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Robur der Sieger

Robur der Sieger

Titel: Robur der Sieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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furchtbar gepeitscht, daß das Wasser bis zum
    Bug des Aeronefs hinaufspritzte; dann tauchte er bis zu gro-
    ßer Tiefe hinab, während man die Leine schnell nachglei-
    ten ließ; diese war übrigens in einem mit Wasser gefüllten
    Faß zusammengelegt, um durch die Reibung nicht Feuer zu
    fangen. Als der Wal wieder an die Oberfläche kam, suchte
    er so schnell wie möglich in der Richtung nach Norden zu
    entfliehen.
    Der Leser kann sich leicht vorstellen, mit welch rasen-
    der Geschwindigkeit die ›Albatros‹ dabei geschleppt wurde,
    denn die Antriebsschrauben waren vorher angehalten wor-
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    den. Man überließ das Tier ganz sich selbst und hielt sich
    nur in gleicher Linie mit ihm. Tom Turner stand bereit, die
    Leine zu kappen, wenn ein erneutes Tauchen dieses Schlep-
    pen gefährlich machte.
    So wurde die ›Albatros‹ etwa eine halbe Stunde lang und
    vielleicht eine Entfernung von 6 Meilen weit hingezerrt;
    dann merkte man aber, daß der Zetazeer zu erlahmen an-
    fing.Jetzt ließen die Hilfsmaschinisten das Triebwerk nach
    rückwärts arbeiten und die Antriebsschrauben setzten dem
    Wal, der sich dem Bord mehr und mehr näherte, einen ge-
    wissen Widerstand entgegen.
    Bald schwebte der Aeronef nur noch 25 Fuß darüber;
    noch immer peitschte sein Schweif das Wasser mit fast un-
    glaublicher Gewalt, und wenn er sich vom Bauch auf den
    Rücken drehte, wühlte das Tier eine wirkliche Brandung
    auf.Plötzlich richtete es sich, sozusagen, gerade in die Höhe
    und tauchte mit solcher Schnelligkeit unter, daß Tom Tur-
    ner kaum Zeit hatte, ihm die Leine gehörig nachschießen
    zu lassen.
    Mit einem Mal wurde der Aeronef bis zur Wasserfläche
    herabgezerrt; an der Stelle, wo das Tier verschwunden war,
    hatte sich ein vollständiger Wirbel gebildet, und über die
    Reeling schlug das Wasser hinein, wie es über den Bug eines
    Schiffs geht, das gegen Wind und Wellen läuft.
    Glücklicherweise trennte Tom Turner noch rechtzeitig
    mit einem Axthieb die Leine, und die nun befreite ›Alba-

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    tros‹ stieg unter dem Druck ihrer Auftriebsschrauben 200
    Meter empor.
    Auch während dieses aufregenden Zwischenfalls hatte
    Robur den Apparat geleitet, ohne daß ihn seine Kaltblütig-
    keit nur einen Augenblick verlassen hätte.
    Einige Minuten später kam der Wal wieder an die Ober-
    fläche – diesmal aber tot.
    Von allen Seiten flatterten die Seevögel herzu, um sich
    des Kadavers zu bemächtigen, und stießen Schreie aus, die
    einen sich zankenden Kongreß taub gemacht hätten.
    Die ›Albatros‹, die mit der toten Beute doch nichts an-
    fangen konnte, setzte ihren Weg nach Westen fort.
    Am folgenden Tag, am 17. Juni, morgens um 6 Uhr, er-
    streckte sich am Horizont Land hin. Es war die Halbinsel
    Alaska und die lange Klippenreihe der Aleuten.
    Die ›Albatros‹ zog über dieser Barriere hin, an der es von
    Pelzseehunden wimmelte, welche die Alëutier für Rechnung
    der russisch-amerikanischen Gesellschaft jagen. Der Fang
    dieser 6 bis 7 Fuß langen, fast rosenroten und 2-, 3- bis 500
    Pfund wiegenden Amphibien ist für sie ein sehr gutes Ge-
    schäft. Sie lagen hier in endloser Reihe wie in Schlachtord-
    nung und in Abertausenden von Exemplaren.
    Wenn sie sich durch das Vorüberkommen der ›Alba-
    tros‹ nicht in ihrer phlegmatischen Ruhe stören ließen, so
    war das nicht der Fall mit den Tauchervögeln, Polarenten
    und Eistauchern, deren heiseres Geschrei die Luft erfüllte
    und die unter dem Wasser verschwanden, als ob ein entsetz-
    liches Luftungeheuer sie bedrohte.
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    Die 200 Kilometer des Bering-Meers von den ersten
    Aleuten bis zur äußersten Spitze von Kamtschatka wurden
    während der 24 Stunden dieses Tages und der folgenden
    Nacht zurückgelegt. Um ihren Fluchtplan ins Werk zu set-
    zen, befanden sich Onkel Prudent und Phil Evans nicht ge-
    rade in günstigen Verhältnissen, denn weder an dem öden
    Strand des nördlichsten Asiens, noch über dem Ochotski-
    schen Meer hätten sie mit auch nur einiger Aussicht auf
    glücklichen Erfolg entweichen können.
    Allem Anschein nach wandte sich die ›Albatros‹ nach
    der Gegend von Japan oder China zu. Wenn es auch nicht
    sehr weise sein mochte, sich auf die Unterstützung von Chi-
    nesen oder Japanern zu verlassen, waren die beiden Kolle-
    gen doch fest entschlossen, zu fliehen, wenn der Aeronef an
    irgendeinem Punkt dieser Länder anhalten sollte.
    Doch würde er denn haltmachen? Es lag ja bei ihm nicht
    so, wie bei

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