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Robur der Sieger

Robur der Sieger

Titel: Robur der Sieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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eine Fährte hinweisen könnte, auf der man
    ihren Spuren folgen konnte. Nichts hatte Erfolg. Und hätte
    sich die Erde aufgetan gehabt, um sie zu verschlingen, so
    konnten der Vorsitzende und der Schriftführer des Weldon-
    Instituts nicht vollständiger von der Oberfläche der Erdku-
    gel verschwunden sein.
    Die Regierungsblätter traten bei dieser Gelegenheit mit
    dem Verlangen hervor, das Personal der Polizei in beträcht-
    lichem Maßstab zu vermehren, weil ähnliche Attentate ge-
    gen die besten Bürger der Vereinigten Staaten sich wieder-
    holen könnten – und sie hatten damit recht.
    Freilich verlangten die Blätter der Opposition, daß das
    Personal vollständig, und zwar als unnütz verabschiedet
    werde, da derartige Raubanfälle sich doch wiederholen
    könnten, ohne daß es möglich würde, deren Urheber zu ent-
    decken – und vielleicht hatten sie damit nicht unrecht.
    Alles in allem, die Polizei blieb, was sie war und immer
    sein wird in der besten der Welten, die nicht vollkommen ist
    und es niemals werden wird.
    — 66 —
    5. KAPITEL
    Worin die Einstellung der Feindseligkeiten
    zwischen dem Vorsitzenden und dem Schriftführer
    des Weldon-Instituts beschlossen wird
    Eine Binde über den Augen zu tragen, einen Knebel im
    Mund, einen Strick um die Handgelenke und einen um die
    Knöchel zu haben, d.h. also jeder Möglichkeit, zu sehen, zu
    sprechen und sich zu bewegen, beraubt zu sein, das war für
    Onkel Prudent keine Lage, in der er sich hätte wohlfühlen
    können, und ebensowenig für Phil Evans und den Diener
    Frycollin. Obendrein nicht einmal zu wissen, wer die Urhe-
    ber dieser Entführung waren, nicht zu wissen, wo man sich
    befand und welches Los man zu erwarten habe – das mußte
    gewiß auch das allergeduldigste Lamm in Wut bringen, und
    bekanntlich gehörten die Mitglieder des Weldon-Instituts,
    was ihre Geduld betraf, nicht im geringsten zur Familie der
    Lämmer. Berücksichtigt man die natürliche Heftigkeit sei-
    nes Charakters, so kann man sich leicht vorstellen, in wel-
    cher Gemütsverfassung Onkel Prudent sich jetzt befinden
    mochte.
    Jedenfalls mußten Phil Evans und er langsam einsehen,
    daß es für sie Schwierigkeiten haben werde, am nächsten
    Abend ihre Plätze im Büro des Clubs einzunehmen.
    Frycollin war es mit den verbundenen Augen und dem
    geschlossenen Mund überhaupt unmöglich, irgend etwas zu
    denken; er war schon mehr tot als lebendig.
    Während einer Stunde trat in der Lage der Gefangenen
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    keine Änderung ein. Kein Mensch ließ sich blicken, sie zu
    besuchen oder ihnen wenigstens die Freiheit der Bewe-
    gung und der Sprache wiederzugeben, nach der sie doch
    so sehr verlangten. Jetzt sahen sie sich auf erstickte Seufzer,
    auf ein dumpfes »Ach!« angewiesen, das sich kaum durch
    ihre Knebel preßte, und beschränkt auf schwache Bewegun-
    gen, wie sie etwa ein seinem natürlichen Element entrisse-
    ner absterbender Karpfen ausführt, und man begreift leicht,
    welchen stummen Zorn, welch verhaltene oder vielmehr
    eingeschnürte Wut das in ihnen erzeugen mußte. Nach wie-
    derholten vergeblichen Befreiungsversuchen verhielten sie
    sich eine Zeitlang ganz still. Da ihnen der Gesichtssinn au-
    genblicklich abging, bemühten sie sich, vielleicht durch den
    Gehörsinn einige Aufklärung über diesen beunruhigenden
    Zustand der Dinge zu erlangen. Vergeblich aber strengten
    sie sich an, ein anderes Geräusch zu hören, als das ununter-
    brochene und unerklärliche ›frrr‹, das hier den ganzen Um-
    kreis zu beherrschen schien.
    Inzwischen gelang es Phil Evans, der hier mit mehr Ruhe
    ans Werk ging, den Strick zu lockern, der um seine Handge-
    lenke lag. Dann löste sich allmählich der fesselnde Knoten,
    er schmiegte die Finger dicht aneinander, und endlich er-
    langten seine Hände wieder die gewohnte Bewegungsfrei-
    heit.Durch kräftiges Reiben stellte er den in ihnen halb un-
    terbrochenen Blutkreislauf wieder her, und in der nächs-
    ten Minute schon hatte Phil Evans die Binde abgerissen, die
    ihm die Augen bedeckte, den Knebel aus seinem Mund ge-
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    löst und alle Stricke mit der feinen Klinge seines Bowiemes-
    sers zerschnitten. Ein Amerikaner, der nicht stets sein Bo-
    wiemesser in der Tasche hätte, wäre eben kein Amerikaner
    mehr.
    Wenn Phil Evans aber dadurch die Möglichkeit, sich zu
    bewegen und zu sprechen wiedererlangte, so war das doch
    eben alles. Seine Augen fanden keine Gelegenheit zu nütz-
    licher Tätigkeit – wenigstens jetzt

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