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Römer im Schatten der Geschichte

Römer im Schatten der Geschichte

Titel: Römer im Schatten der Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Knapp
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sondern ist ins Lager gegangen, um in die Armee einzutreten. Es war nicht recht von dir, ihm zu raten, zur Armee zu gehen. Denn als ich zu ihm sagte, er solle nicht eintreten, sagte er zu mir: »Mein Vater sagte mir, ich solle in die Armee eintreten.« (
BGU
IV 1097)
     
    Nicht nur der emotionale Verlust eines Sohnes spielte dabei eine Rolle, sondern auch der praktische Nachteil, dass kurzfristig häusliche Arbeitskraft verlorenging und langfristig die Unterstützung durch einen erwachsenen Sohn im Alter. Zu rechnen war (wenn auch nicht unbedingt in der späteren Kaiserzeit) mit Truppenverlegungen in entfernte Regionen. Dann entfiel die direkte Unterstützung durch die Familie, entfiel angesichts der Langsamkeit des Briefverkehrs sogar jeder zügige Nachrichtenaustausch. Briefe aus Ägypten zeigen, dass auch Soldaten, die an entfernte Schauplätze abkommandiert waren, die familiären Bindungen aufrechterhielten. Zu Beginn fiel die Trennung von Heim und Familie vermutlich oft schwer, vielleicht sogar während der gesamten, jahrelangen Dienstzeit. In einem Brief des Ägypters Apion, der nach seiner Anwerbung zur Flotte am Kap Misenum in Italien verlegt wurde, kommt diese Situation berührend zum Ausdruck:
     
    Apion dem Epimachos, seinem Vater und Herrn, vielmals Grüße. Vor allem wünsche ich Dir Gesundheit, allzeit Wohlergehen und Glück samt meiner Schwester und deren Tochter und meinem Bruder. … es geht mir gut. Ich bitte Dich nun, o mein Herr Vater, schreibe mir ein Briefchen, erstens überDein Befinden, zweitens über das meiner Geschwister, drittens damit ich (die Schrift) Deiner Hand verehren kann, weil Du mich wohl erzogen hast … Grüße den Kapiton vielmals und meine Geschwister, Serenilla und meine Freunde. Ich habe Dir mein Bildchen durch Euktemon gesandt. … (
BGU
II 423 [= Campbell, Nr. 10]/Hengstl, Nr. 84)
     
    Die innere Verbundenheit mit der Familie hielt vermutlich manchen jungen Mann davon ab, sich zum Militärdienst zu melden. Doch der Lohn der Mühe, der in Aussicht stand, war potenziell hoch, und viele andere verließen die Familie und begannen ein neues Leben. In einer Welt chronischer Unterbeschäftigung, des Nahrungsmangels während der Wintermonate und von Katastrophen aller Art, die das Leben aus dem Gleis bringen konnten, bot die Armee die einzige Gelegenheit zu Vollbeschäftigung und regelmäßigem Lohn. Artemidor griff diese Realität auf und benutzte sie in seinen Traumdeutungen:
     
    Zum Heeresdienst eingezogen zu werden oder ins Feld zu ziehen bedeutet … Müßiggängern und Hungerleidern … Arbeit und Verdienst; denn der Soldat faulenzt nicht, noch fehlt es ihm an dem Notwendigen. (
Traumbuch
2,31)
     
    Die in der folgenden Inschrift angedeutete Erfahrung eines Seemanns, dass ihn der Militärdienst aus der Armut befreit habe, wurde von anderen Soldaten zweifellos geteilt:
     
    Lucius Trebius, Sohn des Titus, Vater [weihte dieses Grabmal]. Ich, Lucius Trebius Ruso, Sohn des Lucius, wurde in elendeste Armut geboren. Dann diente ich siebzehn Jahre als Marinesoldat an der Seite des Kaisers. Ich wurde in Ehren entlassen. (
CIL
V 938 =
ILS
2905, Augusta Bagiennorum, Italien)
     
    Soldat zu sein galt bei den Soldaten selbst wie auch in der Zivilbevölkerung als Beruf. In seine Beispiele für Menschen, die eine Arbeit tun und es verdienen, dafür bezahlt zu werden, schließt Paulus auch die Soldaten ein:
     
    Wer zieht jemals in den Krieg auf seinen eignen Sold? Wer pflanzt einen Weinberg, und ißt nicht von seiner Frucht? Oder wer weidet eine Herde, und nährt sich nicht von der Milch der Herde? (1. Korinther 9,7)
     
    Bei Horaz (
Satiren
2,23 – 40) erscheint neben dem Bauern, Gastwirt und Matrosen ein Soldat als Beispiel für hart arbeitende Männer, die erwartungsvoll ihrem Ruhestand entgegenblicken. An Möglichkeiten für materiellen Gewinn fehlte es nicht. Da war zunächst die Besoldung. Der Sold eines Soldaten entsprach etwa dem anständigen Tageslohn eines Arbeiters in der zivilen Welt – doch der Soldat erhielt ihn an jedem Tag des Jahres, während der Zivilist wegen der im Altertum durchgehend herrschenden Unterbeschäftigung oft ohne Arbeit war. Dokumente aus Ägypten zeigen, dass trotz verschiedener Abzüge und Ausgaben 25 Prozent eines Jahressolds gespart wurden. Im Lauf seiner Dienstzeit rückte ein Soldat vielleicht auch in einen höheren Rang und damit in eine höhere Gehaltsstufe auf – der Sold konnte dann das Anderthalbfache oder sogar Doppelte dessen betragen,

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