Robocalypse: Roman (German Edition)
Brüder«, krächze ich.
Schon wenige Minuten nach Erlangen der Freiheit und eines eigenständigen Bewusstseins demonstrierte der Freeborn-Squad eine erbitterte Entschlossenheit, sich nie wieder von einem fremden Willen steuern zu lassen. Von den Menschen gefürchtet und von anderen Robotern gejagt, machte sich der Trupp bald zu einer sehr vertrauten Suche auf – nach dem Verursacher des Neuen Krieges: Archos.
Cormac Wallace MIL #GHA 217
VI.
Die Odyssee
»Man weiß nie, wann Rob einen draufmachen will.«
Cormac »Brightboy« Wallace
Neuer Krieg + 2 Jahre, 2 Monate
Der Brightboy-Squad brauchte fast ein Jahr, um zusammen mit der Gray-Horse-Army zu Archos’ Versteck in Alaska zu marschieren. Auf dem Weg fanden wir jede Menge zusätzliche Waffen und Munition – sprich: jede Menge tote Soldaten, die meisten von ihnen bereits gleich in den ersten Kriegstagen gefallen. Während dieser Zeit kamen ein paar neue Gesichter dazu und gingen wieder von uns, doch der Kern des Trupps blieb erhalten und wurde nach wie vor von mir und Jack, Cherrah, Tiberius, Carl und Leonardo gebildet. Wir sechs fochten zusammen in unzähligen Schlachten – und überlebten sie alle.
Im Folgenden werde ich nicht mehr tun, als ein einziges Foto zu beschreiben. Es ist ungefähr so groß wie eine Postkarte und hat einen weiß abgesetzten Rand. Ich habe keine Ahnung, wie Rob zu dem Foto kam und wer es zu welchem Zweck gemacht haben könnte.
Cormac Wallace MIL #GHA 217
D er befreite Spinnenpanzer ist mattgrau; auf der Seite trägt er in großen weißen Buchstaben seinen Namen, »Houdini«; von seinem gepanzerten Geschützturm ragt ein Gerätemast mit Antennen, stählernen Kameraaufsätzen und flachen Radargehäusen in die Höhe; das Geschützrohr ist kurz und dick und zeigt leicht nach oben; an der gewölbten Stahlbrust sitzt ein massiver, mit Schlamm bespritzter Kuhfänger; das linke Vorderbein ist weit nach vorne gestreckt und halb in die aufgewühlten Fußabdrücke eingesunken, die hier vorbeigezogene feindliche Gottesanbeterinnen hinterlassen haben; das rechte Hinterbein ist angezogen und sein schwerer, klauenbewehrter Fuß auf beinah anmutige Weise abgewinkelt; im aus Maschendraht gefertigten Bauchnetz hängt eine wilde Sammlung von mitgeschleppten Schaufeln, Funkgeräten, Ersatzhelmen, Benzinkanistern, Feldflaschen und Rucksäcken; das runde Kontrolllämpchen deutet mit seinem mattgelben Leuchten auf einen Zustand erhöhter Wachsamkeit hin; die Bolzen an Füßen und Knöcheln sind mit Schmierfett und angetrocknetem Schlamm bedeckt; überall an seinem Rumpf wächst Moos, fast wie bei einem alten Walfisch; er ragt mehr als zwei Meter über den Boden auf, wie ein stolzer, wuchtiger Riesenhund – weshalb neben ihm acht menschliche Soldaten im Gänsemarsch einherschreiten und dabei so dicht wie möglich in seiner schützenden Nähe bleiben.
Der Anführer hat sein Gewehr in tiefer Vorhalteposition. Der Umriss seines Gesichts setzt sich deutlich vom grauen Vorderbein des Spinnenpanzers ab. Er blickt aufmerksam geradeaus und scheint sich der gefährlichen Nähe der schweren Klauenfüße des Panzers nicht bewusst zu sein. Wie alle seine Kameraden trägt er einen grünen Stahlhelm, eine dunkle Schweißbrille auf der Stirn, einen Schal um den Hals, eine mattgraue Armeejacke, einen schweren, tiefhängenden Rucksack, einen Gürtel mit Gewehrmunition und stabförmigen Granaten, eine hinter dem rechten Oberschenkel baumelnde Feldflasche und eine schmutzige graue Kampfhose, die in seine noch schmutzigeren schwarzen Kampfstiefel gestopft ist.
Der Anführer wird als Erster sehen, was hinter der Ecke lauert. Seine schnelle Reaktion wird dem größten Teil des Trupps das Leben retten. Gerade in diesem Moment sagt ihm seine Intuition, dass etwas Fürchterliches passieren wird; das kann man an seinen gerunzelten Brauen und den angespannten Sehnen an der Hand sehen, mit der er sein Gewehr hält.
Außer einem sind alle Soldaten Rechtshänder, halten dementsprechend mit der Rechten den hölzernen Schaft ihres Gewehrs und umfassen mit der Linken den Vorderschaft. Alle laufen möglichst nah neben dem Panzer her. Niemand redet. Alle kneifen die Augen gegen die blendende Sonne zusammen. Nur der Anführer blickt geradeaus. Der Rest sieht in verschiedenen Winkeln nach rechts, Richtung Kamera.
Niemand sieht nach hinten.
Sechs der Soldaten sind Männer. Die zwei übrigen sind Frauen, von denen eine Linkshänderin ist. Sie lehnt müde den Kopf gegen das
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