dosis davon zu nehmen; und zu guter Letzt verbrannte ich einige in einer Kohlenpfanne und hielt meine Nase dicht darüber, solange ich die Hitze und den scharfen Rauch nur aushallen konnte; und ich hielt es fast bis zum Ersticken aus.
    Während der Pausen bei diesen Operationen nahm ich die Bibel und begann zu lesen. Aber mein Kopf war zu verwirrt durch den Tabak, um lesen zu können.
    Nur als ich das Buch eben aufschlug, waren die ersten Worte, auf die meine Augen fielen, die folgenden:
    «Rufe mich an in der Not, so will ich dich erretten, und du sollst mich preisen.»
    Die Worte waren sehr zutreffend auf meinen Fall und machten großen Eindruck auf mich, als ich sie las, obwohl noch nicht so sehr wie später; denn was das Erretten betraf, so hatte das Wort sozusagen keinen Klang für mich; eine Errettung war so fern, so unmöglich nach meiner Beurteilung der Dinge, daß ich, gleich wie die Kinder Israels, als ihnen Fleisch zur Speisung versprochen wurde, fragten: «Vermag Gott in der Wüste einen Tisch zu decken?», nun ebenso fragte:
    «Vermag Gott selber mich von hier zu erretten?» Und da es noch viele Jahre dauerte, ehe irgendwelche Hoffnung sich zeigte, so blieb dieser Zweifel lange Zeit
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    vorherrschend in mir.

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