Rockerkrieg: Warum Hells Angels und Bandidos immer gefährlicher werden - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)
ist der Bandido K. nur ein kleiner Angestellter bei einer gewerblichen Zimmervermietung in einem Schmuddelviertel im Ruhrgebiet, allerdings ist die Herberge ein Bordell. Die Zimmervermietung gehört praktischerweise der Ehefrau des Rockers, die über zehn Jahre jünger ist als er und in Myanmar geboren wurde.
Wie aus den abgehörten Telefonaten hervorgeht, kümmert sich Jörg K. rührend um das Geschäft seiner Frau. So rührend, dass die Ermittler irgendwann davon ausgehen, er sei der eigentliche Betreiber des Etablissements. Er bezahlt die Pacht für das Haus und meckert bei der Telekom, wenn wegen einer Leitungsstörung das EC -Karten-Lesegerät nicht funktioniert. »Ein Verlust von 800 Euro« sei ihm entstanden, mault er am Handy.
Als ein Zuhälter zwei afrikanische Prostituierte in dem Bordell anschaffen lassen möchte, nennt der Rocker die Konditionen: 95 Euro Tagesmiete plus 300 Euro Kaution. Mit seiner Ehefrau führt er wohl eine Scheinehe, die beiden leben nicht mehr in einer Wohnung. Jörg K. will sich scheiden lassen, muss vorher aber noch eine GmbH gründen. Das Bordell braucht ja eine Betreiberfirma.
Allerdings kann K. in Deutschland keine Firma mehr gründen, denn offiziell ist er pleite. Vor Jahren hat er eine eidesstattliche Versicherung abgegeben und sich für zahlungsunfähig erklärt. Kein Problem, Jörg K. will stattdessen eine spanische GmbH auf Ibiza gründen. Da verbringt der offiziell mittellose Mann eh einen Großteil seiner freien Zeit.
Wenn er für seine Rocker- oder Bordell-Aktivitäten ins Ruhrgebiet jettet, steigt er am Düsseldorfer Flughafen meistens in einen Mercedes-Geländewagen und präsentiert sich bei seinen Rockerkumpels als erfolgreicher Lude. Das luxuriöse Auto ist auf seine Ex-Freundin zugelassen. So kann es ihm niemand pfänden, trotz der eidesstattlichen Versicherung.
Sein Handy läuft über die Eltern seiner Ex-Freundin. Erstaunlich, was die 15 Jahre jüngere Frau noch alles für ihn tut, denn wie aus den abgehörten Telefonaten hervorgeht, verdankt sie dem Rocker einen Großteil ihres riesigen Schuldenberges. Fast einem Weinkrampf nahe, teilt sie dem Bandido am Handy mit, dass sie mit über 50000 Euro in der Kreide stehe, weil sie ihren »Namen für den bepissten Imbiss« hergegeben habe. Anscheinend hat der Rocker einen Essensstand bewusst in die Pleite getrieben. Die Gaststätte lief offiziell auf den Namen seiner damaligen Freundin.
Geschäftlich ist der Mann ohnehin äußerst rege. Als er wegen Körperverletzung vorübergehend verhaftet wird, findet die Polizei bei ihm eine Genehmigung für einen Weihnachtsmarktstand auf Ibiza. Gerne macht er auch seine stattliche Statur, seine Löwenmähne und seine Redekünste zu Geld. 5000 Euro kassiert er von einer TV -Produktionsfirma, dafür spielt er in einer Folge einer Dokusoap mit.
Er verfügt über reichlich Kontakte und erhält häufig wertvolle Informationen, die er zu Geld machen will. So bekommt er über einen Freund mit, dass die Betreiberfirma einer Pferdeshow in argen Liquiditätsengpässen zu stecken scheint. Der Rocker will Devisen im Duisburger Rotlichtviertel besorgen, natürlich gegen eine saftige Provision für sich selbst. Der Finanzdeal ohne Schufa-Auskunft scheitert aber offenbar.
Jörg K. ist ein Typ, der in der Sahara Heizdecken verkaufen könnte, sich aber auch welche andrehen ließe. Im Ruhrgebiet kauft er von »irgendwelchen Iren« sehr günstig Flachbildfernseher, vermutlich Hehlerware. Allerdings erweisen sich die TV -Geräte als minderwertig, und so vertickt K. den Elektroschrott weiter. Als Moderator einer Tattoo-Convention bekommt er 1500 Euro vom Veranstalter, und jedes Jahr präsentiert er einen Table-Dance-Wettbewerb der Bandidos. »Wenn der ein Mikrofon sieht, hat er es auch schon in der Hand«, sagt ein langjähriger Bandido-Clubkumpan.
Die Gang nutzt Jörg K. gern für seine privaten Zwecke. Den »Supporter« Dennis W. lässt er wahrscheinlich Kokain in Gelsenkirchen holen und engagiert ihn auch als Fahrer, der seine Frau quer durch Deutschland bis nach Hessen chauffieren muss.
Während er seine Gläubiger am Telefon abwimmelt oder wegdrückt, führt er auf Ibiza ein Leben auf der Sonnenseite. Über die Insel fährt er entweder mit einem Benz 450 SL oder einem Jeep Cherokee. Gegenüber einer seiner vielen weiblichen Bekanntschaften prahlt er mit einer nagelneuen Harley-Davidson. Offenbar besitzt der Rocker sogar drei Motorräder.
Auf Ibiza vergnügt sich der Pferdenarr auch mit
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