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Rocking Horse Road (German Edition)

Rocking Horse Road (German Edition)

Titel: Rocking Horse Road (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Nixon
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Badezimmerfenster, alle zerbarsten im Steinhagel. Die Steine, die zu hoch gezielt waren, trafen auf das Metalldach und rollten dröhnend herab, ein weiterer Klang im Orchester der Elemente.
    Und dann stand SJ plötzlich auf der Stufe vor seiner Haustür. Er hatte ein T-Shirt übergestreift, trug aber noch seine Schlafanzughose. Das Licht fiel von oben auf ihn, deshalb konnten wir seine Augen nicht sehen. Wo sie hätten sein müssen, waren nur schwarze Höhlen, in denen, da waren wir sicher, eine tiefschwarze Seele hauste. Er brüllte wirre Drohungen in die Dunkelheit, aber er hätte genausogut den Regen anschreien können. Wir wußten, daß er uns nicht sehen konnte, höchstens als dunkle Schatten in der Nacht.
    Wer hat den nächsten Stein geworfen? Wir wissen es nicht (und wenn wir es wüßten, würden wir es nicht sagen, bis heute nicht). Wir sagen nur, daß es ein guter Wurf war, hart und genau. Der Stein traf SJ an der Stirn, direkt über seiner linken Augenbraue. Ein befriedigter Seufzer entrang sich unseren Kehlen. Die Wunde blutete sofort heftig, SJ griff sich an den Kopf und taumelte vorwärts. Diese Bewegung ließ ihn von der Betonstufe heruntersteigen, und damit befand er sich außerhalb des Lichtkreises der Glühbirne. Hätten wir ihn jetzt deutlicher sehen können, wäre das Folgende vielleicht nicht passiert. Wahrscheinlich aber doch.
    Es flogen noch mehr weiße Steine, sie trafen ihn am ganzen Körper. Niemand hielt sich jetzt zurück, und wir waren schließlich keine Kinder mehr. Mit fünfzehn oder sechzehn hat man Kraft in den Armen und ein scharfes Auge. SJ taumelte weiter und fiel zu Boden. Er versuchte wieder auf die Beine zu kommen. Weiße Steine flogen wie Leuchtspurmunition durch die Nacht. Hinter den Dünen brüllte die Brandung. Über uns rollte der Donner, und der Sturm heulte. Der Regen prasselte unaufhörlich auf uns und ihn herunter. Wir kamen näher, bildeten in der Dunkelheit einen weiten Halbkreis. Ein großer Stein traf sein Knie, er schrie auf und fiel wieder hin. Diesmal versuchte er nicht mehr aufzustehen, sondern rollte sich so eng wie möglich zusammen und nahm alles, was wir geben konnten. Er hatte aufgehört zu schreien, und wenn er stöhnte, so konnten wir das in dem Tosen um uns herum nicht hören.
    Als die Steine um uns herum ausgingen, warfen wir alles, was wir in die Hände bekamen. Der Golfschläger schwirrte durch die Luft und traf seinen Körper. Jemand warf eine Geranie im Topf, doch der Wurf war zu kurz, der Topf zersplitterte. Schließlich nahmen wir die bloße Erde. Wir warfen den durchweichten Sand, stürzten vorwärts, brüllten in unkontrollierter, rasender Wut. Die Silbertrophäe kam zuletzt. Sie durchschnitt die Dunkelheit und traf SJ an der Schulter. Er bewegte sich nicht mehr. Die Mädchenfigur brach ab, das Metall löste sich vom Sockel, an den es nur angeklebt gewesen war. Beide Teile lagen auf dem Boden.
    Wir sahen uns flüchtig an, wandten aber sofort den Blick wieder ab. Es lag etwas Primitives und Wildes in unseren Zügen, etwas, das wir auch in den Gesichtern der Männer aus dem Empire gesehen hatten, als sie die Demonstranten angriffen.
    Der Molotowcocktail wurde an Ort und Stelle improvisiert (wieder können wir nicht sagen, wer das getan hat). Jemand hatte eine Dose Zweitaktbenzin, eigentlich für den Rasenmäher gedacht, aus dem unverschlossenen Geräteschuppen geholt, dazu einen alten Lappen. Eine Milchflasche stand in der Nähe des Briefkastens. Der Cocktail war schnell zusammengestellt und brauchte nur noch eine Flamme, um seiner natürlichen Bestimmung zu folgen. Er flog durch die Luft und landete im Schlafzimmer. Es folgte eine kurze Pause und dann ein höchst erfreuliches Zischen. Das Feuer breitete sich schnell aus. Die schwarze Plastikfolie an den Fenstern der Dunkelkammer schmolz und rollte sich zusammen, und die Flammen züngelten nach draußen. Trotz des Regens entfachte der Brand schon bald den Dachstuhl, und dann schlugen die Flammen auch aus dem zerbrochenen Fenster des Schlafzimmers. Das Feuer setzte seinen Weg durch das Haus fort, lief rasend schnell von einem Zimmer ins nächste. Bald spürten wir die Hitze auf unseren Gesichtern, doch blieben unsere Rücken eiskalt und steif. In Windeseile hatte das Feuer das gesamte Haus erfaßt. Wir mußten uns zurückziehen, wenn wir nicht ebenfalls Feuer fangen wollten.
    Wir standen da, schwer atmend von der Anstrengung, und betrachteten das Feuer. Unsere Wut war beständig gewachsen, seit Jase

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