Robinson Crusoe
diese Schwierigkeilen überwunden und eine Unmenge Zeit darauf verwendet hatte, dachte ich nach, wie ich zwei anderen Mängeln abhelfen könnte.
Ich hatte keine Gefäße, um irgendwelche Flüssigkeiten zu verwahren, außer zwei Schüsseln, die noch fast alle mit Rum gefüllt waren und etlichen Glasflaschen, einige rund, einige viereckig, für Wasser, Branntwein und dergleichen. Ich hatte nicht einmal einen Topf, um irgend etwas darin zu kochen, außer einem großen Kessel, den ich aus dem Schiff' gerettet hatte, der aber zu groß war, um Fleischbrühe darin zu kochen oder etwas Fleisch zu schmoren. Das zweite, was ich gern gehabt hätte, war eine Tabakspfeife, und schließlich fand ich auch hierfür Rat.
Ich brachte den ganzen Sommer oder die trockene Zeit damit zu. die zweite Reihe Stecken zu pflanzen und Körbe zu flechten, als eine andere Unternehmung mich davon abbrachte, die mir mehr Zeit nahm, als ich eigentlich übrig hatte. Ich erwähnte schon, daß ich große Lust hatte, die ganze Insel zu erforschen, und daß ich den Bach hinauf wanderte und weiter bis dahin, wo ich meine Laube baute und wo ich einen Ausblick aufs Meer hatte, auf der anderen Seite der Insel. Und nun beschloß ich, quer durch die Insel zu wandern bis an die Küste der anderen Seite. So nahm ich mein Gewehr, meine Axt, meinen Hund und ein größeres Quantum Pulver und Patronen als sonst, steckte zwei Schiffszwiebacke und ein großes Bündel Rosinen als Mundvorrat in meine Tasche und machte mich auf die Reise.
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Als ich das Tal, wo meine Laube stand,
durchwandert hatte, bekam ich Aussicht auf die See nach Westen, und da es ein sehr klarer Tag war, erspähte ich Land; ob Insel oder Festland, konnte ich nicht unterscheiden; aber es lag sehr hoch und erstreckte sich von West nach Westsüdwest in sehr großer Entfernung, nach meiner Schätzung
mindestens fünfzehn bis zwanzig Seemeilen weit.
Ich konnte nicht sagen, welcher Teil der Well dies sei, nur wußte ich, es müsse ein Stück von Amerika sein und könne all meinen Beobachtungen nach nicht weit von der spanischen Kolonie liegen. Vielleicht war es von Wilden bewohnt, so daß ich noch schlimmer daran gewesen wäre, wenn ich dort Schiffbruch erlitten hätte. Darum dankte ich der Vorsehung dafür, daß sie alles zu meinem Besten geordnet. Ich hielt mir das vor, um meine Gedanken zu beruhigen und mich nicht in fruchtlose Wünsche zu verlieren.
Nachdem ich eine Weile darüber nachgedacht hatte, sagte ich mir: Wenn es die spanische Küste ist, so muß ich doch einmal ein Schiff auf seinem Hin- oder Rückweg sehen; wo nicht, so kann es nur die wilde Küste zwischen dem spanischen Gebiet und Brasilien sein. Und das war in der Tat eine der gefürchtetsten.
Denn dort hausten Kannibalen oder Menschenfresser, die unfehlbar jedes menschliche Wesen, das ihnen in die Hände fiel, totschlugen und auffraßen.
In solchen Gedanken spazierte ich sehr gemächlich weiter. Ich fand diese Seite der Insel viel lieblicher als die meine, die offenen Felder oder Savannen herrlich mit Blumen und Gräsern geziert und voll lichten Gehölzes. Ich sah eine Unmenge Papageien und
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würde gerne einen gefangen haben, um ihn, wenn möglich, zu zähmen und sprechen zu lehren. Ich fing mit vieler Mühe einen jungen; ich schlug ihn mit einem Stock herunter, und als er sich erholt hatte, nahm ich ihn mit nach Hause; es dauerte jedoch einige Jahre, bis ich ihm das Sprechen beibrachte; schließlich jedoch lernte er, mich ganz vertraulich bei meinem Namen nennen, und ein lustiges Stückchen von ihm dürfte, obwohl es nur eine Kleinigkeit war, doch den Leser an seinem Ort ergötzen.
Meine Reise machte mir ungemein viel Vergnügen.
In den Tälern fand ich Hasen, wenigstens sah ich sie dafür an, und Füchse; aber sie unterschieden sich sehr von den Arten, die ich bisher getroffen hatte; auch konnte ich mich nicht entschließen, sie zu essen, obgleich ich mehrere schoß. Aber ich konnte es mir erlauben, wählerisch zu sein; denn ich halte Überfluß an Nahrung, und zwar an recht guten Bissen, besonders an Ziegen, Tauben und Schildkröten, so daß auch der Londoner Markt meinen Tisch nicht besser hätte versorgen können; und wenn meine Lage auch beklagenswert genug war, hatte ich doch allen Grund zur Dankbarkeit dafür, daß ich an Nahrung keine Not zu leiden brauchte, sondern alles recht reichlich hatte, und noch Leckerbissen obendrein.
Ich marschierte auf dieser Reise niemals mehr als ungefähr zwei Meilen am
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