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Römer im Schatten der Geschichte

Römer im Schatten der Geschichte

Titel: Römer im Schatten der Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Knapp
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nach vorn zu drängen, sei es nach Rang oder Reichtum. Als Gladiator jedoch verfügte ein junger Mann über eine Währung, die in allen Gesellschaftsschichten in Geltung war: überragenden Mut, physische Kraft und Gewandtheit (besonders im Waffengebrauch) sowie Ausdauer. Der siegreiche Kampf als positiver Test seiner Männlichkeit katapultierte ihn auf die Höhen sozialer Verehrung, denn herausragende Tapferkeit (latein.
virtus
von
vir
= Mann) war Trumpf und stach sogar Geld, Geburt und Bildung, wo es darum ging, Bewunderung zu wecken. Vom Standpunkt der Elite aus erklärt diese Tatsache zumindest einen Teil der Angst, mit der man den Gladiatoren begegnete: Sie errangen ein Ansehen und eine Anerkennung, die den Glanz der Elite überstrahlen konnte. Zunächst ging es einem jungen Mann, der die Karriere eines Gladiators anstrebte, aber nicht um hohe Ziele dieser Art, sondern um die Sicherung von Kost und Logis sowie um einen geregelten Verdienst. Hinzu kam die Möglichkeit, Beifall zu finden, ein Star zu werden:
     
    Männer trainieren und mühen sich ab im weltlichen Wettkampf und halten es für den Ruhmestag ihrer Ehre, wenn sie bei den Zuschauern und dem anwesenden Kaiser gewinnen. (Cyprian,
Briefe
58,8)
     
    In Grabinschriften von Gladiatoren sticht diese Fixierung auf den Ruhm ins Auge: »Ich bin berühmt unter Männern, die mit Waffen kämpfen«, »An Ruhm unter allen Männern fehlte es mir nicht« (Robert, Nr. 69 und 260). Sie sonnten sich im Erfolg ihrer Kraft, ihres Könnens und Wagemuts und der Bezwingung aller Rivalen. Sie kannten die faszinierende Kraft dieses Ruhms. Es konnte den bereits aktiven wie auch potenziellen Kämpfern nicht entgehen, dass ihnen, wie Tertullian bemerkt (
Über die Spiele
22,2), »Männer ihre Seelen unterwerfen, die Frauen aber sogar auch noch ihre Körper preisgeben«.
    Das Gefühl der Überheblichkeit, stimuliert besonders durch den Pomp und das Gepränge, das die Kämpfe in der Arena umrahmte, gab dieser sehr natürlichen Ruhmbegierde neue Nahrung. Am Tag vor den Kämpfen zogen die Männer, die daran teilnehmen würden, in einer Prozession durch die Stadt. Ihre Begeisterung und ihr gutes Aussehen genügten, umandere mitzureißen, so auch die Freunde, die Lukian in seiner Erzählung schildert:
     
    Des folgenden Morgens, als er auf dem Markte herumgeht, wird er einen Aufzug schöner und vornehmer junger Leute, wie sie ihm vorkommen, gewahr, die aber (wie es sich zeigte) eigentlich nichts als Gladiatoren waren, die die Tage darauf für Lohn gedungen öffentlich fechten sollten. (
Toxaris
, Bd. 3, S. 264)
     
    Der Freund lässt sich begeistern, sein Geld auf dieselbe Weise zu verdienen, meldet sich und unterschreibt. Diese Art der Verpflichtung war kein wahrscheinliches Szenarium – Gladiatoren wurden schließlich zu Kämpfern ausgebildet und nicht auf der Straße aufgelesen –, doch der Enthusiasmus der Männer, die vor Gladiatorenspielen über den Marktplatz zogen, war es zweifellos. Am Tag nach dem Umzug saßen die Kombattanten locker zurückgelehnt auf einer Liege, nicht auf den üblichen Schemeln um den Tisch, und verzehrten gemeinsam ein feierliches Mahl, die
cena libera,
wörtlich das »freie Mahl«, will heißen, sie konnten essen, was sie wollten, und ihre Trainingsdiät außer Acht lassen. Es war ein Tag der Befreiung von allen Regeln und Vorschriften, der von diesem Festmahl gekrönt wurde. Nicht alle Gladiatoren waren so überheblich, dass sie die Gefahren, die sie in den nächsten Stunden erwarteten, ignorierten und nur den Überfluss genossen, der ihnen am Tag der Freiheit gewährt wurde; es gab andere, die statt dessen Vorsorge trafen für Besitz und Familie:
     
    Selbst an den Gladiatoren, die nicht die reinen Wilden, sondern Griechen sind, bemerke ich, wenn sie im Begriff sind, den Kampfplatz zu betreten, und ihnen mancherlei köstliche Speisen angeboten werden, dass sie in solcher Lage lieber ihre Weiber der Obhut ihrer Freunde anvertrauen und ihren Sklaven die Freiheit schenken als sich an Bauchesgenüssen ergötzen werden. (Plutarch,
Moralia

Moralische Schriften. Beweis, dass man nach Epikur überhaupt nicht vergnügt leben kann
[1099])
     
    Beim »letzten Festmahl« war als Teil von Prunk und Werbung das Publikum zugelassen und durfte sich unter die Feiernden mischen. Davon zeugt die Schilderung des letzten Mahles der (bald) heiligen Perpetua vor ihrer Hinrichtung als Verbrecherin – auch Kriminellen wurde diese
cena libera
zuteil:
     
    Auch am Tag vor

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