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Römer im Schatten der Geschichte

Römer im Schatten der Geschichte

Titel: Römer im Schatten der Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Knapp
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jeder gemeint, der sich nicht an die Spielregeln hielt, und man benutzte das Wort, um sich in einer Diskussion oder gegen politische Konkurrenz durchzusetzen, um den Gegner zu kriminalisieren und jede Maßnahme gegen ihn zu rechtfertigen. Diese »Banditen« sind keineswegs »Gesetzlose«; sie wirken innerhalb des politischen und sozialen Kontexts der Elite und stehen in keinem Zusammenhang mit den Gesetzlosen als einer Gruppe, die außerhalb der Gesetze der Gesellschaft lebt.
    Die Entdeckung der Gesetzlosen
    Auf die Verwendung der verschiedenen Quellen gehe ich an anderer Stelle ausführlich ein. Es lohnt sich aber, hier auf die Bedeutung hinzuweisen, die insbesondere der literarischen Prosa bei dem Versuch zukommt, das Leben der Gesetzlosen in der römischen Welt zu erkunden. Diese Quellen benutze ich denn auch vorwiegend, obwohl daneben historische Werke, Inschriften und Papyri als Material zur Verfügung stehen. Die erzählenden Werke, vor allem
Der goldene Esel
des Apuleius und die griechischen Romane, schildern eine Welt, die von Wissenschaftlern heute als Abbild der Realität betrachtet wird. Das Wie der Abbildung ist zwar fiktional, doch hinter der Fiktion stehen Fakten der Sozialgeschichte, Fakten, die von den Historikern freigelegt und verwendet werden können. Dass ich aus den Romanen zitiere, als seien sie historische Dokumente, ist lediglich ein narratives Verfahren; dass sie keine historischen Dokumente sind, ist mir bewusst, und ich verwende sie im Vertrauen darauf, dass Tun und Reden der Figuren in den herangezogenen Episoden tatsächlich ein Spiegelbild der Realität darstellen, auch wenn die Worte und Situationen konstruiert sind.
    Der Schritt in die Gesetzlosigkeit
    Die Gesetzlosen, auf deren Darstellung ich mich hier beschränke – diejenigen, die mit der normalen Gesellschaft zwar in Kontakt sind, doch außerhalb dieser Gesellschaft stehen –, leben der Ideologie dieser hierarchisch gegliederten Gemeinschaft nach. Sie bilden ihrerseits eine Gemeinschaft, die auf den Erwerb von Macht und Besitz für einige auf Kosten anderer ausgerichtet ist. Doch anders als die von der Elite dominierte Gemeinschaft, die sich im Rahmen von Recht und Gesetz bewegt, agieren die Gesetzlosen außerhalb dieses Rahmens. In einer der ausführlichsten historischen Darstellungen eines Banditen aus antiker Zeit lässt der Geschichtsschreiber Cassius Dio den Räuberhäuptling Bulla Felix genau diesen Vergleich vorbringen. Als er von Männern des Kaisers Septimius Severus gefangen genommen und vor den Prätorianerpräfekten Papinian geführt wird, soll Papinian ihn gefragt haben: »Warum bist du Räuber geworden?« Worauf Bulla erwiderte: »Und warum bist du Präfekt?« (Cassius Dio,
Rhomaïke historia

Römische Geschichte
77,10,7). Das Ereignis mag erdichtet sein, wichtig ist, dass beide in die Kategorie der Räuber gehören – der Präfekt innerhalb und Bulla außerhalb des gesetzlichen Rahmens. Ein weiterer metaphorischer Vergleich von Räubern und gesetzestreuen Bürgern – diesmal Ärzte – stammt von Galen:
     
    Räuber in unserem eigenen Land verbünden sich, um anderen zu schaden und sich selbst zu schonen: ebenso tun sich auch diese [Ärzte] hier gegen uns zusammen, mit dem einzigen Unterschied, dass diese Männer in der Stadt zu Werk sind und nicht in den Bergen. (»Prognose«, in
Corpus Medicorum Graecorum
V 8,1)
     
    Die Gemeinsamkeit der Werte, Einstellungen und Verhaltensweisen im Rahmen und außerhalb des Gesetzes ist augenfällig.
    Auch das Phänomen der Soldaten-als-Banditen illustriert die unscharfe Grenze zwischen »rechtmäßigen« und »gesetzlosen« Banditen. Die Plünderungen von Soldaten sind gut dokumentiert, ebenso der fließende Übergang vom Soldaten zum Banditen. Die jahrelange Gewöhnung der Soldaten an die gewaltsame Lösung von Konflikten, der Besitz von Waffen in einer generell waffenlosen, bestenfalls schwach bewaffneten Bevölkerung sowie die Autorität, die mit ihrer Stellung verbunden war, konnteleicht zu einem Missbrauch ihrer Macht führen, der nichts anderes war als Raub. Die Geschichte des Apuleius vom Zenturio, der Lucius in seiner Eselsform für sich beansprucht, vom Zorn, den er damit erregt, von der Attacke des Besitzers auf den Zenturio und dessen grausamer Rache fasst die möglichen Missbräuche und den Ärger darüber bei der zivilen Bevölkerung glänzend zusammen (
Der goldene Esel
9,39 – 42). Die »Extrameile«, von der Jesus im Matthäusevangelium spricht

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