Römer im Schatten der Geschichte
zu laut hatten sie vom ganzen Publikum ›Gebt es ihnen!‹ zu hören bekommen, diese kompletten Hasenfüße. (
Satyrica
46)
Außerhalb der Arena waren die Fechter Objekte der populären Kultur. Gladiatorenmotive fanden sich auf Lampen (Abb. 30) und extravaganten Glaskrügen. Trimalchio besaß kostbare Becher, die mit Szenen aus einem offenbar monumentalen Kampf zwischen zwei berühmten Gladiatoren, Petraites und Hermeros, illustriert waren, und er plante weitere Szenen aus Petraites’ Siegen auf sein Grabmal meißeln zu lassen (
Satyrica
52,71). Kinder verkleideten sich und spielten Gladiatoren. Angesichtsdieses Tamtams um die Publikumsmagneten ist es wenig erstaunlich, dass ein Gladiator, einmal in Dienst genommen, darauf brannte, zum Einsatz zu kommen:
Abb. 30. Souvenirs aus der Arena waren beliebt: Hier sieht man zwei kunstvoll gestaltete Lampen in Form von Gladiatorenhelmen.
Aber freilich, unter den Fechtern des Kaisers gibt es Leute, die ungehalten werden, wenn man sie nicht vorführt und ihnen keinen Gegner stellt. Sie rufen Gott darum an; sie liegen dem Oberaufseher in den Ohren, daß sie doch auch zum Zweikampf gelangen mögen. (
Epiktets Gespräche
1,29,37)
Denn den süßen Ruhm gewann und wahrte sich der Fechter im Kampf.
Bei allem Kitzel wusste der Gladiator jedoch auch, dass er alles aufs Spiel setzte. Dieses Wissen spricht aus einer kretischen Grabinschrift: »Der Preis war nicht ein Palmzweig; wir kämpften um unser Leben« (Robert, Nr. 66). Die Rechnung ging nicht immer auf, wie der folgende Epitaph eindrucksvoll belegt:
Den im Stadion so Beherzten siehst du jetzt als Leichnam, Vorübergehender, den
retiarius
aus Tarsus, Mitglied der zweiten Truppe, Melanippos [mit Namen]. Nicht länger höre ich den Klang der Trompete aus gehämmerter Bronze, noch errege ich das laute Tönen der Flöten während einseitiger Wettkämpfe. Man sagt, dass Herakles zwölf Arbeiten vollendete; ich aber, nachdem ich dieselbe [Zahl] vollendet hatte, fand bei der dreizehnten den Tod. Thallos und Zoe errichteten dies als Denkmal für Melanippos auf eigene Kosten. (Robert, Nr. 298)
Die spärlichen epigraphischen Belege deuten darauf hin, dass vielleicht 20 Prozent der Teilnehmer an Kampfspielen zu Tode kamen. Wenn alle von ihnen Zweikämpfe ausfochten, dann führte eins von zehn Duellen zum Tod eines der Kämpfer. Andere Wissenschaftler allerdings sehen die Todesrate bei 5 Prozent oder einem tödlichen Ende auf zwanzig Partien. Wer mehr als zehn Zweikämpfe überlebte, für den stiegen die Chancen beiden Berechnungen nach beträchtlich. Am höchsten war die Wahrscheinlichkeit zu sterben im ersten oder zweiten Kampf (George Ville zieht hier einen erstaunlichen Vergleich mit den Luftkämpfen im Ersten Weltkrieg). Wer sein Debüt und den Folgekampf überlebte, erfocht oft zahlreiche weitere Siege. In außergewöhnlichen Fällen endete jeder Kampf tödlich, ein kostspieliges Ergebnis, dessen sich im Folgenden dennoch ein Sponsor, der viel Geld verloren hatte, brüstete:
Hier in Minturnae [Italien] hat Publius Baebius Iustus, Bürgermeister, zu Ehren seines hohen Amtes elf Kampfpaare erstklassiger Gladiatoren aus Kampanien aufgestellt; in jedem Kampf wurde ein Mann erschlagen. (
CIL
X 6012 =
ILS
5062)
Doch hatte ein Mann einmal in der Arena Fuß gefasst, sah er möglicherweise einer langen Karriere entgegen. Es gibt Inschriften mit der stolzen Erwähnung von zwischen fünfzig und über hundert Siegen. Solch ein Beispiel eines Gladiators mit langer Laufbahn findet sich im Epitaph des Flamma (»Flamme«), eines
secutor
, das heißt eines Schwerbewaffneten, der normalerweise gegen einen
retiarius
antrat, der mit Schwert und Netz kämpfte (vgl. Taf. 28 und 30):
Flamma der
secutor
lebte dreißig Jahre und kämpfte 34 Mal. Er erfocht 21 volle Siege; erkämpfte neunmal ein Unentschieden; wurde viermal ehrenhaft besiegt. Er stammte aus Syrien. Delicatus [der Herrliche] errichtete dies für seinen verdienstvollen Kampfgenossen. (
ILS
5113, Palermo)
Flamma kämpfte also ungefähr dreizehn Jahre lang, von etwa siebzehn bis dreißig, und damit im Durchschnitt 2,5 Mal jährlich, häufiger als die meisten. Von den fünfzehn Gladiatoren, deren Geschichte bekannt ist, kämpften die meisten weniger als zweimal pro Jahr; einige wenige traten vielleicht mehr als dreimal auf – einige allerdings absolvierten ihre Kämpfe in schnellerer Folge, wie ein Graffito zeigt, das die Spiele eines Sommers
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