Römer im Schatten der Geschichte
Kleidung und Schmuck) mit 200 Drachmen angegeben ist; Nr. 127 enthält einen Vertrag mit einer Mitgift in etwa derselben Höhe in Schmuck und Kleidern; Nr. 128 beläuft sich auf 200 Drachmen, und ein »Haus und Grundstück« sind zu verkaufen, um diese Summe aufzubringen, wenn die Ehefrau sie zurückfordert; Nr. 129 gibt etwas über 240 Drachmen in Form von Schmuck und Kleidung an sowie 120 Drachmen in bar; in Nr. 132 scheinen nur 72 Drachmen (informelle) Mitgift enthalten. Man vergleiche eine Aussteuer in Kreisen der Elite (Nr. 141): ein halbes Goldtalent in Gütern, Schmuck im Wert von 1500 Drachmen, Kleidungsstücke im Wert von 5000 Drachmen sowie vier Talente und 2000 Drachmen in Münzen.
Da eine Mitgift im Scheidungsfall zurückgegeben werden musste, besaß die Frau damit ein gewisses Druckmittel, denn der Ehemann war häufig auf diese Ressourcen angewiesen und/oder hoffte sie zu erben. DieEhefrau hatte also verständlicherweise ein waches Auge auf ihren Besitz. Sie konnte über einen Missbrauch des Geldes durch den Gatten in Wut geraten: »die Mitgift der Braut erleidet Schaden, und sie wird wüten wie ein brennendes Feuer wegen Frauen, und die Ehe wird damit [trotzdem] stattfinden« (
Carmen
2,1). Und sie war schnell damit bei der Hand, die Mitgift zurückzufordern (oder auch einfach an sich zu nehmen), wenn über eine Scheidung gestritten wurde. In Plautus’ Komödie
Aulularia
lässt sich Megadorus endlos darüber aus, wie die Frauen ihre Mitgift nutzen, um die Männer zu beherrschen und herumzukommandieren, und er preist die Idee einer Heirat ohne Mitgift, um so die Frauen in ihre Schranken zu weisen (
Aulularia
475 ff.).
Wenn die Aussteuer der Frau in der Ehe auch einen gewissen Einfluss sicherte, so war sie doch fast immer der Autorität eines Mannes unterworfen. Vor der Heirat war es ihr Vater. Wer nach der Heirat im Normalfall diese Rolle innehatte, Vater oder Gatte, ist nicht ganz klar, üblicherweise aber nahm die Frau Wohnung bei ihrem Ehemann. Hätten konkurrierende Autoritäten ihr Kopfschmerzen bereitet? Bei Artemidor findet sich folgendes Beispiel: »Es träumte einer, seine Schwester werde vom Vater ihrem Mann entrissen und einem anderen zur Frau gegeben« (
Traumbuch
5,43). Wäre das nicht auch im täglichen Leben möglich gewesen, wäre der Traum belanglos. Wie üblich war es aber? Rowlandson führt den Fall eines Vaters an, der unter ägyptischem Recht die Erlaubnis verlangt, seine verheiratete Tochter gegen ihren Willen zurückzuholen (Nr. 138). Die römischen Instanzen weisen die Forderung jedoch als zu hart ab – und merken an, sie unterständen ägyptischem (d. h. griechischem) Recht, nicht römischem, deshalb habe die
patria potestas
(die absolute Macht des Vaters) keine Gültigkeit. In der Bittschrift gibt die Ehefrau an, sie habe Dokumente vorgelegt, »die alle beweisen, dass erwachsene Frauen die Herrinnen über die eigene Person sind und nach ihrem eigenen Wunsch bei ihren Ehemännern bleiben können oder nicht; und sie … sind nicht ihren Vätern unterworfen …«. Einer der angerufenen Präfekten urteilt: »Die entscheidende Frage ist, bei wem die verheiratete Frau zu leben wünscht.« Offenbar war es Brauch, dass die Frauen unter der Kontrolle ihrer Ehemänner lebten, nicht unter der ihrer Väter, und dass das Haus des Ehemanns nach ihrer Heirat praktisch unwiderruflich zu ihrem eigenen wurde.
Liebe konnte zwar ein Teil der Ehe sein, doch spielte romantische Liebe in dieser Beziehung keine wesentliche Rolle, war vielleicht völlig bedeutungslos. Romantische Liebe erschien als verdächtig, als Maske, hinter der sich die wahre Natur verbarg, wie in der Fabel »Die Katze als junge Braut«:
Die Katze hatt sich einst verliebt in einen wunderschönen Mann, / und Kypris [Venus], aller Liebesfreuden Mutter, gab ihr die Erlaubnis, / zu wechseln die Gestalt und eine Frau zu werden, / und zwar solch feine Frau, daß jeder gern sie haben mußte. / Wie jener sie erblickte, war er gleich gefangen / und wollte Hochzeit halten. Als die Tafel war gedeckt, / lief eine Maus vorbei; flugs sprang die junge Braut / vom Speisesofa und ihr hinterher. / Das Hochzeitsmahl ging so zu Ende; Eros, der so hübsch / gescherzt, macht sich davon, und die Natur blieb Sieger. (Babrios,
Äsopische Fabeln
32)
Auch in aphoristischen Äußerungen wird romantische Liebe als trügerisch verunglimpft. Es ist schwierig zu entscheiden, ob die leidenschaftlichen Graffiti in Pompeji für romantische Liebe oder
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