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Robur der Sieger

Robur der Sieger

Titel: Robur der Sieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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überhaupt wiedergibt.«
    »In diesem Fall müssen wir alles wagen, um die ›Alba-
    tros‹ zu verlassen.«
    »Ein wundervoller Apparat, das muß man wohl zugeste-
    hen!«
    »Das ist wohl möglich«, rief Onkel Prudent, »aber es ist
    der Apparat eines Schurken, der uns gegen alles Recht und
    Gesetz hier zurückhält. Übrigens bildet dieser Apparat für
    uns und die Unsrigen eine unausgesetzte Gefahr. Gelingt es
    uns also nicht, ihn zu vernichten ...«
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    »Beginnen wir damit, uns zu retten!« antwortete Phil
    Evans, »wir werden ja später sehen.«
    »Zugegeben«, antwortete Onkel Prudent, »und benützen
    wir jede sich bietende Gelegenheit. Allem Anschein nach
    fährt die ›Albatros‹ über den Kaspi-See, um sich dann im
    Norden oder im Süden von Rußland nach Europa zu bege-
    ben. Nun, wohin wir auch den Fuß setzen mögen, bis zum
    Atlantischen Ozean hin wäre unsere Rettung gesichert. Wir
    müssen uns also jede Stunde bereithalten.«
    »Aber«, fragte Phil Evans, »wie sollten wir fliehen kön-
    nen?«
    »Hören Sie mich an«, antwortete Onkel Prudent. »Es
    kommt zuweilen vor, daß die ›Albatros‹ während der Nacht

nur wenige hundert Fuß über dem Erdboden hinschwebt.
    An Bord befinden sich verschiedene Kabel von dieser
    Länge, und mit einiger Kühnheit könnte man sich wohl hi-
    nabgleiten lassen ...«
    »Ja«, stimmte Phil Evans bei, »gegebenenfalls würde ich
    nicht zaudern ...«
    »Ich auch nicht«, versicherte Onkel Prudent. »Ich füge
    noch hinzu, daß während der Nacht außer dem Steuermann
    auf dem Heck niemand wach ist. Eines jener Kabel liegt nun
    gewöhnlich auf dem Verdeck, und ohne gesehen und gehört
    zu werden, dürfte es möglich sein, es aufzurollen ...«
    »Gut, gut«, unterbrach ihn Phil Evans, »ich sehe mit Ver-
    gnügen, Onkel Prudent, daß Sie jetzt weit ruhiger sind; das
    ist besser, wenn man handeln will. Augenblicklich freilich
    befinden wir uns auf dem Kaspi-See; verschiedene Fahr-
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    zeuge sind in Sicht. Die ›Albatros‹ wird noch tiefer hinab-
    gehen und während des Fischzugs anhalten ... Könnten wir
    daraus keinen Vorteil ziehen?«
    »Ah, man überwacht uns, selbst wenn wir nicht glauben,
    überwacht zu sein«, antwortete Onkel Prudent. »Sie haben’s
    ja gesehen, als wir versuchten, uns in den Hydaspis zu stür-
    zen.«
    »Und wer sagt, daß wir nicht auch in der Nacht beobach-
    tet sind?« erwiderte Phil Evans.
    »Einerlei, wir müssen ein Ende machen«, rief Onkel Pru-
    dent, »ein Ende machen mit dieser ›Albatros‹ und ihrem
    Besitzer!«
    Man sieht, daß die beiden Kollegen – und besonders On-
    kel Prudent – unter der Aufregung des Zorns leicht dazu
    verführt werden konnten, die waghalsigsten und für ihre ei-
    gene Sicherheit vielleicht gefährlichsten Handlungen zu be-
    gehen.
    Das Gefühl ihrer Ohnmacht, der verächtliche Spott, mit
    dem Robur sie behandelte, die derben Antworten, die er ih-
    nen erteilte, alles trug dazu bei, die Spannung ihrer Lage zu
    erhöhen, deren Druck jeden Tag deutlicher hervortrat.
    An jenem Tag hätte übrigens ein neuer Auftritt bald
    einen höchst bedauerlichen Wortwechsel zwischen Ro-
    bur und den beiden Kollegen herbeigeführt, und Frycol-
    lin ahnte wohl kaum, daß er dazu die Veranlassung geben
    sollte.
    Als er sich einmal über diesem Meer ohne Grenzen sah,
    bemächtigte sich des Hasenfußes wieder ein furchtbarer
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    Schrecken. Wie ein Kind – und wie ein Neger, der er ja war –
    fing er an zu jammern, zu klagen und zu protestieren und
    machte die tollsten Verrenkungen und Grimassen.
    »Ich will fort! ... Ich will weg von hier!« rief er. »Ich bin
    kein Vogel! ... Ich bin nicht geschaffen zum Fliegen! ...
    Ich will, daß ich auf der Erde abgesetzt werde, und das so-
    gleich!«
    Selbstverständlich bemühte sich Onkel Prudent kei-
    neswegs, ihn zu beruhigen, im Gegenteil. Das Heulen des
    Schwarzen erregte denn auch die Ungeduld Roburs.
    Da Tom Turner und die anderen sich eben zum Fisch-
    fang anschickten, befahl der Ingenieur, um sich Frycollins
    zu entledigen, diesen in sein Ruff einzusperren. Der Neger
    setzte das vorige Unwesen fort, donnerte an die Wand und
    heulte aus Leibeskräften.
    Es war jetzt Mittag. Die ›Albatros‹ schwebte gerade nur
    5 oder 6 Meter über der Oberfläche des Meeres. Einige bei
    seiner Annäherung erschreckte Boote waren eiligst davon-
    gefahren. Dieser Teil des Kaspi-Sees mußte also bald ganz
    verlassen sein.
    Man begreift leicht, daß die beiden

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