Rock Rats Saga 03 - Astroidenfeuer
können wir Ihnen hier unten nicht den gleichen Luxus wie in Selene bieten«, erklärte der Stützpunkt-Kommandant, »aber die Grundbedürfnisse vermögen wir durchaus zu erfüllen.«
Sprach's und führte Pancho in einen kleinen, niedrigen Konferenzraum, in dem sich bereits seine hochrangigen Mitarbeiter versammelt hatten. Sie fieberten der Begegnung mit der Vorstandsvorsit-zenden entgegen und vermochten es kaum zu erwarten, den Grund für ihren Besuch zu erfahren. Der Konferenztisch war mit belegten Broten und Getränken bestückt, und mitten auf dem Tisch war ein maßstabsgetreues Modell der Basis platziert.
Weil es nicht genug Stühle für alle gab, blieb Pancho stehen. Sie aß ein Sandwich, nippte an einem Plastikbecher mit Fruchtsaft und plauderte ungezwungen mit den Leuten – von denen keiner sich zu setzen wagte, während der CEO stehen blieb.
Schließlich stellte sie den leeren Saftbecher auf den Tisch. Wie aufs Stichwort verstummten alle Gespräche, und alle drehten sich zu ihr um.
Sie grinste sie an. »Ihr fragt euch sicher, wieso ich bei euch herein-schneie«, sagte Pancho in ihrem Westtexas-Akzent, um eine ent-spannte Atmosphäre zu schaffen.
»Es kommt schließlich nicht alle Tage vor, dass die Vorstandsvorsitzende des Unternehmens uns einen Besuch abstattet«, erwiderte der Stützpunkt-Kommandant. Ein paar Leute kicherten nervös.
»Nun«, sagte Pancho, »um die Wahrheit zu sagen, ich bin neugierig, was eure neuen Nachbarn so vorhaben. Weiß jemand von euch, wie ich eine Einladung für den Nairobi-Komplex bekomme?«
Selene: Nachrichten-Meidazentrum
Trotz des ziemlich pompösen Titels war das Nachrichten-Mediazen-trum kaum mehr als eine Büroflucht mit normalgroßen Räumen –
die meisten davon mit Sendeausrüstung angefüllt – und einem ge-räumigen Studio, das groß genug war, mehrere Videos gleichzeitig zu produzieren.
Edith Stavenger wartete ungeduldig neben der Doppeltür des Studios, während die Kamera-Crew die letzte Sequenz eines Schu-lungsvideos für die neuen Softsuits abdrehte. Eine Frau, die im wirklichen Leben einen Traktor an der Oberfläche fuhr, fungierte als
›Model‹ und demonstrierte, mit welcher Leichtigkeit man den Anzug anlegen und die Vorderseite schließen konnte.
Vor vielen Jahren war Edith Stavenger noch Edie Elgin gewesen und hatte als Nachrichtenkorrespondentin in Texas gearbeitet – damals, als die Mannschaft für die erste menschliche Expedition zum Mars trainiert wurde. Während des kurzen, fast unblutigen Unabhängigkeitskampfs des Mondes war sie als Reporterin dorthin geflogen. Sie hatte Douglas Stavenger geheiratet und war nicht zur Erde zurückgekehrt. Sie hatte noch die dynamische, jugendliche Schönheit einer Cheerleaderin mit goldblondem Haar und einem strahlenden Lächeln, bei dem sie schöne weiße Zähne zeigte. Durch Verjüngungstherapien, die von Hautzellen-Regenerierung bis Hormonbe-handlung reichten, hatte sie noch immer einen klaren Blick und ein agiles Auftreten. Man munkelte, dass sie sich – wie ihr Ehemann –
Nanomaschinen hätte spritzen lassen, doch das hatte Edith nicht nö-
tig; Zell-Biochemie war ihr Jungbrunnen.
Sie hatte eine Zeit lang als Medienintendantin von Selene gearbeitet, war dann aber auf Betreiben ihres Mannes als Beraterin in den Vorruhestand gegangen. Doug Stavenger wollte nämlich keine Dy-nastien in der politischen oder sozialen Struktur von Selene, und Edith stimmte darin mit ihm überein. Also füllte sie die Stelle als Beraterin aus und versuchte sich nach Möglichkeit aus dem Nachrichten-Geschäft von Selene herauszuhalten.
Nun hatte sie aber einen Grund, sich einzuschalten, und vermochte es kaum noch zu erwarten, dass der Medienintendant die Szene beendete, bei der er persönlich Regie führte.
Das junge Model nahm den Kugelhelm ab und drückte das durch-sichtige aufblasbare Gewebe zusammen. Dann öffnete sie den Softsuit, pellte ihn von den Armen und ließ ihn mit den Hüften wa-ckelnd an sich heruntergleiten. Sie wäre sogar erotisch, sagte Elgin sich, wenn sie nicht diesen Overall trüge.
Schließlich war die Szene im Kasten. Die Crew schaltete die tragbaren Kameras aus, und der Medienintendant drehte sich um und ging zur Tür.
»Edie!«, rief er. »Ich wusste gar nicht, dass Sie hier sind.«
»Wir müssen reden, Andy.«
Der Name des Medienintendanten war Achmed Mohammed Wajir, und obwohl er seine familiären Wurzeln im Kongo wähnte, war er in Syrien geboren und hatte seine Kindheit und Jugend
Weitere Kostenlose Bücher