Rock Rats Saga 03 - Astroidenfeuer
spontan.
Die Mondoberfläche verschwand. Pancho befand sich nun mitten im leeren Weltall; Sterne, glühende Nebel und wirbelnde Galaxien erstreckten sich in die schwarze Unendlichkeit.
»Saturnnähe«, rief sie.
Der Ringplanet erschien vor ihren Augen: eine prächtige, kaleidoskopartige abgeplattete Kugel in zarten Pastellfarben und mit diesen blütenweißen Ringen um die Mitte hing in der Leere.
Dort ist Schwesterherz, sagte Pancho sich. Hunderte Millionen Kilometer entfernt.
Abrupt schüttelte sie den Kopf, als ob sie ihn freibekommen wollte. »Spiegelsaal von Versailles«, rief sie. Und im nächsten Moment war sie in dem französischen Schloss und betrachtete ihre Spiegelbilder.
Was soll ich wegen Mandy unternehmen, fragte sie sich erneut.
Dann schoss ihr ein neuer Gedanke durch den Kopf: Was will ich überhaupt?
Ich. Ja, ich. Was will ich?
Früher war Pancho eine draufgängerische Astronautin gewesen, ein Flintenweib, das mehr riskierte als alle anderen. Doch seit ihre jüngere Schwester vor so vielen Jahren -vor so vielen Lebensaltern –
an Krebs erkrankt war –, hatte Pancho ein Leben nur für andere geführt. Für ihre Schwester. Dann war sie Dan Randolph begegnet, der sie als Astronautin eingestellt hatte und ihr sozusagen auf dem Sterbebett seine Anteile an der Astro Corporation vermacht hatte. Seitdem hatte sie Dans Kampf fortgeführt, hatte versucht, Astro zusammenzuhalten, das Unternehmen profitabel zu machen und zu verhindern, dass Humphries es sich krallte. Und nun – Amanda?
Was ist mit mir, fragte sie sich. Was will ich machen, wenn ich einmal erwachsen bin?
Sie betrachtete ihr Spiegelbild im nächsten Spiegel und sah hinter dem bodenlangen Partykleid und der glitzernden Lame-Bluse, hinter den kosmetischen Therapien die dürre, schlaksige Afroamerikanerin aus Westtexas, die sich unter der teuren Schale verbarg. Was erwartest du vom Leben, Mädchen?
Ihr Spiegelbild schaute sie kopfschüttelnd an. Das spielt keine Rolle. Du hast diese Verantwortung von Dan Randolph geerbt. Sie lastet nun auf deinen Schultern. Mandy, Humphries, selbst dieser Typ von Nairobi Industries sind alle ein Teil des Spiels, an dem auch du teilnimmst. Ob es dir gefällt oder nicht. Was du willst, spielt keine Rolle. Nicht, bis das Spiel aus ist, auf die eine oder andere Art. Und jetzt schon gar nicht, wo der Stecher wieder versucht, Astro in die Finger zu bekommen. Er zettelt wieder einen Krieg an. Ich dachte, die Sache hätte sich vor acht Jahren endgültig erledigt, aber Humphries fängt wieder damit an. Der dritte Frachter in genauso vielen Wochen, wie aus dem Bericht von heute Morgen hervorgeht. Zwar hat er bisher nur unbemannte Frachter gekapert, aber das ist erst der Anfang. Er will mich aus der Reserve locken.
Und es ist auch nicht nur Humphries, sagte Pancho sich, während sie langsam durch den verspiegelten Korridor ging. Es ist die ganze verdammte Welt. Die Erde ist gerade dabei, sich vom Klimakollaps zu erholen. Die Rohstoffe aus dem Gürtel sind so billig, dass sie die Grundlage für den Wiederaufbau bilden. Doch wenn Humphries die vollständige Kontrolle über den Gürtel erlangt, wird er die Preise nach Belieben hochtreiben. Er kümmert sich weder um die Erde noch um sonst jemanden außer um sich selbst. Er will ein Monopol.
Er will sich ein gottverdammtes Reich erschaffen.
Du trägst Verantwortung, Lady, sagte sie zu ihrem Spiegelbild. Du hast keine Zeit für Selbstmitleid.
»Akropolis«, sagte sie und ging durch Kolonnaden mit den schlanken Säulen zu ihrem Schlafzimmer zurück. Unter ihr lag das antike Athen in der heißen Sommersonne unter einem strahlend blauen Himmel.
Wieder im Schlafzimmer angekommen, tätigte Pancho zwei Anrufe: einen an die Investmentfirma in New York, über die sie immer potenzielle Geschäftspartner oder Konkurrenten überprüfte, und der andere war ein Privatgespräch mit Big George Ambrose in seinem Zimmer in eben diesem Hotel Luna .
Zu ihrer Überraschung gab die synthetische Telefonstimme ihr bekannt, dass George Ambrose Selene bereits verlassen habe. Er sei auf dem Rückweg nach Ceres.
»Mach ihn ausfindig, egal wo er steckt«, blaffte Pancho das Telefon an. »Ich will ihn sprechen.«
Erde: Kloster Chota, Nepal
Als Nobuhiko Yamagata von Humphries' Party zur Erde zurückgekehrt war, stattete er als Erstes seinem verehrten Vater einen Besuch ab. Das bedeutete einen Übernachtflug in einem firmeneigenen Jet nach Patna am Ganges und dann einen
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