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Robur der Sieger

Robur der Sieger

Titel: Robur der Sieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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sich an Frycollin:
    »Nun munter, Fry, auf die Füße!«
    Der Neger erhob sich.
    »Lehn dich mit dem Rücken gegen diese Wand«, fuhr
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    Onkel Prudent fort, »und Sie, Phil Evans, steigen gefälligst
    auf die Schultern dieses Burschen, während ich Sie von
    rückwärts halte.«
    »Recht gern«, antwortete Phil Evans.
    Einen Augenblick später kletterte er schon auf Frycol-
    lins Schultern, so daß er zu der Schießscharte hinaussehen
    konnte.
    Diese war verschlossen, aber nicht durch ein Linsen-
    glas, wie die Lichtpforte eines Schiffs, sondern durch eine
    gewöhnliche Planscheibe. Obwohl sie nicht sehr stark war,
    verhinderte sie doch den freien Ausblick Phil Evans’, dessen
    Gesichtskreis dadurch ziemlich beschränkt wurde.
    »So zerbrechen Sie doch die Scheibe«, sagte Onkel Pru-
    dent, »vielleicht können Sie dann besser sehen.«
    Phil Evans führte einen heftigen Schlag mit dem Heft
    seines Bowiemessers gegen die Scheibe, die einen fast sil-
    bernen Ton gab, aber nicht zerbrach.
    Ein zweiter, noch kräftigerer Schlag hatte nur dasselbe
    Resultat.
    »Schön«, rief Phil Evans, »unzerbrechliches Glas!«
    Wirklich mußte diese Scheibe aus dem nach der Me-
    thode des Erfinders Siemens gehärteten Glas bestehen, da
    sie trotz der wiederholten Schläge ganz blieb.
    Übrigens war es jetzt draußen hell genug, um ziemlich
    weit sehen zu können, wenigstens innerhalb des Gesichts-
    felds, das die Einfassung der Schießscharte frei ließ.
    »Was sehen Sie?« fragte Onkel Prudent.
    »Nichts.«

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    »Wie? Keinen Wald?«
    »Nein.«
    »Nicht einmal die Gipfel der Bäume?«
    »Auch diese nicht.«
    »Wir befinden uns also nicht mehr inmitten der Lich-
    tung?«
    »Weder in der Lichtung, noch überhaupt im Park.«
    »Erkennen Sie denn auch nicht die Dächer der Häuser,
    die Spitzen der Denkmäler?« sagte Onkel Prudent, dessen
    Enttäuschung schon in einem Grad zunahm, daß sie nahe
    an Wut grenzte.
    »Weder Dächer, noch Spitzen.«
    »Was? Auch nicht einen Mast mit Flagge, nicht einen ein-
    zigen Kirchturm, nicht einmal einen Fabrikschornstein?«
    »Nichts – nichts als die leere Luft.«
    Eben jetzt öffnete sich die Tür der Zelle, in der ein Mann
    sichtbar wurde.
    Es war Robur.
    »Ehrenwerte Ballonisten«, sagte eine ernste Stimme,
    »Sie sind nun frei, nach Belieben zu gehen, wohin Sie wol-
    len ...«
    »Frei!« rief Onkel Prudent.
    »Ja ... das heißt innerhalb der Grenzen der ›Albatros‹!«
    Onkel Prudent und Phil Evans stürzten aus der Zelle.
    Und was sahen sie da?
    1.200 bis 1.300 Meter unter ihnen die Oberfläche eines
    Landes, das zu erkennen sie sich vergeblich bemühten.

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    — 82 —
    6. KAPITEL
    Das Ingenieure, Mechaniker und andere
    Gelehrte vielleicht am besten überschlagen
    »Wann wird der Mensch einmal aufhören, in der Tiefe um-
    herzukriechen, um im Azur und im Frieden des Himmels
    zu leben?«
    Die Antwort auf diese Frage Camille Flammarions ist
    ziemlich leicht. Das wird dann geschehen, wenn die Fort-
    schritte der Mechanik das Problem der Aviation, d.h. der
    Nachahmung des Vogelflugs, zu lösen gestatten, und vor
    Ablauf weniger Jahre – das sah man ja voraus – mußte eine
    praktische Verwertung der Elektrizität zur Lösung dieses
    Rätsels führen.
    Schon im Jahre 1773, also ziemlich lange, bevor die Brü-
    der Montgolfier ihre erste Montgolfière und der Physiker
    Charles seinen ersten Wasserstoffballon konstruierten, hat-
    ten einzelne abenteuerliche Köpfe davon geträumt, mit Hilfe
    mechanischer Apparate die Luft sozusagen zu erobern. Die
    ersten Erfinder hatten also keineswegs an Apparate gedacht,
    die leichter als Luft waren, was schon der Standpunkt der
    physikalischen Wissenschaft ihrer Zeit nicht erlaubte. Sie
    gingen darauf aus, die Fortbewegung durch die Luft durch
    spezifisch schwerere Apparate, durch Flugmaschinen, wel-
    che die Bewegung des Vogels nachahmten, zu ermöglichen.
    Genau dasselbe hatte schon jener Tor, der Ikarus, der
    Sohn des Daedalus, getan, dessen mit Wachs angeheftete
    Flügel ihm bei der Annäherung an die Sonne abfielen.
    — 83 —
    Doch ohne bis auf mythologische Zeiten zurückzuge-
    hen, ohne einen Archytas von Tarent zu erwähnen, begeg-
    net man schon in den Arbeiten eines Dante von Perusa,
    eines Leonardo da Vinci und Guidotti der Idee von Ma-
    schinen, die bestimmt waren, sich in der Atmosphäre zu be-
    wegen. Zweieinhalb Jahrhunderte später traten weit zahl-
    reichere Erfinder auf. Im Jahre 1742 konstruiert

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