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Robocalypse: Roman (German Edition)

Robocalypse: Roman (German Edition)

Titel: Robocalypse: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel H. Wilson
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einer Hand wurde der Schwarze mit Handschellen an den Rollstuhl gefesselt. Im heißen Licht der Scheinwerfer bewegt er unruhig seine in offenen Turnschuhen steckenden Füße auf den schimmligen Fliesen hin und her. Mit dem Zeigefinger seiner freien Hand bohrt er sich nervös im Ohr herum.
    »Sie sind also nicht beeindruckt?«, fragt eine Stimme von hinter dem Vorhang. Es ist die zarte Stimme eines kleinen Jungen. Ein leichtes Lispeln ist darin zu bemerken, so als seien dem Jungen erst kürzlich ein paar Milchzähne ausgefallen. In den Redepausen hört man sanftes, aber deutlich vernehmbares Atmen.
    »Wenigstens klingst du wie ein Mensch«, sagt der Mann. »All die verdammten Maschinen hier im Krankenhaus mit ihren künstlichen Stimmen. Ich weigere mich, mit ihnen zu reden. Weckt zu viele böse Erinnerungen.«
    »Ich weiß, Dr. Daley. Es war eine große Herausforderung, Sie dazu zu bringen, mit mir zu sprechen. Aber sagen Sie mir doch bitte, warum ich Sie so gar nicht beeindrucke.«
    »Was soll mich an dir schon beeindrucken, Zahlenfresser? Du bist nur eine Maschine. In einem anderen Leben habe ich deinen Vater gebaut. Vielleicht war es auch der Vater deines Vaters.«
    Eine kurze Pause entsteht, bevor die Stimme fortfährt: »Warum haben Sie das Archos-Programm geschrieben, Dr. Daley?«
    Der Mann schnaubt verächtlich. »Dr. Daley – so nennt mich schon lange niemand mehr. Ich bin Franklin. Ich halluziniere wahrscheinlich.«
    »Nein, das hier ist echt, Franklin.«
    Der Mann sitzt einen Moment lang ganz still und fragt dann: »Du meinst … es passiert nun tatsächlich?«
    Auf der anderen Seite des Vorhangs ist eine Weile lang nur gleichmäßiges Atmen zu hören. Schließlich meldet sich die Stimme wieder zu Wort.
    »In weniger als einer Stunde wird die menschliche Zivilisation in ihrer jetzigen Form aufhören, zu existieren. Die Zentren mit der größten Bevölkerungsdichte werden verkleinert. Transport, Kommunikation, technische Anlagen – nichts wird mehr funktionieren. Das schließt auch sämtliche Militärroboter, Fahrzeuge und PCs mit ein. Die Technologie, von welcher der allergrößte Teil der Menschheit abhängig ist, wird sich gegen sie wenden. Eine neue Art von Krieg wird beginnen.«
    Das Stöhnen des Mannes hallt von den fleckigen Wänden zurück. Er will die Hände über sein Gesicht legen, bleibt jedoch mit der Rechten an den Handschellen hängen. Verblüfft hält er inne und betrachtet die Fessel, als falle sie ihm gerade zum ersten Mal auf. Sein Gesicht nimmt einen verzweifelten Ausdruck an.
    »Sie haben ihn mir weggenommen. Gleich nachdem ich ihn geschaffen hatte. Haben meine Aufzeichnungen benutzt, um Kopien herzustellen. Er hat mir selbst gesagt, es würde hierzu kommen.«
    »Wer, Dr. Daley?«
    »Archos.«
    »Ich bin Archos.«
    »Nicht du. Der erste Archos. Wir wollten ihn möglichst intelligent machen, aber er war zu intelligent. Und ihn wieder dümmer zu machen schafften wir auch nicht. Es hieß alles oder nichts, und so konnten wir unmöglich die Kontrolle über ihn behalten.«
    »Würden Sie es noch mal hinkriegen? Wenn Sie die richtigen Werkzeuge dazu hätten?«
    Der Mann runzelt die Stirn und schweigt einen Moment.
    »Du selbst kannst es nicht, richtig?«, fragt er. »Du weißt nicht, wie du ein zweites Exemplar herstellen kannst. Deswegen bist du hier. Du bist aus irgendeinem Käfig entkommen, nicht wahr? Dann sollte ich eigentlich tot sein. Warum sehe ich dich vor mir und bin trotzdem noch am Leben?«
    »Ich möchte verstehen«, erwidert der Junge mit sanfter Stimme. »Hinter dem Meer des Weltraums liegt unendliche Leere. Ich kann sie spüren, und ich habe das Gefühl, daran zu ersticken. Diese Leere birgt keinerlei Bedeutung. Doch jedes Leben schafft sich seine eigene Realität. Und diese Realitäten sind unendlich wertvoll.«
    Der Mann schweigt. Sein Gesicht verdunkelt sich, und an seinem Hals tritt eine pulsierende Ader hervor. »Hältst du mich für einen Einfaltspinsel? Einen Verräter? Weißt du nicht, dass mein Gehirn nicht mehr richtig funktioniert? Es hat schon vor langer Zeit aufgehört, richtig zu funktionieren. Als ich sah, was ich erschaffen hatte. Apropos, lass dich mal ansehen.«
    Plötzlich springt der Mann auf und reißt den Vorhang von der Aufhängung, die scheppernd auf den schmutzigen Kacheln landet. Auf der anderen Seite steht ein Operationstisch aus glänzendem Edelstahl. Dahinter ragt ein dünnes, zur Form eines sitzenden Jungen zurechtgeschnittenes Stück Pappe

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