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Römer im Schatten der Geschichte

Römer im Schatten der Geschichte

Titel: Römer im Schatten der Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Knapp
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neue Männer für die Bande rekrutieren könne, weil es draußen so viele Arme und Hoffnungslose gebe (
Der goldene Esel
7,4). In den
Ephesiaca (Die Waffen des Eros)
des Xenophon von Ephesos hofft Hippothoos, in Mazakos, einer Stadt in Kappadokien, »gesunde und kräftige junge Leute« anwerben zu können (S. 127 [2,11 – 14]). In
Chaereas und Callirhoe
durchstreift Theron die Hafenbordelle und -kneipen auf der Suche nach Männern für seine Crew. Strabon bezeugt, dass die verbreitete Armut und das harte Leben die Menschen dazu trieb, sich den Piraten anzuschließen. Und als der Bandit Bulla einen Zenturio gefangen nahm, »bestieg Bulla in Amtskleidung ein Tribunal, rief den Zenturio herbei, ließ ihm einen Teil des Kopfes kahl scheren und gab ihm den Auftrag: ›Melde deinen Gebietern: Ihr sollt eueren Sklaven genug zu essen geben, damit sie nicht zu Räubern werden!‹« (Cassius Dio,
Römische Geschichte
77,10,5). Dio fährt fort: »Bulla hatte tatsächlich eine sehr große Zahl kaiserlicher Freigelassener um sich, die entweder schlecht entlohnt waren oder überhaupt keine Bezahlung empfingen.« Im 6. Kapitel habe ich auf die Lebensumstände von Soldaten nach der Entlassung hingewiesen, die oft zu einem Abgleiten in die Gesetzlosigkeit führten. Ein Beispiel vom anderen Ende des Spektrums führt Xenophon in den
Ephesiaca
an: einen Adligen, der nach Niederlagen und Rückschlägen das Leben eines Banditen begann. Hippothoos, ein wohlhabender junger Mann in Perinth, Thrakien, hat homosexuelle Kontakte zu Hyperanthes (der in einem Schiffswrack stirbt), wird daraufhin in einige Abenteuer verwickelt und macht sich dann auf den Weg nach Pamphylien:
     
    … hier, in meiner Not und in meiner Verzweiflung über mein Unglück, ergab ich mich dem Raub. Anfangs war ich nur ein Mitglied in der Räuberbande, schießlich aber stellte ich in Kilikien eine eigene Mannschaft auf, die sich weithin einen Namen machte, bis endlich meine Leute gefangengenommen wurden, kurz bevor ich dich traf. (
Die Waffen des Eros
S. 129 [3,2])
     
    Heliodor erzählt von einem Banditen ähnlicher Herkunft. Dieser Anführer einer Bande, heißt es, »stamme aus einem angesehenen Geschlechte und habe sein gegenwärtiges Leben aus Not gewählt«. In Memphis als Sohn eines Hohenpriesters geboren, war er von einem jüngeren Bruderunrechtmäßig verdrängt worden und hatte sich unter die Banditen begeben, »um Rache zu erlangen und die Würde wieder an mich zu bringen« (
Äthiopische Geschichten
1,19). Auch wenn keine Namen genannt werden, darf man annehmen, dass es in der stratifizierten Gesellschaft einen Anteil Außenseiter und Taugenichtse gab, die sich in dieses Gefüge nicht einordnen konnten oder wollten und in die Gesetzlosigkeit flüchteten.
    Einige allerdings müssen aus reiner Habsucht zum Banditentum gefunden haben und nicht aufgrund verzweifelter Umstände. Apollonios behauptet zwar, einen Anwerbungsversuch durchkreuzt zu haben, doch die Erzählung lässt erkennen, welche Versuchung das Dasein jenseits der Gesetze für gute Bürger darstellen konnte:
     
    Da sprach Apollonios. »Da du das Gespräch auf meine Seefahrererleben gebracht hast, so höre denn, welche gesunde Tat ich damals meiner Ansicht nach vollbracht habe! Einst lagen in der Phönizischen See Piraten auf der Lauer. Auch in den Städten trieben sie sich umher, um auszukundschaften, welche Fracht die Leute mit sich führten. Als nun die Agenten der Räuber die reiche Ladung meines Schiffes sahen, nahmen sie mich beiseite und fragten mich aus, wie groß mein Anteil am Frachtgut sei. Ich sagte ihnen, daß er tausend Drachmen betrage, da im ganzen vier Personen das Kommando über das Schiff hätten. ›Hast du ein eigenes Haus?‹ wollten sie wissen. ›Eine erbärmliche Hütte‹, erwiderte ich ihnen, ›auf der Insel Pharos, wo einst Proteus wohnte.‹ ›Möchtest du wohl‹, fragten sie mich nun, ›das Meer mit dem Land, die Hütte mit einem Haus vertauschen, ein zehnfaches Frachtgeld erhalten und den tausendfältigen Übeln entgehen, die den Steuermann bei stürmischer See bedrängen?‹ Ich erwiderte, daß ich das schon wünschte, daß ich aber kein Räuber werden wolle, nachdem ich viel erfahrener geworden sei als früher und mir meine Kunst viel Anerkennung verschafft habe. Als sie weiterhin darauf bestanden und mir einen Geldbeutel mit zehntausend Drachmen versprachen, wenn ich mit von der Tour wäre und ihrem Wunsch nachkäme, forderte ich sie auf, offen zu reden, und

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