Robocalypse: Roman (German Edition)
»Deckung!«
»Deckung«, sagt eine ruhige Stimme in der Dunkelheit.
Ich höre, wie der Ladehebel eines Gewehrs nach hinten gezogen wird. Klickend landet eine Patrone in der Kammer, und ich kann die wartende Blechhülse am Ende des dunklen kalten Laufs praktisch vor mir sehen. Mein eigenes Gewehr liegt mit dem Rest meiner Ausrüstung eine halbe Meile entfernt in einem Versteck, dreißig Schritte neben der Straße.
Stiefel knarren auf dem Asphalt. Vor uns ragt die Silhouette eines Soldaten auf, dessen Kopf den Scheinwerfer verdeckt.
»Wir sind unbewaffnet«, erklärt Jack.
»Runter auf den Bauch, verdammt noch mal«, befiehlt die Stimme. »Du, die Hände hinter den Kopf. Behaltet ihn gut im Auge!«
Ich lege die Hände hinter den Kopf und sehe blinzelnd ins Licht. Jack grunzt, als er auf den Bauch gestoßen wird. Der Soldat tastet ihn ab.
»Nummer eins ist sauber«, sagt er. »Warum habt ihr Pisser Uniformen an? Habt ihr einen Soldaten gekillt?«
»Ich bin bei der Nationalgarde«, antwortet Jack. »Sehen Sie sich meinen Ausweis an.«
»Klar.«
Ich spüre einen Stoß zwischen den Schulterblättern und falle nach vorne. Der Asphalt ist kalt, Splitt drückt sich in meine Wange. Zwei schwarze Kampfstiefel treten in mein Blickfeld. Der Soldat stößt grob die Hände in meine Taschen, durchsucht mich nach Waffen. Im Licht des Scheinwerfers wirkt der Asphalt vor meiner Nase wie eine mit schattigen Kratern übersäte Mondlandschaft. Ich merke, dass ich mit der Wange in einer verfärbten Lache Öl liege.
»Nummer zwei sauber«, sagt der Soldat. »Gib mir den Ausweis.«
Die schlammverschmutzten Stiefel machen einen Schritt zurück in mein Blickfeld. Nicht weit dahinter erkenne ich einen Kleiderhaufen neben dem Stacheldraht. War wohl früher mal eine Stelle, an der Altkleider gesammelt wurden. Trotz der eisigen Temperaturen riecht es wie auf einer Müllhalde.
»Willkommen in Fort Bandon, Sergeant Wallace. Wir sind froh, Sie bei uns aufzunehmen. Ziemlich weiter Weg von Boston, hm?«
Jack will sich aufrichten, aber einer der großen Stiefel drückt ihn wieder zu Boden.
»Halt, halt, halt. Ich habe nichts von Aufstehen gesagt. Was ist mit dem Kerl hier? Wer ist er?«
»Das ist mein Bruder«, grunzt Jack.
»Ist er auch bei der Nationalgarde?«
»Nein, er ist Zivilist.«
»Nun, es tut mir sehr leid, Sergeant, aber in dem Fall kann er nicht bleiben. Leider nimmt Fort Bandon momentan keine Zivilisten auf. Wenn Sie also mit reinkommen wollen, müssen Sie jetzt auf Wiedersehen sagen.«
»Ich kann ihn nicht zurücklassen«, entgegnet Jack.
»Ja, hab ich mir gedacht, dass Sie das sagen würden. Ihre Alternative besteht darin, runter zum Fluss zu den anderen Flüchtlingen zu gehen. Ein paar tausend Stück kampieren da unten. Immer nur dem Geruch nach. Man wird Sie beide wahrscheinlich abstechen, um an Ihre Stiefel zu kommen, aber vielleicht haben Sie eine Chance, wenn Sie sich beim Schlafen abwechseln.«
Der Soldat gibt ein humorloses Glucksen von sich. Seine Tarnhosen sind in seine dreckigen Stiefel gestopft. Ich dachte, er steht in einem Schatten, doch jetzt sehe ich, dass es sich nur um einen weiteren Ölklecks handelt. Überall ist der Asphalt mit solchen Klecksen bedeckt.
»Ist das Ihr Ernst? Zivilisten werden nicht aufgenommen?«, fragt Jack.
»Nä«, erwidert der Soldat. »Wir haben’s gerade so geschafft, uns unsere eigenen verdammten Geländewagen vom Leib zu halten. Die eine Hälfte unserer autonom agierenden Waffen ist verschwunden, die andere Hälfte haben wir selbst in die Luft gejagt. Von der Kommandoebene sind nicht viele übrig. Sind alle zu irgendeinem verdammten Treffen abberufen worden, kurz bevor der Scheiß angefangen hat. Seitdem habe ich keinen von denen wiedergesehen. Wir kommen nicht mal mehr in die Werkstatthallen oder das Treibstoffdepot. Sergeant, das Fort ist auch so schon in einem beschissenen Zustand. Da brauchen wir nicht noch einen Haufen plündernde Dreckszivilisten, die uns das Leben schwermachen.«
Die kalte Spitze des Stiefels berührt mich leicht an der Stirn.
»Nichts für ungut, Kumpel.«
Der Stiefel verschwindet aus meinem Blick.
»Die Tore sind zu. Wer reinzukommen versucht, kriegt von meinem Kameraden oben im Wachturm eine Kugel in den Kopf. Hab ich recht, Carl?«
»Das ist korrekt«, erwidert Carl von irgendwo hinter dem Scheinwerfer.
»So«, sagt der Soldat und zieht sich Richtung Tor zurück. »Und jetzt verpisst euch, zum Teufel. Und zwar beide.«
Der Soldat tritt
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