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Robur der Sieger

Robur der Sieger

Titel: Robur der Sieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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genannt
    wird, trägt manche Fieberkeime mit dem unwägbar feinen
    Sand oft sehr weit mit fort, und manche Karawane ist schon
    in seinen wütenden Wirbeln zugrunde gegangen.
    Um diesem harten Staub zu entgehen, der die Feinheit
    ihrer Zahngetriebe hätte gefährden können, erhob sich die
    ›Albatros‹ um 2.000 Meter in eine reineren Zone.
    Damit schwand auch die Grenze Persiens aus den Augen
    und dessen weite Ebenen blieben fast ganz unsichtbar. Die
    Gangart war dabei sehr gemäßigt, obwohl eine Felsenklippe
    nirgends zu fürchten war. Wenn eine Landkarte dieser Ge-
    gend auch einige Berge zeigte, so steigen diese doch nur zu
    mittlerer Höhe an. Bei der Annäherung an die Hauptstadt
    freilich galt es, den Demawend zu vermeiden, der fast 6.600
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    Meter emporragt, und auch die Elbruskette, an deren Fuß
    Teheran erbaut ist.
    Mit dem ersten Tagesgrauen des 2. Juli tauchte jener De-
    mawend aus dem Sand-Samum auf.
    Die ›Albatros‹ steuerte so, um über die Stadt hinwegzu-
    gehen, die der Wind durch eine Wolke feinen Staubs ver-
    hüllte.
    Gegen 10 Uhr morgens konnte man indes die breiten
    Gräben erkennen, welche die Umwallung einschließen, und
    in der Mitte den Palast des Schahs, dessen Mauern mit Fa-
    yenceplatten bedeckt sind und dessen Wasserbecken aus
    ungeheuren Türkisen von leuchtendem Blau geschnitten
    schienen.
    Das schöne Bild verrann leider nur zu bald. Von hier
    aus schlug die ›Albatros‹ nun eine andere Richtung ein und
    steuerte ziemlich genau nach Norden. Einige Stunden spä-
    ter befanden sie sich über einer kleinen Stadt im nördlichen
    Winkel der persischen Grenze und am Strand einer aus-
    gedehnten Wasserfläche, deren Ende weder nach Norden
    noch nach Osten zu erkennbar war.
    Diese Stadt war der Hafen Aschuarda, die südlichste Sta-
    tion Rußlands; die Wasserfläche aber fast ein Meer, nämlich
    der Kaspi-See.
    Hier wirbelte kein Staub mehr umher. Man sah bequem
    einen Haufen nach europäischer Art gebauter Häuser, die,
    mit einem sie überragenden Glockenturm, längs eines Vor-
    gebirges lagen.
    Die ›Albatros‹ senkte sich über dieses Meer, dessen Ge-
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    wässer 300 Fuß unter dem Niveau des Mittelmeers liegen.
    Gegen Abend glitt sie längs der früher turkestanischen, jetzt
    aber russischen Küste hin, die nach dem Golf des Beckens
    zu aufsteigt, und am nächsten Tag, dem 3. Juli, schwebte sie
    etwa 100 Meter über dem Kaspi-See.
    Weder an der asiatischen, noch an der europäischen Seite
    war hier Land in Sicht; nur auf dem Meer bemerkte man
    einzelne, von schwacher Brise geschwellte Segel, an deren
    Form man erkannte, daß es Fahrzeuge von Eingeborenen,
    Kesebegs mit zwei Masten, Kajiks, das sind Piratenschiffe
    mit nur einem Mast, und Teimils, einfache, zur Küstenfahrt
    oder zum Fischfang benützte Boote waren. Dann und wann
    wirbelten wohl auch die Ausläufer von Rauchsäulen bis zur
    ›Albatros‹ empor, die aus den Schornsteinen der Dampfer
    von Aschuarda quollen, die Rußland zu Polizeizwecken auf
    den turkomanischen Gewässern unterhält.
    An diesem Morgen plauderte der Obersteuermann Tom
    Turner mit dem Koch François Tapage und gab auf eine
    Frage des letzteren Antwort:
    »Ja, wir werden etwa 48 Stunden über dem Kaspi-See
    verweilen.«
    »Schön«, erwiderte der Koch, »da haben wir doch ein-
    mal Gelegenheit zu fischen?«
    »Ganz bestimmt.«
    Da über 40 Stunden darauf verwendet werden sollten,
    die 625 Meilen, die jenes Binnenmeer bei 200 (englischen)
    Meilen Breite mißt, zurückzulegen, mußte die Geschwin-
    digkeit der ›Albatros‹ natürlich stark gemäßigt und wäh-
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    rend eines vorzunehmenden Fischfangs ganz still gehalten
    werden.
    Jene Antwort Tom Turners wurde auch von Phil Evans
    gehört, der sich gerade auf dem Bug befand.
    Eben begann Frycollin wieder mit seinen unaufhörlichen
    Klagen und bat ihn, bei seinem Herrn ein gutes Wort einzu-
    legen, daß er ihn »auf der Erde absetzen« lasse.
    Ohne auf dieses sinnlose Verlangen zu antworten, begab
    sich Phil Evans nach dem Heck, um den Onkel Prudent zu
    treffen. Diesem teilte er unter größter Vorsicht, von nie-
    mand gehört zu werden, die wenigen zwischen Tom Turner
    und dem Koch gewechselten Worte mit.
    »Phil Evans«, meinte Onkel Prudent, »ich denke, wir ma-
    chen uns doch keine Illusionen über die letzten Absichten
    dieses Elenden?«
    »Gewiß nicht«, antwortete Phil Evans. »Er wird uns die
    Freiheit nur wiedergeben, wenn ihm das paßt – und wenn
    er sie uns

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