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Robur der Sieger

Robur der Sieger

Titel: Robur der Sieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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den Kehlkopf
    zu – er blieb stumm.
    Onkel Prudent und Phil Evans hatten sich dem barbari-
    schen Verfahren widersetzen wollen – sie wurden einfach
    zurückgestoßen.
    »Das ist abscheulich! ... Das ist Barbarei!« rief Onkel
    Prudent, der darüber ganz außer sich war.
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    »Freilich!« antwortete Robur.
    »Das ist ein Mißbrauch der Gewalt, gegen den ich noch
    anders als durch Worte allein Einspruch erheben werde!«
    »Immer zu!«
    »Ich werde mich rächen, Ingenieur Robur!«
    »Rächen Sie sich getrost, Präsident des Weldon-Insti-
    tuts.«
    »An Ihnen und Ihren Leuten!«
    Die Mannschaft der ›Albatros‹ hatte sich in nicht beson-
    ders wohlwollender Haltung genähert. Robur gab den Leu-
    ten ein Zeichen, sich zu entfernen.
    »Ja, an Ihnen und Ihren Leuten,« wiederholte Onkel
    Prudent, den sein Kollege vergebens zu beruhigen suchte.
    »Ganz wie es Ihnen beliebt«, erwiderte der Ingenieur.
    »Und ohne Rücksicht auf die Mittel!«
    »Genug«, sagte jetzt Robur in drohendem Ton, »genug!
    Es gibt noch mehr Taue an Bord! Schweigen Sie ... oder ...
    der Herr ganz wie der Diener.«
    Onkel Prudent schwieg, aber nicht aus Furcht, sondern
    weil ihn eine wahre Erstickung beklemmte, so daß Phil
    Evans ihn in seine Kabine führen mußte.
    Seit einer Stunde hatte sich das Wetter sehr merkbar
    verändert und es traten einzelne Zeichen hervor, die keine
    Mißdeutung zuließen – ein Unwetter war im Anzug. Die
    elektrische Sättigung der Atmosphäre hatte einen so hohen
    Grad erreicht, daß Robur gegen 2 Uhr 30 Zeuge einer bisher
    von ihm nie beobachteten Erscheinung wurde.
    Im Norden, von wo das Unwetter herkam, stiegen dicht
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    geballte, fast leuchtende Dünste auf – was jedenfalls von der
    verschiedenen und wechselnden elektrischen Spannung der
    Wolkenschichten herrührte.
    Der Reflex von diesen Ansammlungen ließ Myriaden
    von Lichtern auf der Oberfläche des Meeres hintanzen, de-
    ren Intensität um so lebhafter wurde, je mehr der Himmel
    sich verfinsterte.
    Die ›Albatros‹ und jener Meteor mußten bald zusam-
    mentreffen, da sie sich aufeinander zu bewegten.
    Und Frycollin? – Nun, Frycollin folgte noch immer im
    Schlepptau – ja, das ist das richtige Wort, denn jenes Tau
    bildete einen weit offenen Winkel gegen den mit der Ge-
    schwindigkeit von 100 Kilometer hinfliegenden Apparat,
    wodurch der Korb nicht unerheblich zurückblieb.
    Das Entsetzen des armen Teufels wird man sich un-
    schwer ausmalen können, als die Blitze jetzt um ihn her
    aufzuckten und der Donner mit gewaltiger Macht durch
    die Himmelsräume rollte. Das ganze Personal bemühte sich
    angesichts dieses Unwetters so zu manövrieren, daß sie ent-
    weder höher als dasselbe hinaufkamen oder in den unteren
    Luftschichten bald jenes im Rücken ließen.
    Die ›Albatros‹ befand sich eben ungefähr in mittlerer
    Höhe – etwa 1.000 Meter – als ein Donnerschlag von unge-
    heurer Heftigkeit über sie hereinbrach, dem ein furchtbarer
    Windstoß folgte. Binnen wenigen Sekunden stürzten sich
    die feurigen Wolken auf den Aeronef.
    Da raffte sich Phil Evans zusammen, um zugunsten Fry-

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    collins ein gutes Wort einzulegen und zu erklären, daß die-
    ser wieder an Bord herangezogen würde.
    Robur hatte eine solche Vermittlung aber gar nicht erst
    abgewartet und schon den nötigen Befehl erteilt. Jetzt wa-
    ren die Leute bereits mit dem Einziehen des Taus beschäf-
    tigt, als sich eine plötzliche Verlangsamung der Rotation der
    Auftriebsschrauben bemerkbar machte.
    Robur sprang nach dem mittleren Ruff.
    »Kraft! ... Volle Kraft!« rief er dem Maschinisten zu.
    »Wir müssen schnell höher emporsteigen, als das Unwet-
    ter steht«
    »Es ist unmöglich, Herr Ingenieur.«
    »Warum?«
    »Der Strom ist gestört ... Es treten Unterbrechungen
    ein.«
    In der Tat senkte sich die ›Albatros‹ schon recht merk-
    bar.Ganz wie das bei Gewittern mit dem Strom in den Tele-
    grafendrähten vorkommt, so versagten jetzt auch die Akku-
    mulatoren des Apparats den regelmäßigen Dienst; was aber
    nur eine Unbequemlichkeit ist, wenn es sich um Absendung
    von Depeschen handelt, wurde hier zur furchtbaren Gefahr,
    das mußte damit enden, daß der Aeronef, ohne daß man
    seiner ferner Herr war, ins Meer hinabstürzte.
    »Laß ihn sich senken«, rief Robur, »damit wir aus der
    elektrischen Zone herauskommen. Vorwärts, Jungs, be-
    wahrt euer kaltes Blut!«
    Der Ingenieur hatte seine Kommandobrücke bestiegen.
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