Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Römer im Schatten der Geschichte

Römer im Schatten der Geschichte

Titel: Römer im Schatten der Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Knapp
Vom Netzwerk:
den Spielen, als sie jenes letzte Mahl, das man das Freimahl nennt, soweit es sie berührte, nicht als Frei- sondern als Liebesmahl begingen, schleuderten sie mit der gleichen Freimütigkeit Worte ins Volk und drohten das Gericht Gottes an, beteuerten die Glückseligkeit ihres Martyriums, höhnten über die Neugier der Zusammenströmenden. Saturus sagte: »Der morgige Tag ist euch nicht genug? Warum schaut ihr so gerne an, was ihr haßt? Heut’ Freund, morgen Feind. Prägt euch jedoch unsere Gesichter sorgfältig ein, damit ihr uns an jenem Tag wiedererkennt.« Da gingen alle erschüttert von dannen; viele von ihnen fanden zum Glauben. (
Perpetua und der Ägypter
17)
     
    Die Zaungäste, die sich als Zuschauer zu dem pompösen Festschmaus einfanden, warfen den Gladiatoren beifällige und kritische Bemerkungen zu und befassten sich auf ihre Art mit dem bevorstehenden Ereignis. Wären Autogramme Teil der damaligen Kultur gewesen, hätte man die Namen vermutlich als Souvenirs auf Miniaturschwerter oder Tonhelme gekritzelt.
    Der Beruf des Gladiators weckte also leidenschaftliche Anteilnahme und bewundernde Anerkennung. Auch die Gladiatoren selbst sonnten sich in der Begeisterung, die sie auslösten. Ihre Epitaphe halten solche Gefühle fest: »laute Rufe durchtosten das Publikum, als ich Sieger wurde«, »ich war ein Liebling der Menge im Stadion« (Robert, Nr. 55 und 124). Ein pompejanischer Gladiator nahm sogar den »Arena-Namen« Celadus an, der vom griechischen Wort für »Lärm« abgeleitet ist. Sehr anschaulich berichtet Augustinus, wie die Arena einen jungen Mann namens Alypius in Bann schlug:
     
    Doch hatte er die ihm von seinen Eltern angepriesene irdische Laufbahn nicht verlassen, sondern war mir nach Rom vorausgegangen, um Rechtswissenschaft zu studieren. Hier nun ließ er sich unverständlicherweise von geradezu unbegreiflicher Leidenschaft für die Gladiatorenschauspiele hinreißen. Denn obwohl er gegen derlei Widerwillen und Abscheu empfand, ließ er sich doch von einigen Freunden und Mitschülern, denen er zufällig auf dem Heimweg von der Mahlzeit begegnete, trotz heftigen Widerstrebens und Sträubens mit freundlicher Gewalt ins Amphitheater führen. Es waren nämlich gerade die Tage, an denen jene grausamen und schaurigen Spiele stattfanden … Er sagte ihnen: »Mögt ihr immerhin meinen Leib dahinschleppen; werdet ihr auch meinen Geist und meine Augen zwingen können, auf die Schauspiele achtzugeben? Wenn auch anwesend, werde ich doch abwesend sein und so über euch und die Spiele triumphieren.« Sie hörten sich das an und führten ihn nichtsdestoweniger mit sich. Sie waren wohl begierig zu sehen, ob er seinen Vorsatz würde ausführen können. Als man nun angekommen war und sich, wo Plätze frei waren, niedergesetzt hatte, flackerte überall bereits die wildeste Lust. Er aber schloss die Pforten seiner Augen und untersagte seinem Geist, an diesen Greueln Anteil zu nehmen. Hätte er doch auch seine Ohren verstopft! Denn was geschah? Als bei einem Zwischenfall des Kampfes das ganze Volk in ungeheures Geschrei ausbrach, wurde er so erschüttert, dass er, von Neugier überwunden und vielleicht sich einredend, er werde, was er auch erblicken möge, es verachten und Herr darüber werden, die Augen aufschlug. Da ward seiner Seele eine schwerere Wunde geschlagen als dem Leib dessen, den zu sehen ihn gelüstete, kam er jämmerlicher zu Fall als jener, dessen Fall das Geschrei verursacht hatte … Denn sobald er das Blut sah, durchdrang ihn wilde Gier, konnte er sich nicht mehr abwenden, sondern war von dem Anblick wie gebannt, schlürfte Wut ein und wusste es selbst nicht, hatte seine Wonne an dem frevlen Kampf und berauschte sich an grausamer Wollust. Nun war er nicht mehr, der er gekommen war, sondern nur noch einer aus der Masse, der er sich angeschlossen, und in Wahrheit ein Geselle derer, die ihn hergeführt. Was weiter? Er schaute, schrie, glühte und nahm seinen Wahnsinn mit nach Hause, der ihn stachelte, nicht nur wiederzukommen mit denen, die ihn verleitet, sondern es ihnen zuvorzutun und andere nach sich zu ziehen. (
Bekenntnisse
6,8)
     
    Der Enthusiasmus der Menge konnte sich leicht bis zu tumultartigen Unruhen steigern. Über die Literatur der Oberschicht verstreut finden sich immer wieder Beispiele dafür, dass das Publikum im Schutz der Massen – der sich manchmal als illusorisch erwies – beleidigende Rufe gegen den Kaiser richtete. Ja, die Versammlung des gemeinen Volkes an solchen

Weitere Kostenlose Bücher