Römer im Schatten der Geschichte
Freigelassenen und zuweilen auch Frauen offen.
Getragen wurden die Vereine von gewöhnlichen Römern oder auch von Sklaven und Freigelassenen. Die Elite hatte an solchen Zusammenschlüssen kein oder nur geringes Interesse, ausgenommen vielleicht die Mitgliedschaft in einigen religiösen Gemeinschaften. Allerdings hatten die Vereine oft wohlhabende Patrone aus den Reihen der lokalen Oberschicht. Ergänzend zu einer »horizontalen« Sozialfunktion dienten die Vereine innerhalb der strikt hierarchischen Gesellschaftsstruktur damit auch als »vertikales« Instrument des Ausgleichs: Sie brachten die kleinen Gruppen in Verbindung mit der Macht und dem Einfluss, den nur die Oberschicht besaß.
Der soziale Charakter der Vereine konnte aus Sicht der Elite zu Scherereien führen. Klubs waren den Mächtigen immer verdächtig. In Pompeji waren Klubs offenbar in den Fankult der Gladiatorenspiele verwickelt und mussten nach Krawallen am Rande der Spiele verbannt werden (Tacitus,
Annalen
14,17). Kaiser Trajan unterstrich die Position der Regierung und erklärte, dass Vereine immer ins »Politische« umschlügen: »Welchen Namen wir auch und welche Bestimmung wir auch solchen Zusammenschlüssen geben, es werden in kurzer Zeit politische Vereine daraus« (Plinius d. J.,
Epistulae
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Briefe
10,34). Heute wird viel über die einzelnen Kategorien der Vereine diskutiert, über »legitime« und »illegitime«, über das, was »genehmigt« und was vom Staat »missbilligt« wurde. Hier ist wichtig zu betonen, dass die Vereine trotz des Argwohns der Obrigkeit und Schlimmerem eindeutig an Zahl zunahmen und einen bedeutenden Teil des Soziallebens der breiten Bevölkerung ausmachten.
Ein vielgeschätzter Treffpunkt waren auch die Bäder. Gemeinschaftliches Baden – nicht das Schwimmen in einem Pool, sondern echtes Bemühen um Reinlichkeit – gehört im Leben des modernen Menschen nicht zu den üblichen Gepflogenheiten. Für die römische Bevölkerung in den Klein- und Großstädten war es ein wesentlicher Teil des täglichen Lebens. Die berühmten und luxuriösen Thermen Roms, aber auch größerer Provinzstädte sind allgemein bekannt; daneben aber wuchs sowohl dort wie in kleineren Städten des Reiches die Zahl sehr viel schlichterer Einrichtungen. Auch die Angehörigen der Oberschicht konnten diese öffentlichen Orte benutzen, und das taten sie, doch standen ihnen im eigenen Haus oder bei Freunden auch private Bademöglichkeiten zur Verfügung. Anders die einfachen Leute. Sie fanden in den öffentlichen Bädern eine Kombination von Fitnesscenter, Massagesalon, Badeortatmosphäre und sozialem Treffpunkt. Im
Goldenen Esel
sucht Lucius, nachdem er bei seinem Gastgeber in Hypata eingekehrt ist und sein Pferd versorgt weiß, als Erstes die lokalen Bäder auf. Für mehrere Episoden in den
Satyrica
benutzt Petron die Bäder als Kulisse. Soldaten verfügten in befestigten Lagern immer auch über eine Badeeinrichtung. Wohlhabende Bürger übten sich in Großzügigkeit und machten Mitbürgern Badehäuser zum Geschenk. War das Forum Mittelpunkt und Symbol des Wirtschafts- und Rechtslebens, so waren die Bäder der Mittelpunkt des Soziallebens. Hier fand man Essen und Trinken, Freunde und Feinde, politische Intrigen, Nachbarschaftsklatsch, geschäftliche Tipps, sexuelles Vergnügen und vieles, vieles andere.
Tiberius Claudius Secundus lebte 52 Jahre … Wein, Sexualität und die Bäder zerstören unseren Körper, aber Wein, Sexualität und die Bäder machen unser Leben gut! Merope, Freigelassene des Caesar, errichtete dieses für ihren lieben Gefährten, für sich und die gemeinsamen Nachkommen. (
CIL
VI 15 258, Rom)
Aber auch die guten Zeiten waren nicht sorgenfrei. Ein Rendezvous konnte misslingen. Ein Ehebruch konnte auf eigene Kosten gehen. Nach einem Bad konnte man schäumend vor Wut und fluchend entdecken, dass sich ein Dieb mit den Kleidern davongemacht hatte. In Rom hatte sich dieses Problem so zugespitzt, dass der Präfekt der Stadtwache den Auftrag erhielt, dagegen einzuschreiten. Er war »auch gegenüber denKleiderverwahrern, die in Bädern gegen Lohn die Kleider zur Bewachung übernehmen, … zum Richter bestellt, damit er, wenn jene bei der Verwahrung der Kleider betrügerisch handelten, selbst darüber entscheiden kann« (
Digesten
1,15,3,5).
Anlass zur Besorgnis bot sich auch, wenn die eigene Ehefrau die Bäder besuchte, wie die folgende formelle Klage aus Ägypten dokumentiert:
Von Hippalos, Sohn des Archis,
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