Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rockerkrieg: Warum Hells Angels und Bandidos immer gefährlicher werden - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Rockerkrieg: Warum Hells Angels und Bandidos immer gefährlicher werden - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Titel: Rockerkrieg: Warum Hells Angels und Bandidos immer gefährlicher werden - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Diehl , Thomas Heise , Claas Meyer-Heuer
Vom Netzwerk:
und Ostsee als ihr Privateigentum.
    1998 öffnet sich für Peter Borchert die Gefängnispforte wieder, er beginnt eine stramme Karriere als Neonazi-Funktionär. Er mischt an führender Stelle im »Club 88« in Neumünster mit – einem Treff für junge Neonazis aus ganz Norddeutschland. Die 8 steht für den achten Buchstaben im Alphabet, 88 also für HH , »Heil Hitler«.
    Borchert bezeichnet sich selbst als »permanent national-revolutionären Anarchisten«. Die biedere NPD unterwandert er mit Gesinnungsgenossen und steigt zum Landeschef Schleswig-Holsteins auf. Ihm untersteht ein Krawallhaufen, der radikalste Zweig der NPD in Deutschland. 2002 will Borchert stellvertretender Bundeschef der Partei werden, bekommt beim Parteitag aber nur drei Stimmen. Der Anarcho-Neonazi erhält von den anderen Rechtsauslegern die »Quittung für die peinlichen Auftritte«, wie das Parteiblatt »Deutsche Stimme« schreibt. 2003 schmeißt ihn die NPD endgültig raus.
    Dafür suchen Polizei und Staatsanwaltschaft wieder seine Nähe. Im Oktober 2003 stürmt ein Spezialeinsatzkommando Borcherts Wohnung in Neumünster und findet im Keller einen Revolver. In seinem Wohnzimmer entdecken die Beamten ein Sachbuch über Foltertechniken und Hitlers »Mein Kampf«. Im Kühlschrank lagert der selbsternannte Deutschlandretter holländische Pornos.
    Bei der Razzia geht es um Waffenhandel. Borchert soll die Neonazi-Zelle »Combat 18 Pinneberg« mit Gewehren, Pistolen und Munition versorgt haben. Der Angeklagte wird schließlich erneut zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Hätte er seine Kontaktleute genannt, wäre die Strafe vielleicht milder ausgefallen, doch Borchert schweigt.
    Als er 2007 wieder entlassen wird, hat sich die rechte Szene stark verändert. Auf der radikalen Bühne ist eine neue Gruppierung aufgetaucht, die sogenannten Autonomen Nationalisten. Ihr Äußeres haben sie vom politischen Gegner auf der Linken abgeguckt: schwarze Hose, schwarze Jacke, schwarze Sonnenbrille. Bei Demonstrationen formieren sie sich zu einem schwarzen Block.
    Außerdem haben sie keinen Bock mehr auf die passiven Biedermeier-Aufmärsche der vergangenen Jahre. In SA -Manier wollen sie agieren, am 1. Mai 2008 zeigen sie in Hamburg zum ersten Mal einer breiten Zuschauermenge ihr Gewaltpotenzial. Im Mob attackieren sie blitzschnell linke Gegendemonstranten, auch einen Kameramann schlagen die Rechten zusammen.
    Zu diesem politischen Freefight sind Extremisten unter Borcherts Führung aus Kiel angereist. Der Charakter der neuen Truppe passt genau zu dessen Vorlieben: Gewalt statt Diskussion. Szenekenner beschreiben den inzwischen 34-Jährigen als »Macher«. Seine Radikalität und Brutalität faszinieren den rechten Nachwuchs, die Aura des ungebeugten Nazi-Revolutionärs umgibt ihn wie ein Kraftfeld.
    Aus Kameraden werden Feinde
    Ungefähr ein Jahr zuvor hat ein zwei Meter großer Hüne einem Kontrahenten in der Kieler Diskothek »Mausefalle« den Kiefer gebrochen. Was sich wie eine banale Kneipenschlägerei im Vollrausch anhört, löst den Bandenkrieg zwischen Hells Angels und Bandidos in Schleswig-Holstein aus. Dabei gibt es zu diesem Zeitpunkt noch gar keine Bandidos im Norden.
    In dieser Märznacht schlägt jedoch Dennis Kofoldt zu – der stadtbekannte Tätowierer und Hells Angel. Sein Kontrahent André D. kuscht nicht etwa vor dem Höllenengel, sondern holt seinen jüngeren Bruder Ralf zur Hilfe, beide sind Kumpels von Peter Borchert. Gemeinsam gehen sie im Eingang des Clubs auf ihren Gegner los, einer der Brüder sticht zu. Dennis Kofoldt blutet innerlich, den Ärzten aber sagt er, er sei gestürzt. Er hält sich an das oberste Gebot der Rocker: schweigen. Trotzdem sind die Behörden bald schon den Brüdern D. auf der Spur.
    Kofoldt, André und Ralf D. kennen sich seit über 20 Jahren. Alle drei wuchsen – ebenso wie Borchert – am Ostufer der Kieler Förde in Heikendorf auf. Früher gingen sie nicht mit Messern aufeinander los, sondern grölten gemeinsam ausländerfeindliche Parolen. Rechtsextremisten in einer Kleinstadt. Doch aus Kameraden werden erbitterte Rivalen, die später einige der größten Polizeieinsätze in der Geschichte des Bundeslandes auslösen.
    Kofoldt ist schon als Kind Stammkunde bei der Polizei. Einschmeißen von Fensterscheiben, Sachbeschädigung, Körperverletzung. Ein altgedienter Revierbeamter braucht nur drei Worte, um den jungen Mann zu charakterisieren: »Das volle Programm.« Später lernt Kofoldt Tätowierer und steigt bei

Weitere Kostenlose Bücher