Römer im Schatten der Geschichte
bind sie in Maultierleder und häng es um« (
PGM
LXIII 26 – 28). Man versuchte es auch mit »Knaus-Ogino« – doch wenn die Ärzte
meinten,
die weibliche Ovulation zu verstehen, hatten sie sich verrechnet. Die Zeitabschnitte, die sie als sicher für den Geschlechtsverkehr empfahlen, waren tatsächlich die fruchtbarsten Perioden der Frau. Praxisnäher waren Pessare und Salben; die den Uterus »verschließen« und so die Empfängnis verhindern sollten. Eine häufig gebrauchte Zutat war Öl, das mit Ingredienzien wie Honig, Blei oder Weihrauch zu wahrscheinlich unwirksamen Mixturen vermischt wurde. Auch mancher Trank wurde empfohlen, etwa eine Kombination aus Weidenholz, Eisenrost und Eisenschlacke, fein gemahlen und mit Wasser verrührt, oder ein Getränk aus den mit Wasser vermischten Wurzeln des männlichen und weiblichen Farnkrauts. Außerdem gibt es archäologische wie auch Textbelege dafür, dass Frauen zur Verhütung Schwämme und andere hemmende Stoffe verwendeten, die mit gewöhnlichem Essig als Spermizid – und das ist er – getränkt waren und extensiv benutzt wurden. Dass eine der vielen Praktiken, die von der Volks- und Schulmedizin als Renner angeboten wurden, zum erwünschten Ergebnis führte, dürfte natürlich oft Zufall gewesen sein, verleitete die Prostituierten aber, zu solchen Methoden zu greifen. Tatsächlich aber war Empfängnisverhütung wohl nicht viel mehr als reine Glückssache.
Wenn es zu einer Schwangerschaft gekommen war, war die Abtreibung eine weitere Möglichkeit der Geburtenkontrolle. Als medizinischer Eingriff kam sie selten vor, und medizinische Autoren rieten davon alsäußerst gefährlich ab. Es gab jedoch verschiedene Getränke, denen man abtreibende Wirkung garantierte. Sie wurden oral oder als Vaginalzäpfchen verabreicht; in beiden Fällen führten irrige physiologische Vorstellungen zu Verfahren von zweifelhaftem Wert, auch wenn einige Mischungen des Gebräus vielleicht tatsächlich wirkten. Wurde das Kind ausgetragen, konnte es nach der Geburt getötet oder ausgesetzt werden.
In heutiger Zeit besteht für die Gesundheit von Prostituierten und Kunden die sehr akute Gefahr sexuell übertragbarer Krankheiten. In dieser Hinsicht hatte die Prostituierte der römisch-griechischen Welt weniger zu befürchten. Das höchst gefährliche HIV-Virus existierte im Altertum natürlich noch nicht, und Syphilis war unbekannt. Allerdings wird darüber unter Medizinhistorikern seit langem lebhaft diskutiert. Einige betrachten die Syphilis als Krankheit der Neuen Welt, die als Teil des »kolumbianischen Austausches« nach Amerika gelangte, andere berufen sich auf Belege aus der Antike, dritte wiederum vertreten die These des doppelten Ursprungs; doch hat die Analyse alter Skelette schlüssig bewiesen, dass Syphilis im westlichen Altertum nicht existierte. Symptome, die einige Wissenschaftler auf diese Krankheit zurückführten, lassen sich durch andere Krankheiten erklären, die ähnliche Symptome zeigen. Eine Dirne brauchte sich also zumindest über diese Geißel des Bordelllebens keine Gedanken zu machen. Der Tripper, die zweitgefährlichste sexuell übertragbare Krankheit, könnte in der römischen Welt existiert haben, weil er aber keine Spuren in den Knochen hinterlässt, hilft die Osteologie hier nicht weiter, und die Hinweise von medizinischen Autoren sind nicht überzeugend. In den Werken dieser Autoren finden sich jedoch schlüssige Hinweise auf zwei weniger bedrohliche, doch schmerzhafte Geschlechtskrankheiten mit schädlichen Folgen: die genitale Herpes (Chlamydien-Infektion) und die genitalen Warzen (Kondylome). Seltsamerweise bringt jedoch keiner der Autoren diese oder andere Infektionen in direkten Zusammenhang mit dem Geschlechtsverkehr. So ärgerlich diese beiden Leiden sein mochten, die Prostituierten brauchten bei der Ausübung ihres Gewerbes immerhin nicht mit der Bedrohung durch lebensgefährdende sexuell übertragbare Krankheiten zu rechnen. Zumindest in diesem Punkt war das Leben in jenen alten Zeiten sicherer als heute.
Fazit
Die Prostitution war in der Mittel- und Unterschicht der römisch-griechischen Welt weit verbreitet. Sie bot Kindern, Frauen sowie einigen Männern eine Lebensmöglichkeit und Männern eine entkrampfte Form sexueller Befriedigung. In diesem ältesten Gewerbe arbeiteten Frauen sowohl aus freier Entscheidung als auch aus Notwendigkeit oder unter Zwang, Freie ebenso wie Sklavinnen. Ging man durch die Straßen einer Stadt, sah man die Dirnen rund
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