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Rockerkrieg: Warum Hells Angels und Bandidos immer gefährlicher werden - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Rockerkrieg: Warum Hells Angels und Bandidos immer gefährlicher werden - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Titel: Rockerkrieg: Warum Hells Angels und Bandidos immer gefährlicher werden - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Diehl , Thomas Heise , Claas Meyer-Heuer
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Harley. 1994 eröffnen die Hells Angels dann ihr Vereinsheim in Kiel. Eigentlich werden nur Club-Insignien ersetzt. Die neuen Höllenengel trugen zuvor die Kutten des Germany MC , eines schlagkräftigen Haufens, der schon damals das Rotlichtviertel der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt beherrschte.
    Ein Jahr zuvor hatte das Kieler Landgericht sechs Germanen wegen sexueller Nötigung, Körperverletzung und unerlaubten Waffenbesitzes angeklagt: Vier wandern ins Gefängnis. Zwei erhalten eine Bewährungsstrafe. Doch ihr kriminelles Treiben hat den Übertritt zu den Hells Angels nicht unmöglich gemacht. In der Parallelwelt der Rockerbanden sind Verurteilungen eher staatlich geprüfte Empfehlungsschreiben.
    Mitte der neunziger Jahre hat Peter Borchert noch kaum Kontakt zur Kieler Rockerszene. Er will weder Harley fahren noch Puffs betreiben. Der Mann, dessen leiblicher Vater ein Türke ist, träumt davon, die Einwanderung von Millionen Menschen nach Deutschland rückgängig zu machen und außerdem Schlesien sowie Ostpreußen »zurückzuholen«.
    Seine Haftstrafe wegen des brutalen Überfalls auf den Taxifahrer Ingo M. verbüßt Borchert bis zum letzten Tag. Er will nicht vorzeitig entlassen werden, angeblich um sich den Bewährungsauflagen nicht »unterwerfen« zu müssen. Kenner des Kieler Neonazi-Milieus beschreiben Borchert als »konsequent bis zum Äußersten«, als einen Fanatiker. Er verachtet Weggefährten, die ihr Handeln aus Angst vor Strafe abwägen. Ihn selbst scheint die Aussicht auf eine Rückkehr in die Anstalt eher anzuspornen.
    Und so dauert es auch nicht lange, bis Borcherts Tagesablauf wieder von Justizbeamten geregelt wird. Am 12. Februar 1994 besteigt er zusammen mit drei weiteren Glatzen einen Linienbus im Kieler Stadtteil Wik. Im vorderen Teil sitzt ein sudanesischer Student. Borcherts Nazi-Bande pöbelt: »Du Afrikaner, wir hassen dich«, »Nigger, go home« und »Deutsche Rasse, reines Blut, Ausländer raus«. Via Lautsprecher fordert der Busfahrer ein sofortiges Ende der Attacke. Als das nichts hilft, hält der Fahrer an und ruft die Polizei. Er öffnet die Bustüren nicht, die Neonazis sitzen in der Falle.
    Hätte der Fahrer Borcherts Psyche gekannt, wäre seine Zivilcourage vermutlich weniger deutlich ausgefallen. Denn der Rechtsextremist zieht ein 20 Zentimeter langes Messer vom Typ »Linder Contour 8«. Er stürmt nach vorne und sticht zu. Dem Fahrer gelingt es, Borchert mit den Füßen aus dem Bus zu treten. Die Fingerkuppe des kleinen Fingers an seiner linken Hand rettet das nicht mehr. Die Waffe durchtrennt außerdem einen Teil der Achillessehne, die Angreifer können fliehen.
    Nur sechs Tage später, am 18. Februar 1994, durchstreifen Peter Borchert und zwei weitere Ausländerfeinde die Kleingartenanlage am Malmöweg in Kiel-Mettenhof. Undeutsches, unreines Terrain für das Trio. Hier bauen auch türkische Menschen ihr Gemüse an. Am Vereinsheim bemerkt die braune Guerilla eine Feier, »Kanaken-Party«, so ihre kruden Gedanken.
    Borchert zieht sich Gummihandschuhe über. Er will einen Hakenkreuz-Aufkleber an dem Vereinsheim platzieren und es dem Staatsschutz nicht zu einfach machen. Drinnen feiert ein deutsches Paar den bis dahin schönsten Tag in seinem Leben. Ein Hochzeitsgast bemerkt die Nazis vor der Tür, geht raus und sagt: »Private Gesellschaft.« Als er wieder hineingeht, hören alle einen lauten Knall.
    Jetzt geht ein anderer Gast hinaus. Peter Borchert schießt ihm sofort mit einer Gaspistole gegen die Stirn. Das Opfer dreht sich weg, und Borchert sticht dem Mann ein zehn Zentimeter langes Messer, Typ »Military Boot Knife«, in den Rücken. Der Bruder des Opfers und sein Schwiegervater ringen Borchert zu Boden, die alarmierte Polizei nimmt ihn schließlich fest. Sein Blut enthält zu 1,05 Promille Alkohol.
    Das Kieler Landgericht verurteilt Peter Borchert zu drei Jahren und neun Monaten Gefängnis wegen gefährlicher Körperverletzung und Volksverhetzung. Obwohl er bei der Attacke auf die Hochzeitsgäste »Ich stech’ dich tot!« gebrüllt hat, können die Richter erneut keine Tötungsabsicht erkennen.
    Während Borchert zum zweiten Mal im Gefängnis sitzt, verwandeln die Hells Angels Schleswig-Holstein in ein rot-weißes Musterterritorium. Sie stehen an der Spitze aller Motorradclubs nördlich von Hamburg. Wenn andere Biker in der Region einen eigenen Verein gründen wollen, müssen sie bei den Angels in Kiel vorsprechen, denn die betrachten das Land zwischen Nord-

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