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Robocalypse: Roman (German Edition)

Robocalypse: Roman (German Edition)

Titel: Robocalypse: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel H. Wilson
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die Gottesanbeterinnen senken ihre eisbedeckten Visiere, um noch windschnittiger und schneller zu werden.
    »Überleben, um zu kämpfen«, flüstere ich Jack zu.
    Die anderen nicken.
    »Ohne mich«, murmelt Jack. »Ihr mögt alle zu Robotern geworden sein, ich nicht. Einer meiner Männer ruft nach mir. Haut ab, wenn ihr wollt, aber ich helfe Tiberius.«
    ***
    Ohne weiteres Zögern stapft Jack den Hügel hinauf. Die Augen der anderen richten sich auf mich, also treffe ich eine Entscheidung.
    »Cherrah, Leo, packt das Bein-Exo für Ty aus. Er wird nicht laufen können. Carl, steig auf den Hügel und schalte deine Sensoren ein. Sag Bescheid, wenn du was siehst, und halt den Kopf unten. Sobald sie zurück sind, ziehen wir sofort weiter.«
    Ich hebe Jacks Helm vom Boden auf. »Jack!«, rufe ich. Er ist schon fast oben, dreht sich aber um. Ich schmeiße ihm den Helm zu, und er fängt ihn geschickt auf.
    »Pass auf dich auf!«, füge ich hinzu.
    Er setzt ein breites Grinsen auf, genau wie früher, als wir Kinder waren. Wie oft habe ich dieses dämliche Grinsen gesehen: wenn er von der Garage in unser Planschbecken sprang, wenn er auf dunklen Landstraßen bei illegalen Autorennen mitmachte, wenn er mit seinem gefälschten Ausweis billiges Bier für uns kaufte. Sobald ich dieses Grinsen sah, hatte ich immer ein gutes Gefühl. Ich wusste dann, mein Bruder hat alles unter Kontrolle.
    Jetzt macht mir dieses Grinsen Angst. Sand in meinem Getriebe.
    Schließlich verschwindet Jack hinter dem Hügel. Ich krabble mit Carl hinauf. Wir gehen hinter einer schneebedeckten Böschung in Deckung und sehen zu, wie mein Bruder zu Tiberius kriecht. Der Boden ist schlammig und feucht, zerwühlt von unserer plötzlichen Flucht. Jack robbt mit gleichmäßigen Bewegungen vorwärts, setzt abwechselnd die Ellbogen auf und drückt sich mit den Stiefeln vom schmutzigen Schnee ab.
    Im nächsten Augenblick ist er schon am Ziel.
    »Wie sieht’s aus?«, frage ich Carl. Der Techniker hat sein Visier über die Augen gezogen und den Kopf schief gelegt, um die Antennen auf seinem Helm auszurichten. Er ähnelt einer großen Heuschrecke, aber er sieht die Welt mit den Augen eines Roboters, und das verschafft mir vielleicht die Möglichkeit, meinen Bruder zu retten.
    »Alles normal«, erwidert er. »Nichts zu sehen.«
    »Könnte noch hinterm Horizont sein«, vermute ich.
    »Warte. Da kommt was.«
    »Runter!«, brülle ich, und Jack wirft sich zu Boden. Mit hastigen Bewegungen bindet er ein Seil um Tys reglosen Fuß.
    Ich bin mir sicher, dass er gerade den Mechanismus irgendeiner schrecklichen Falle ausgelöst hat. Ein paar Meter vor ihm schießt eine Fontäne aus Schnee und Steinen in die Höhe. Dann dringt wieder ein ähnliches Knacken wie vorhin aus dem Schneetreiben, und so lahm, wie Schallwellen sind, ist damit sicherlich schon alles vorüber.
    Warum habe ich ihn gehen lassen?
    Senkrecht wie ein Feuerwerkskörper schießt eine goldene Kugel in die Luft. In fünf Metern Höhe dreht sie sich ein paar Mal um die eigene Achse und strahlt dabei ein mattrotes Licht aus, dann plumpst sie erloschen zurück zu Boden. Einen Moment lang steht jede Schneeflocke scharf und rot umrissen in der Luft. Es war nur ein Disco-Sensor.
    »Augen!«, ruft Carl. »Sie haben uns gesehen!«
    Ich atme erleichtert aus. Jack ist noch am Leben. An dem Seil, das er um Tiberius’ Fuß gebunden hat, zieht er den riesenhaften Schwarzen hinter sich her. Mit verzerrtem Gesicht stemmt er die Füße in den Boden. Tiberius rührt sich nicht.
    Nur Jacks angestrengtes Grunzen und das Pfeifen des Windes sind in der gefrorenen Landschaft zu hören. Aber meine Intuition sagt mir, dass jemand meinen Bruder im Fadenkreuz hat. Der Teil meines Hirns, der einen sechsten Sinn für Gefahren hat, ist in heller Aufruhr.
    »Schnell!«, brülle ich Jack zu. Er hat es schon halb zu uns geschafft, aber je nachdem, was uns aus dem Schneegestöber erwartet, spielt der Hügel vielleicht keine Rolle mehr. Ich rufe zum Squad hinunter: »Bringt die Waffen in Anschlag und sichert und ladet! Rob kommt.«
    Als wüssten sie das nicht längst.
    »Aus südlicher Richtung eingehend«, erklärt Carl. »Plugger.« Der schlaksige Südstaatler ist bereits dabei, mit hochgeschobenem Visier und hüpfendem Adamsapfel zu den anderen zurückzustolpern. Unten ziehen alle ihre Waffen und suchen sich Deckung.
    In dem Moment ertönt erneut ein halbes Dutzend Mal in schneller Folge das trockene Knacken. Überall um Jack schießen Fontänen

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