ROD - Die Autobiografie
England gespielt und war mir nicht sicher, was mich erwartete. Die britische Presse nahm das neue Album nicht gerade begeistert auf. Bedeutete das, dass mir die Fans weggelaufen waren? Würden überhaupt noch ausreichend Zuschauer kommen? Eine Frage, mit der ich mich regelmäßig beschäftige: der Terror der leeren Sitzplätze, das allzu offensichtliche Indiz, dass es mit deiner Karriere bergab geht. Ich las einmal, dass Al Jolson – der zu den Idolen meiner Kindheit zählte – eine ausgewachsene Paranoia vor leeren Plätzen vor der Bühne hatte. Und diese Angst hatte definitiv auf mich abgefärbt.
Diesmal bestand zur Panik allerdings kein Anlass. Die Schottenkaro-Bande war noch immer aktiv, stürmte gleich vor die Bühne und kümmerte sich einen feuchten Kehricht um reservierte Sitzplätze. Die Tournee gewann immer mehr an Fahrt, um dann Ende Dezember im Olympia Theatre in London in einem abschließenden Höhepunkt zu kulminieren. Die Atmosphäre der Shows und die vorweihnachtliche Stimmung schienen einen Rausch auszulösen, wie ich ihn bisher noch nicht erlebt hatte. Mehr als einmal fing ich »I Don’t Want To Talk About It« zu singen an, doch jedes Mal schallten mir die Worte aus dem Publikum zurück. Es war, als ob die Zuschauer das Ruder in die Hand nehmen und ihr eigenes Ding durchziehen wollten. Ich hätte sowieso nicht mitsingen können, weil der Frosch in meinem Hals immer größer wurde.
Anfang 1979 erwähnte Alana, dass bei ihr wohl eine Grippe im Anmarsch sei. Falscher Alarm: Sie war schwanger.
Wir hatten bereits früher über eigenen Nachwuchs gesprochen. Ich war mir absolut sicher, früher oder später selbst einmal Kinder haben zu wollen. Ich hatte die Zeit mit Britts Kindern Victoria und Nikolaj genossen, ich liebte Alanas Sohn Ashley, ich war immer gerne mit Kindern zusammen gewesen. Ich stammte aus einer großen Familie und wollte selbst eine große Familie haben. Die Vorstellung, dass Kinder kein wünschenswertes Ziel sein könnten, war mir völlig fremd.
Aber wollte ich das wirklich jetzt, 1979 – in weniger als neun Monaten?
Die Vorstellung löste bei mir eine Panikattacke aus. Und durcheinander, wie ich war, kühlten auch meine Gefühle für Alana merklich ab. Wir durchlebten ein paar elende Monate. Ich bekam kalte Füße und fiel prompt in alte Verhaltensmuster zurück. Auf der Australien-Tour im Februar hatte ich ein Techtelmechtel mit Belinda Green, einem australischen Model und der früheren »Miss World«. Ich befand mich auf der anderen Seite des Globus und dachte wohl, dass es unbemerkt bleiben würde. Zur damaligen Zeit war es ja noch nicht üblich, dass sich Schlagzeilen innerhalb von Sekunden um den Globus verbreiteten. Doch ein großer Artikel im Sydney Morning Herald , natürlich mit dem dazugehörigen Foto, belehrte mich eines Besseren. Alana bekam Wind davon und war verständlicherweise außer sich.
Ich fühlte mich wie ein Häufchen Elend. Doch irgendwie schaffte ich es, mich selbst – und dann auch sie – davon zu überzeugen, dass diese Affäre mein allerletzter Ausbruchsversuch gewesen sei – als habe der Horror der drohenden Verantwortung mich noch einmal in die Irre geführt. Als Alana zur Japan-Tournee einflog, brachten wir die Dinge wieder ins Lot. Wir erinnerten uns daran, dass unsere Liebe keinesfalls erloschen war, und beschlossen, das mit unserer Hochzeit zu besiegeln. Es gab keinen dramatischen Heiratsantrag, keinen Kniefall, sondern nur die gemeinsame Gewissheit, dass es für uns beide der richtige Schritt sein würde. Im Hotel wollte ich gleich in London anrufen, um meine Eltern darüber zu informieren, hatte gleichzeitig aber einen Riesenbammel davor. Ich wusste, dass sie nicht begeistert sein würden. Ich ließ zunächst meine Sekretärin Gail Williams die Neuigkeit verkünden, ergriff erst dann selbst den Hörer, um direkt mit meinen Eltern zu sprechen. Ich weiß noch immer, wie ich da auf dem Hotelbett hockte und meine Nervosität nicht in den Griff bekam. Es war ein unerquickliches Gespräch. Meine Mama tat ihr Bestes, um unbekümmert zu klingen. (Viele Jahre später äußerte sie gegenüber der Presse, dass sie eigentlich mit meinem Vater einer Meinung gewesen sei, dass ich »besser ein nettes Mädel aus Schottland« hätte heiraten sollen.) Mein Vater kam dann auch noch ans Telefon und sagte kurz und knapp: »Du bist noch nicht alt genug.«
Herr im Himmel – ich war vierunddreißig!
Wir heirateten im April – wenngleich ich zwischenzeitlich
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