Robur der Sieger
nicht, denn in der Zelle,
die sie einschloß, herrschte vollständige Finsternis. Ein ganz
schwacher Lichtschein drang nur durch eine Art Schieß-
scharte herein, die in 6 bis 7 Fuß Höhe in der Wand ange-
bracht war.
Es versteht sich von selbst, daß Phil Evans keinen Augen-
blick zögerte, auch seinen Rivalen zu befreien. Einige Züge
mit dem Bowiemesser genügten zum Durchschneiden der
Stricke, die dessen Füße und Hände fesselten. In heller Wut
riß sich Onkel Prudent, als er sich kaum auf den Füßen auf-
richten konnte, die Binde herunter und den Knebel heraus
und stammelte mit erstickter Stimme:
»Ich danke Ihnen!«
»Nein! ... Hier ist nichts zu danken«, antwortete der an-
dere.
»Phil Evans?«
»Onkel Prudent?«
»Hier gibt es keinen Vorsitzenden und keinen Schrift-
führer des Weldon-Instituts, ich denke, auch keine Gegner
mehr.«
»Sie haben recht«, bestätigte Phil Evans. »Hier sind wir
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nur zwei Männer, die sich zu rächen haben an einem drit-
ten, dessen Gewaltstreich die strengste Wiedervergeltung
herausfordert.«
»Und dieser dritte ...«
»Ist jener Robur! ...«
»Ja, jener Robur!«
Hier fand sich also einmal ein Punkt, bezüglich dessen
die beiden Ex-Konkurrenten völlig übereinstimmten, ein
Streit über diesen Gegenstand schien demnach ganz aus-
geschlossen.
»Und Ihr Diener?« bemerkte da Phil Evans mit einem
Fingerzeig auf Frycollin, der wie ein Seehund schnaufte,
»wir müssen auch ihn befreien.«
»Noch nicht«, erwiderte Onkel Prudent, »er würde uns
mit seinen Klageliedern den Kopf warm machen, und wir
haben jetzt anderes zu tun, als auf sein Jammern zu ach-
ten.«
»Und was denn, Onkel Prudent?«
»Uns zu retten, wenn es möglich ist.«
»Und selbst wenn es unmöglich ist!«
Ein Zweifel daran, daß diese Entführung jenem Fremd-
ling, dem Robur, zuzuschreiben sei, konnte dem Präsiden-
ten und seinem Kollegen gar nicht in den Sinn kommen. In
der Tat hätten ja einfache, ehrsame Räuber sie unzweifel-
haft ihrer Uhren, Edelsteine, Brieftaschen und Portemon-
naies entledigt und sie dann mit einem Schnitt durch den
Hals in den Schuylkill River geworfen, statt sie einzuschlie-
ßen in ... Ja, in was? – Das war eine ernste Frage, welche die
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schleunigste Lösung verdiente, ehe sie mit einiger Aussicht
auf Erfolg an irgendwelche Vorbereitungen zu ihrer Flucht
denken konnten.
»Phil Evans«, nahm Onkel Prudent wieder das Wort,
»wir hätten wahrlich besser daran getan, wenn wir beim
Weggehen aus der Sitzung, statt Liebenswürdigkeiten, auf
die wir hier nicht zurückkommen wollen, auszutauschen,
lieber etwas weniger zerstreut gewesen wären. Verließen
wir die Straßen von Philadelphia nicht, so wäre das alles
nicht geschehen. Offenbar hatte jener Robur schon eine Ah-
nung davon, was sein Auftreten im Club bewirken würde, er
mutmaßte die Wutausbrüche, die seine Herausforderungen
entfesseln mußten, und hatte vor der Tür sicherlich einige
seiner Banditen, ihm im schlimmsten Fall beizuspringen.
Als wir dann die Walnut Street verließen, spürten uns seine
Schergen auf, folgten unseren Spuren und als sie sahen, daß
wir uns unklugerweise in den Alleen des Fairmont Parks
verirrten, da hatten sie ja leichtes Spiel.«
»Einverstanden«, antwortete Phil Evans. »Ja, wir haben
sehr unrecht getan, nicht unmittelbar unsere Wohnungen
aufzusuchen.«
»Man hat immer unrecht, nicht recht zu haben«, ver-
setzte Onkel Prudent.
Da ertönte ein langgezogener Seufzer aus dem finsteren
Winkel der Zelle.
»Was war das?« fragte Phil Evans.
»O nichts ... Frycollin träumt nur.«
Und Onkel Prudent fuhr ungestört fort:
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»Zwischen dem Zeitpunkt, wo wir wenige Schritte vom
Anfang der Lichtung ergriffen wurden, und dem, wo man
uns in diesen Winkel warf, sind kaum 2 Minuten verflossen.
Es liegt also auf der Hand, daß jene Leute uns nicht über
den Fairmont Park hinaus verschleppt haben.«
»Denn wenn das geschehen wäre, hätten wir doch von
der Fortschaffung etwas verspüren müssen.«
»Einverstanden«, erklärte Onkel Prudent. »Es unterliegt
also keinem Zweifel, daß wir in einer Abteilung irgendeines
Wagens eingesperrt sind, vielleicht in einem jener langen
Prärie-Reisewagen oder in dem Gefährt von Seiltänzern.«
»Ohne Zweifel. Befänden wir uns auf einem auf dem
Schuylkill River vertäuten Schiff, so müßte sich das durch
ein leichtes Schwanken von Bord zu Bord, veranlaßt
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