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Römer im Schatten der Geschichte

Römer im Schatten der Geschichte

Titel: Römer im Schatten der Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Knapp
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inneren Widerspruch. Geschickt taktierte er, der seine Freiheit zum Teil, wenn nicht ganz einer guten Beziehung zu seinem Herrn verdankte, auch in der Geschäftswelt, wusste, wann Willfährigkeit am Platz war und wann Beratung, wann er sich zurücknehmen, wann er sich durchsetzen musste und wie, ob nun in den Beziehungen zur Elite oder zur Subelite oder nur zu mächtigen freigeborenen Vorgesetzten oder anderen Freigelassenen. Zum Erfolg und zum Überleben begabt, war der typische Freigelassene vielseitig, sozial gewitzt und ökonomisch gerüstet – ein dynamischer Player in der Welt gewöhnlicher Römer.

EIN LEBEN IN WAFFEN:

SOLDATEN
    D as Zusammenziehen von Legionen, um den Sklavenaufstand des Spartacus niederzuschlagen, ein wilder Angriff auf kreischende Barbaren: Bilder des römischen Soldaten sind untrennbar mit den visuellen Eindrücken von Romanen, Film und Fernsehen verbunden. Doch was bedeutete es, das Leben eines römischen Legionärs zu führen, wenn man von den kurzen Augenblicken der Kampfdisziplin und des Todes, blutigen Gemetzels und beeindruckender Tapferkeit absieht? Die Quellen geben darauf keine Antwort. Sie erlauben es auch bei erschöpfender Befragung nicht, die Geschichte des einfachen Soldaten in irgendeinem Zeitabschnitt der ersten drei nachchristlichen Jahrhunderte zu erzählen. Doch lässt sich unter Benutzung von Material aus der gesamten Epoche ein allgemeines Bild entwerfen. Massierte Legionen, brüllende Barbarenhorden und Schlachtenmut – all das gab es, aber ich möchte hier von dem erzählen, was jenseits dieser »Höhepunkte« lag, von der gewöhnlichen Legionärsexistenz mit ihren Grenzen, ihrer Banalität und Spannung und ihren vielversprechenden Aussichten.
    Der einzelne Legionssoldat wird wie andere Römer im Schatten der Geschichte in den wichtigen klassischen Quellen so gut wie nie erwähnt. Er erscheint im Umfeld eines größeren Ganzen – der »Armee« oder einer »Legion« oder einer anderen Gruppierung. Nur in Ausnahmefällen und dann meist in halb-fiktionalen Situationen kommt ein Soldat in Texten von Schriftstellern der Oberschicht als Individuum vor. Für diese Autoren ist die Armee unterhalb der Kommandoebene, sehr seltene Situationen ausgenommen, eine undifferenzierte Masse, die eine Rolle in dem Drama der Elite spielte, das sie Geschichte nannten. Wenn Autoren dieses Standes sich herabließen, gewöhnliche Soldaten in ihre Überlegungenaufzunehmen, stellten sie gern heroische Leistungen ins Rampenlicht, nahmen aber letztlich meist gefährliche Gestalten wahr, unwissend, von niedriger Geburt und von rohen Instinkten beherrscht. Doch aus dem – sozialen, ökonomischen und kulturellen – Blickwinkel des einfachen Soldaten war sein Leben, obwohl es hart und höchst gefahrvoll sein konnte, weitgehend mit den Privilegien stabiler Verhältnisse und anderer Vorteile ausgestattet, auf die andere Teile der normalen Bevölkerung nicht hoffen durften. Das wird im Folgenden deutlich, wenn ich die Soldaten unter dem Gesichtspunkt ihrer Lebensbedingungen betrachte.
     
    Abb. 16. Soldaten im Kampf: Zwei Soldaten rücken vor, der eine mit gezücktem Kurzschwert
(gladius),
der zweite mit dem Speer
(pilum)
bewaffnet.
    Rekrutierung
    Die Zahl der neuen Rekruten pro Jahr war gering. Denkt man an die Legionen, die über das Reich verstreut waren, vergisst man leicht, dass dieDienstzeit lang war und die Verluste durch Kriege minimal. Etwa 7500 bis 10   000 neue Soldaten pro Jahr genügten, um die Stärke der Legionen aufrechtzuerhalten. Alle mussten freigeborene römische Bürger sein; Freigelassene wurden nur in wenigen Sondereinheiten zugelassen, und Sklaven waren während der Kaiserzeit wehruntauglich – nach Artemidor bedeutete der Traum eines Sklaven, als Soldat zu dienen, dass er freigelassen würde, da nur Freie in die Legionen eintreten konnten (
Traumbuch
1,5). Geht man davon aus, dass der Anteil der Bürger an der Gesamtbevölkerung bei etwa 9 Millionen lag, ist die Zahl benötigter Soldaten bescheiden. Die Legionen umfassten nicht zwingend die theoretisch vorgesehene Stärke von 6000 Mann, doch dafür waren finanzielle Gründe maßgeblich. Nicht belegen lässt sich, dass es schwierig gewesen wäre, die notwendige Zahl von Rekruten zusammenzubringen. Zwangsrekrutierungen – Konskriptionen – sind während der Kaiserzeit nur in wenigen Einzelfällen bezeugt. Wie die
Digesten
festhalten: »Meist wird die Zahl der Soldaten von Freiwilligen ergänzt« (16,4,10).
    Das Alter

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