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Römer im Schatten der Geschichte

Römer im Schatten der Geschichte

Titel: Römer im Schatten der Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Knapp
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Einwände gegen das männliche Denken oder Alternativen zu der vom Mann bestimmten Position der Frau in Kultur und Gesellschaft, was auf unser modernes Empfinden leicht verstörend wirkt. Das sollte uns jedoch nicht dazu verleiten, Spekulationen über geheime Wünsche und Erwartungen einer Befreiung anzustellen, die uns für immer verborgen sind; vielmehrist zu vermuten, dass es solche geheimen Wünsche oder Erwartungen gar nicht gab. Soweit wir wissen, wurden alternative Lebensformen und Ziele weder angeboten noch in Betracht gezogen – nichts deutet darauf hin, dass die Frauen der griechisch-römischen Welt jemals Vorstellungen von einer Gesellschaft hegten, die sich von der unterschied, in die sie hineingeboren waren, oder dass sie jemals über die gedanklichen Grundlagen verfügten, alternative Lebensgestaltungen zu erwägen. Man sollte davon ausgehen, dass die Frauen ihren – in unseren Augen unterdrückten – Zustand akzeptierten und versuchten, sich darin so befriedigend wie möglich einzurichten, dass sie manchmal an Grenzen stießen, sich meist jedoch innerhalb dieser Grenzen hielten, manchmal dagegen aufbegehrten, sie aber nie überschritten. Innerhalb dieses Vorstellungsrahmens lässt sich ein nützliches und realistisches Bild der normalen Frauen und ihrer geistigen Welt entwerfen.
    Es trifft zu, dass Frauen an wesentlichen Prozessen des öffentlichen Lebens nicht teilhatten. Sie waren nicht rechtsfähig, konnten nicht wählen und blieben von der höheren Bildung faktisch ausgeschlossen. Andererseits werden wir sehen, dass Frauen, die dem elitären männlichen Modell im Rahmen ihrer eigenen Realität nachlebten, in einem sehr viel weiteren Umfeld zu agieren wussten, als das elitäre Bild zu erkennen gibt. Briefe aus Ägypten zeigen willensstarke Frauen, die Verantwortung trugen. Sie zeigen die Frau nicht als schüchternes Pflänzchen oder im Bann ihrer Haushaltspflichten, eingeschlossen in einem Frauenquartier. Es ist sicher bedauerlich, dass in diesen Briefen »geheime« Gedanken selten offenbart werden. Ihr oft undurchsichtiger Charakter erweckt den Eindruck, die Verfasserinnen wollten vermeiden, dass mögliche fremde Leser erführen, worüber genau gesprochen wird. Von dem »Mit-teilen«, das sich zum Beispiel in den Briefen Ciceros findet, ist wenig zu spüren. Dennoch gewinnt man den Eindruck, dass diese Frauen positiv und aktiv über ihr Leben bestimmten.
    Außer Haus erscheinen die Frauen zu Routineanlässen. Sie erledigen Einkäufe oder machen Besorgungen. Sie nehmen an öffentlichen religiösen Zeremonien teil. Sie treten auch bei den nicht seltenen öffentlichen Unruhen in Erscheinung. In seinen Tiraden gegen ein solches Verhalten bezeugt Philo von Alexandria, dass Frauen sich an Straßenaufständen beteiligten:
     
    Wenn aber Frauen sich erdreisten, zu Männnern, die in einem Wortwechsel oder in einer Schlägerei begriffen sind, hinauszueilen, um mitzukämpfen oder zu helfen, so ist das tadelnswert und in hohem Grade schamlos: hat doch das Gesetz sie nicht einmal zur Beteiligung an Kriegen, Feldzügen und Gefahren für das gesamte Vaterland zugelassen, mit Rücksicht auf die Schicklichkeit, die es jederzeit und allerorten unverrückt gewahrt wissen wollte, da es gerade sie an und für sich für ein höheres Gut hielt als Sieg, Freiheit und jegliches Wohlergehen. Wenn indessen eine Frau selbst erfährt, daß man ihrem Manne Gewalt antut, und wenn sie dann ihrer zärtlichen Empfindung für ihn erliegt und von dem in ihr aufsteigenden Gefühl der Gattenliebe getrieben wird, zu seiner Hilfe hinauszueilen, so überschreite sie doch nicht in ihrer mannhaften Keckheit die natürlichen Grenzen, sondern bleibe Frau, auch wenn sie beisteht; denn es wäre sehr schlimm, wenn eine Frau, die ihren Mann vor Verunglimpfung schützen will, sich selbst verunglimpfte, dadurch daß sie ihr eigenes Leben mit Schmach erfüllt und mit der großen Schande, (die sie) durch unsühnbare Dreistigkeit (auf sich lädt). Wird denn etwa eine Frau auf (offenem) Markte Schimpfworte gebrauchen oder sonst einen ungehörigen Ausdruck in den Mund nehmen …? Tatsächlich gehen jedoch manche so weit, daß sie nicht nur mitten unter Männern – als Frauen! – mit ihrer frechen Zunge Schmähungen und Schimpfworte ausstoßen, sondern selbst ihre Hände erheben, die im Weben und Spinnen, nicht im Schlagen und Mißhandeln geübt sind. Und wenn man auch anderes noch ertragen könnte, so ist es doch unerträglich, wenn eine Frau sich

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