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Robur der Sieger

Robur der Sieger

Titel: Robur der Sieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Wut die beiden Kollegen
    schon gebracht! Ja, weil es nicht anders ging, wollten sie
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    sich opfern, um den Erfinder samt seinem Geheimnis zu
    vernichten. Nur wenige Monate hätte dann dieser wunder-
    bare Aeronef erlebt, dessen unbestreitbare Überlegenheit
    bezüglich der Fortbewegung durch die Luft sie anzuerken-
    nen sich gezwungen sahen.
    Diese Vorstellung hatte in ihren Köpfen so fest Wurzel
    geschlagen, daß sie an gar nichts anderes mehr dachten.
    Doch wie sollten sie zu Werke gehen? Oh, sie wollten sich
    nur einer der an Bord vorhandenen Explosionsmaschinen
    bemächtigen, um damit den ganzen Apparat in tausend Stü-
    cke zu zersprengen; freilich mußten sie dazu erst Gelegen-
    heit finden, in die Munitionskammer einzudringen.
    Glücklicherweise ahnte Frycollin nichts von ihren Ab-
    sichten. Bei dem Gedanken, daß die ›Albatros‹ in die Luft
    gesprengt werden sollte, würde er sich nicht entblödet ha-
    ben, seinen eigenen Herrn zu verraten.
    Am 23. Juli war es, wo in Südwesten wieder Land sichtbar
    wurde, und zwar nahe dem Kap der Jungfrauen am Eingang
    der Magellanstraße. Jenseits des 54. Breitengrads währte die
    Nacht in dieser Jahreszeit fast 19 Stunden, und die Mittel-
    temperatur der Luft blieb fortwährend unter 0 Grad.
    Statt jetzt noch weiter nach Süden vorzudringen, folgte
    die ›Albatros‹ zunächst den Windungen jener Meerenge, als
    ob sie dem Stillen Ozean zutriebe. Nachdem sie über die Bai
    von Lomas hinweggekommen, den Gregory-Berg im Nor-
    den und die Brecknocks-Berge im Westen hinter sich gelas-
    sen hatte, kam sie in Sicht von Punta Arena, einem kleinen
    chilenischen Dörfchen, gerade als dort das volle Kirchenge-
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    läut erklang, und einige Stunden später in die Nähe der al-
    ten Niederlassung im sogenannten Hungerhafen.
    Wenn die Patagonier, deren Feuer man da und dort
    aufleuchten sah, wirklich eine das mittlere Menschenmaß
    übertreffende Körpergröße haben, so konnten doch die
    Passagiere des Aeronefs darüber nicht urteilen, da sie ihnen,
    von dieser Höhe gesehen, wie Zwerge erschienen.
    Doch welch ein Schauspiel bot sich hier während der
    kurzen Stunden des südlichen Tages! Steile, zerklüftete
    Berge, mit ewigem Schnee bedeckte Gipfel, deren Seiten
    mit dichten Wäldern bedeckt waren; Binnenseen, Buch-
    ten zwischen den Vorgebirgen und Inseln dieses Archipels;
    daneben Clarence-, Dawson- und Desolationsland, Kanäle
    und Furten, unzählige Kaps und Halbinseln – all dieses un-
    durchdringliche Gewirr, und jetzt durch das Eis zu einer
    festen Masse verschmolzen, vom Kap Forward, am Ende
    des amerikanischen Festlands, bis zum Kap Horn am letz-
    ten Ausläufer der Neuen Welt!
    Nachdem sie jedoch den Hungerhafen erreicht, nahm
    die ›Albatros‹ wieder eine völlig südliche Richtung an. Zwi-
    schen dem Tarnberg der Halbinsel Brunswick und dem
    Grawes-Berg hindurchsteuernd, wandte er sich in gerader
    Linie nach dem Sarmiento-Berg, einem gewaltigen, dick
    übereisten Spitzberg, der die Meerenge der Magellanstraße
    in einer Höhe von 2.000 Meter beherrscht.
    Hier zeigte sich den Blicken der Reisenden das Land
    der Pescheräs oder Fuegier, jener Ureinwohner, die noch in
    Feuerland siedeln.
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    Wie herrlich und fruchtbar hätten sich diese Gebiete –
    besonders deren mittlerer Teil – im Sommer gezeigt, wo
    die Tage 15 bis 16 Stunden lang dauern! Überall bieten sie
    nämlich Täler und Weideplätze, die Abertausende Tiere er-
    nähren könnten, nebst jungfräulichen Wäldern mit riesi-
    gen Bäumen, mit Weiden, Buchen, Eschen, Zypressen und
    blühenden Farrenkräutern; dann wieder Ebenen, die große
    Herden von Guanaquen, Vigogneschafen und Straußen
    bewohnen. Als die ›Albatros‹ ihre elektrischen Lichter er-
    glühen ließ, flatterten auch Papageientaucher, Enten und
    Gänse – hundertmal mehr, als François Tapages Speisekam-
    mer fassen konnte, an Bord.
    Der Koch, der dieses Federwild so vortrefflich zuzurich-
    ten verstand, daß es seinen tranigen Geschmack ganz verlor,
    erhielt dadurch plötzlich weit mehr Arbeit als gewöhnlich;
    mehr Arbeit machte das aber auch Frycollin, der es nicht
    abschlagen konnte, von diesem interessanten Geflügel ein
    Dutzend nach dem anderen wenigstens zu rupfen.
    Am selben Tag zeigte sich, als die Sonne eben versinken
    wollte, auch noch ein ziemlich großer, von prächtigen Wal-
    dungen eingerahmter See. Jetzt lag über dem See eine feste
    Eisdecke, und einige Eingeborene glitten auf ihren

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