Römer im Schatten der Geschichte
Freien, die sich aus eigenem Antrieb für die Arena entschieden hatten. Dem Sklaven als Eigentum eines anderen blieb keine Wahl. Für den Sklavenbesitzer gab es zwei Gründe, seinen Sklaven zum Gladiator zu machen: den Wunsch nach Vergeltung und den nach Gewinn. Vielleicht wollte er einen Sklaven, der nicht parierte, loswerden und ihn an einen Agenten für Gladiatoren verkaufen. Vielleicht wollte eraber auch die besonderen Körperkräfte und Fähigkeiten eines Sklaven nutzen und ihn darum zum Training für die Arena verkaufen. Freiwillige hingegen gingen die vertragliche Verpflichtung, Gladiatoren zu werden, aus eigenem Antrieb ein, wie ein pompejanischer Graffito zeigt:
Severus, ein freier Mann, 13 (Siege).
Albanus, linkshändig, ebenfalls frei, 19 (Siege); gewonnen. (
CIL
IV 8056/ nach Hunink, Nr. 39)
Sich selbst unter Vertrag zu stellen –
auctoratus
ist der lateinische Begriff – war ein Rechtsgeschäft: Der Freiwillige erhielt ein Handgeld sowie im Erfolgsfall ein Preisgeld und verpflichtete sich seinerseits zu Ausbildung und Kampf. Insbesondere bekräftigte er durch Eid, seine Rechte auf gesetzlichen Schutz aufzugeben, und versprach, sich in seiner vereinbarten Stellung »verbrennen, fesseln, schlagen und töten« zu lassen. Das bedeutet jedoch keine Unterwerfung unter die Sklaverei. Am ehesten, wenn auch nicht wirklich vergleichbar wäre dieser Zustand mit dem Eintritt in die Armee, wo die Dienstzeit ebenfalls beschränkt ist, auf Rechtsansprüche verzichtet und ein Eid geleistet wird, der das Versprechen einschließt, für den Kaiser zu sterben. Dem Gladiatoreneid begegnen wir in Petrons
Satyrica
. Um sich die Sympathie möglicher Patrone zu erschleichen, unterbreitet der Antiheld Eumolpus ihnen einen Plan:
… »Macht mich also zu eurem Herrn, wenn das Geschäft recht ist!« Niemand unternahm einen Vorstoß, einen Trick zu verwerfen, der nichts kostete. So schworen wir, um dem Schwindel bei allen Bestand und Sicherheit zu geben, den von Eumolpus vorgesprochenen Eid: uns brennen, fesseln, peitschen sowie mit dem Schwerte richten zu lassen, und was Eumolpus sonst alles anordnen würde. Wie richtige Gladiatoren verpflichteten wir uns unserem Herrn hochheilig mit Leib und Seele. (
Satyrica
117,5)
Der Vertrag des freiwilligen Gladiators galt für eine festgesetzte Zeit, und obwohl dieser sich auf sehr harte Bedingungen eingelassen hatte, wurden ihm die Forderungen vermutlich erlassen, wenn der Vertragspartner seinen Teil der Vereinbarung, besonders was den Bonus und die Bezahlung für die Auftritte betraf, nicht erfüllte.
Das Verhältnis von Sklaven und Freiwilligen bei den Kampfveranstaltungen ist unbekannt. Die wenigen, stark beschädigten Listen vonGladiatoren, die erhalten sind, führen Sklaven und Freie auf, doch scheint der Anteil der Sklaven zu überwiegen. Die meisten Epitaphe stammen von Freien oder Freigelassenen, doch dürften die Grabsteine nur einen Bruchteil der vielen Gladiatoren repräsentieren, die in der Arena kämpften. Außerdem standen die Mittel und die Beziehungen, die nötig waren, um einen Gedenkstein errichten zu lassen, wahrscheinlich eher den freien und freigelassenen Kämpfern zur Verfügung. Freie Gladiatoren galten verglichen mit den Sklaven im Allgemeinen als die besseren Kämpfer, weil sie den Beruf freiwillig aufgenommen hatten. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie den Sklaven gegenüber in der Arena auch die Mehrheit bildeten. Das genaue Verhältnis ist letzten Endes nicht bestimmbar.
Abb. 29. Gladiatorinnen auf einem Relief aus Halikarnassos: Üblich war es keinesfalls, aber auch Frauen fochten in der Arena. Hier kämpfen zwei Fechterinnen, Achillia und Amazon, bis zu einem ehrenhaften Unentschieden.
Auch einige Frauen wurden Gladiatoren. Auf einem Relief aus Halikarnassos (Türkei), heute im Britischen Museum in London, sind zweivon ihnen im Kampf zu sehen, »Amazon« und »Achillia« (Abb. 29). Die Inschrift hält fest, dass sie ein ehrenhaftes Unentschieden erkämpften, also vermutlich erneut antraten. In der Literatur der Oberschicht wird verschiedentlich die Entehrung vornehmer Frauen erwähnt, die in der Arena kämpfen, und die Schändlichkeit der von den Kaisern veranlassten Darbietungen mit Frauen (und Zwergen) angeprangert. Eine Inschrift aus Ostia prahlt damit, Frauen aufs Kampffeld zu schicken:
Hostilianus, Bürgermeister, Quästor und Oberpriester in Ostia, ließ per Dekret des Stadtrats die Iuvenalia veranstalten. Er war der Erste
Weitere Kostenlose Bücher