Rockerkrieg: Warum Hells Angels und Bandidos immer gefährlicher werden - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)
findet keinen Lohn, eine Antwort des amerikanischen Präsidenten ist nicht bekannt.
Statt auf den Vietcong zu feuern, müssen die Hells Angels eben an der Heimatfront aktiv werden. Der Krieg in Vietnam und die Studentenunruhen lassen die Welt in den sechziger Jahren kopfstehen. Martin Luther King, Ho Tschi-minh, Jimi Hendrix sind die neuen Helden einer linken Rebellengeneration. Selbst in Berlin-Bohnsdorf, DDR , skandieren Jugendliche nachts den Namen des vietnamesischen Revolutionsführers. Vor allem in den USA breitet sich eine neue Kultur aus: die Hippies.
Politisch steht auch Flower-Power eher links, Subkultur ist es allemal. Man könnte meinen, dass die Verachtung für den Staat und das Establishment die Blumenkinder mit den Hells Angels eint, doch weit gefehlt. Wenn es gilt, ein paar Anti-Vietnamkrieg-Demonstranten zu verprügeln, sind die Biker gerne dabei.
In einem seiner Bücher begründet das Angels-Boss Sonny Barger so: »Als Militärveteran fand ich, dass wir unbedingt zu Amerika halten mussten. Solange es zwei Menschen auf dieser Welt gibt, wird es auch Krieg geben. Wenn man etwas nicht friedlich beilegen kann, muss man eben kämpfen. Wenn man nicht am Krieg teilnehmen will, ist das auch o. k., aber man sollte die Männer, die in einen Krieg ziehen müssen, nicht auch noch beschimpfen und in den Dreck ziehen.«
Einer weltweiten Öffentlichkeit werden die Hells Angels im Jahr 1969 ein Begriff. Die Biker sind als Ordner für ein Konzert der Rolling Stones angeheuert worden. Im kalifornischen Altamont spielt die Band vor über 350000 Fans, kostenlos. 19 Ärzte und sechs Psychiater sind extra für dieses Großereignis engagiert worden. Sie kümmern sich um Konzertbesucher auf LSD , helfen, vier Babys zur Welt zu bringen, und müssen für einen Ertrunkenen, zwei Überfahrene und einen Erstochenen Totenscheine ausstellen.
Der Erstochene ist ein 18 Jahre alter Zuschauer, der unter Drogeneinfluss eine Schusswaffe gezogen hatte und auf die Rolling Stones zielte. Ein Hells Angel war schneller.
KIND VERKAUFT
Los Angeles, 6. Januar 1969. Ein Mitglied des Hells-Angels-Motorradclubs und seine Freundin wurden gestern unter der Anschuldigung verhaftet, ihr Kind für 700 Dollar (2800 DM) verkauft zu haben, um sich von dem Geld ein Motorrad kaufen zu können. Dore Anthony de Madona, 29, und Sara Jane Stewart, 18, werden am Donnerstag wegen Freiheitsberaubung vor Gericht stehen. Nach Auskunft der Polizei hatte das Paar mit dem neuen Motorrad einen Ausflug gemacht und nach der Rückkehr versucht, das Baby wieder zurückzukaufen.
Quelle: »United Press International«
»Gib es zu, du Schweinehund« – Wenn Hells Angels morden
Nachdem der Leichenbeschauer im kalifornischen Alameda im Winter 1968 den toten Paul A. Ingalls untersucht hat, ist ihm klar, dass den rothaarigen Biker eine Barbituratvergiftung in die Hölle hat wandern lassen. Die Dosis musste selbst den stärksten Kerl umhauen. Die Frage bleibt nur: War es ein Suizid, ein Unfall oder Mord? Seltsam ist zumindest, dass das Opfer nach seinem Tod noch »kilometerweit« wanderte, wie die Polizei in ihren Ermittlungen feststellt.
In seiner Autobiografie beschreibt George Wethern, Stellvertreter von Angels-Boss Sonny Barger, was passiert ist. Demnach hat Ingalls die wertvolle Münzsammlung von Chef Barger geklaut, wobei nicht überliefert ist, woher dieser die Münzen hatte.
Ingalls’ Biker-Brüder regeln die Sache, wie es sich wohl für Outlaws gehört: außerhalb des Gesetzes. Das Opfer wird verprügelt, gequält und mit einem elektrischen Viehtreiber im Gesicht und an den Genitalien gefoltert. Dann kommen Seconal-Tabletten zum Einsatz, ein Schlafmittel aus der Gruppe der Barbiturate.
Ingalls wird gepackt, man hält ihm die Nase zu, so dass er den Mund öffnen muss, um Luft zu holen. Dann stopfen die Hells Angels ihm Tabletten in den Mund. Gemäß ihrer kruden Rockerlogik müssen sie ihn umbringen, denn wer Brüder oder sogar den Präsidenten beklaut, dem kann man nicht mehr trauen, mit dem kann man keine Dinger mehr drehen, der muss sterben. Es wird sich herumsprechen, was Verrätern blüht, so die Überlegung der Gang.
Als man das Opfer nach Hause bringt, ist Ingalls schon ins Koma gefallen. In der Nacht findet ihn seine Frau. Bevor sie ihn ins Krankenhaus bringen kann, stirbt der 21-Jährige. Für die Tat wird nie jemand verurteilt.
Einen der Männer, die bei der Sache dabei waren, soll ein Jahr später ein ähnliches Schicksal ereilen. John Terrance
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