ROD - Die Autobiografie
noch ein paarmal kalte Füße bekam. Kurz vor der offiziellen Hochzeit – an dem Tag, als wir eigentlich beim Gericht unsere standesamtliche Urkunde abholen sollten – schlug ich mich in die Büsche, um mir bei einem Autohändler einen neuen Wagen anzuschauen. Es war wohl das letzte Signal des Unterbewusstseins, dass ich von unserem gemeinsamen Entschluss noch immer nicht überzeugt war. Der Junggeselle in mir wollte sich nicht kampflos geschlagen geben. Doch ich blieb standhaft.
Am Tag der Hochzeit war das Brautpaar farblich aufeinander abgestimmt: Alana trug ein schulterfreies, cremefarbenes Kleid, ich einen cremefarbenen Anzug mit rosa Krawatte. Die Zeremonie fand in privatem Rahmen statt, und zwar im Marmor-und-Glas-Ambiente von Tina Sinatras Haus. Tina war Alanas Trauzeugin, Billy Gaff meiner. Anschließend fuhren wir zum offiziellen Empfang ins L’Ermitage, dem französischen Restaurant auf dem La Cienega Boulevard. Niemand wusste, dass die Party unsere Hochzeitsfeier war. Selbst Tony Toon hatten wir im Unklaren gelassen – sonst hätten wir genauso gut einen Billboard auf dem Sunset Strip mieten können, um unser Vorhaben anzukündigen. Nichtsdestotrotz schienen sich einige Leute ihren Reim auf die Veranstaltung gemacht zu haben. Auf dem Bürgersteig vorm Restaurant wimmelte es nur so vor Fotografen, was wiederum die eintreffenden Gäste Verdacht schöpfen ließ. Uns sollte es egal sein, weil sich die Party als voller Erfolg entpuppte. Ursprünglich war auch geplant, die Hochzeitsnacht im Hotel Bel-Air zu verbringen, aber die Presseleute hätten uns vermutlich bis aufs Zimmer verfolgt. Also fuhren wir doch lieber in mein Haus in Carolwood – und genossen dort unser Glück.
Das Eheleben funktionierte so mühelos, als habe man nur den Lichtschalter umlegen müssen. Meine Zweifel verflogen, meine Ängste lösten sich in Luft auf, mein Fehltritt in Australien gehörte der Vergangenheit an. Ich wurde ein Ehemann – vernarrt in Alana, vernarrt in meine neue Rolle, vernarrt in das ganze Konzept der Ehe. Ich war auf Amerika-Tournee, flog aber nach jedem Konzert heim, um mit ihr zusammen zu sein. Gab es einen Grund, nicht von ganzem Herzen glücklich zu sein? Wir waren frisch vermählte Eheleute, der Nachwuchs bereits unterwegs. Natürlich ein Junge: Roderick Christian Stewart. Wir hatten uns bereits auf den Namen festgelegt, verzichteten aber darauf, uns vorab über das Geschlecht des Babys zu informieren. Schließlich wussten wir beide mit absoluter Sicherheit, dass es ein Junge werden würde.
Im August kam das Baby zur Welt, am erlösenden Ende der dreieinhalbstündigen Wehen, in deren Verlauf Alana der Texanerin in sich freien Lauf ließ – so lautstark, wie ich es noch nie gehört hatte. Aus ihrem Mund donnerten Flüche und Schimpfwörter, von denen ich nicht mal wusste, dass sie überhaupt existieren – nicht mal in Texas. Und auf die Welt kam … nicht etwa Roderick Christian, sondern Kimberly Alana. Natürlich gibt es auf der ganzen Welt nichts, das sich mit dem Erlebnis einer Geburt vergleichen lässt. Und natürlich gab es nichts, was sich mit meiner Tochter vergleichen ließ. Ich hielt sie im Arm, bevor man sie zu Alana legte. Der Arzt drückte sie mir in den Arm, und ich war von der ersten Sekunde an unsterblich in sie verliebt. Unsere Kimberly.
Nun waren wir also Eltern, hatten aber auch anderweitig alle Hände voll zu tun. Als Gastgeber angesagter Hollywood-Partys erlebten wir wahrlich rauschhafte Nächte. Alanas Kontakte hatten mir die Tür in eine Gesellschaft geöffnet, die mir normalerweise verschlossen geblieben wäre. Mehr als einmal kniff ich mich in den Arm und rieb mir ungläubig die Augen. Wir hatten an einem Ende unseres Hauses einen Ballsaal anbauen lassen – oben sogar mit zusätzlichen Balkonen – und veranstalteten außergewöhnliche Festivitäten, unglaublich aufwendige Partys mit Tischordnungen, Dekorationen, Bands, die zum Tanz aufspielten, und genauen Vorgaben, wie sich die Gäste zu kleiden hatten. Es war die Great-Gatsby-Phase unseres Lebens. Auf der Gästeliste standen Namen wie Barbra Streisand, Warren Beatty, Dustin Hoffman, Jack Nicholson, Anjelica Huston, Albert Finney, Linda Evans, Joan und Jackie Collins, Ryan O’Neal und Farrah Fawcett, mit der Alana eng befreundet war, und so weiter und so fort. Freunde fragen mich immer: »Wie sind diese Leute denn privat?« Nun, sie waren mir gegenüber alle extrem nett, aber andererseits sah ich sie natürlich nur, wenn sie
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