Römer im Schatten der Geschichte
ungerechten Maßnahmen drangsaliert werden, indem etwa ihr einziger Raum mit Tageslicht oder ihr geringer Hausrat anderen zum Gebrauch übergeben wird. Der Provinzstatthalter muss dafür sorgen, daß nicht gewisse Personen, um ungerechtfertigte Vorteile für sich selbst zu erlangen, im Namen des Militärs Leistungen erzwingen, die im allgemeinen nicht zu dessen Bedarf gehören. (
Digesten
1,18,6,5 – 6)
Die Arroganz, die Apuleius schildert, war ein normaler Teil der Soldatenexistenz. Als Mitglied einer eigenen Gruppe innerhalb der Gesellschaft, die nur ihren vorgesetzten Offizieren – wahrscheinlichen »Spießgesellen« – verantwortlich war, genoss der Soldat seine Macht in einer Welt, in der relative Macht das einzige Mittel war, seine Forderungen durchzusetzen – oder die Forderungen anderer abzuwehren. Für den Soldaten war dies ein entschieden positiver Aspekt seiner Tätigkeit.
In den Erzählungen von Petron und Apuleius bleibt als einzige der soldatischen Unsitten die Bestechung unerwähnt. Seine Lebensumstände erlaubten es dem armen Gärtner vermutlich nicht, dem Soldaten ein Bestechungsgeld anzubieten. Ein großer Teil der Zivilgesellschaft jedoch war dazu durchaus in der Lage. In der Ostergeschichte werden die Soldaten bestochen:
Da sie aber hingingen [vom leeren Grab], siehe, da kamen etliche von den Hütern in die Stadt und verkündigten den Hohepriestern alles, was geschehen war. Und sie kamen zusammen mit den Ältesten und hielten einen Rat und gaben den Kriegsknechten Gelds genug und sprachen: Saget: Seine Jünger kamen des Nachts und stahlen ihn, dieweil wir schliefen. Und so es würde auskommen bei dem Landpfleger, wollen wir ihn stillen und schaffen, dass ihr sicher seid. Und sie nahmen das Geld und taten, wie sie gelehrtwaren. Solches ist eine gemeine Rede geworden bei den Juden bis auf den heutigen Tag. (Matthäus 28,11 – 17)
Ein Soldat ging davon aus, dass die Annahme von Bestechungsgeld Teil seiner Sonderrechte war, besserte seinen Sold entsprechend auf und schenkte dem oben zitierten Rat Johannes’ des Täufers, sich mit seinem Sold zufrieden zu geben, keine Beachtung.
Soldaten, Frauen und Ehe
Der umstrittenste Aspekt des militärischen Lebens sowohl für den einfachen Soldaten des Altertums wie für die heutige wissenschaftliche Diskussion war das sogenannte Heiratsverbot. Augustus hatte zwei Gesetze erlassen, die offenbar zueinander in Widerspruch standen: Einerseits unterstützte die
Lex Papia Poppaea
Familiengründung und Kinderreichtum, andererseits untersagte ein Gesetz oder Erlass unbekannten Namens den Soldaten die Heirat und verhinderte so, dass sie eine rechtlich anerkannte Familie gründeten. Dieses Nebeneinander von Verfügungen gibt zwei sich widersprechende Ziele der augusteischen Gestaltung der römischen Gemeinschaft zu erkennen.
Während der Frühen und Mittleren Republik rekrutierte sich die Armee aus den Familien und kannte nur einen Wehrdienst auf Zeit. Das Ideal des Bauern-Soldaten war in Praxis und Mythos verankert: der Bauer, der Heim und Familie verlässt, um seiner Gemeinschaft zu dienen, manchmal für lange Zeitspannen an weitab gelegenen Orten, dann zurückkehrt, um erneut hinter dem Pflug zu gehen. Als dieses Bild während des 2. vorchristlichen Jahrhunderts mehr Mythos als Praxis wurde, traten an die Stelle der Bauernrekruten allmählich Soldaten, die zunehmend an ihre Generäle gebunden waren – als Quelle von Belohnungen in der Schlacht und nach ausgedehnten Feldzügen. Ihren Höhepunkt erreichte diese Entwicklung während der Bürgerkriege von Pompeius und Caesar, Octavian und Antonius, als die Soldaten mehr und mehr die Zerrissenheit der Gemeinschaft statt deren stabiles Fundament repräsentierten.
In dieser Situation erkannte Octavian-Augustus, dass er die Armee auf jede mögliche Art unter Kontrolle halten musste, um zu verhindern, dasssie weiterhin der Motor der Spaltung blieb, dem er selbst allerdings seine Machtstellung verdankte. Das gelang ihm auf administrativer Ebene, indem er Anwerbung, Stationierung und Kommando in praktisch allen Legionen in den Provinzen persönlich kontrollierte oder durch vertrauenswürdige Stellvertreter überwachen ließ. Damit war ausgeschlossen, dass sich andere erhoben und eine Armee gegen ihn ins Feld führten.
Es ging aber nicht allein darum, durch militärische Verfügungen die Möglichkeit einer Erhebung neuer militärischer Kriegsherren auszuschalten. Ein weiteres Problem für Augustus war
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