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Römer im Schatten der Geschichte

Römer im Schatten der Geschichte

Titel: Römer im Schatten der Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Knapp
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liebster Freund! / Was trittst du nicht herein, besiehst mich nur von fern? / Komm näher nur, nimm Platz und tröste mich / durch bunte Fabeln jetzt in meinem Unglück!« / Der Fuchs darauf: »Leb wohl, und daß ich geh, verzeih! / Es schrecken mich die Spuren allzu vieler Tiere, / von denen keine du mir zeigen kannst, die aus der Höhle führt hinaus.« (Babrios,
Äsopische Fabeln
103)
     
    So feindselig die Armen den Wohlhabenden und ihrer Macht auch gegenüberstanden, Reichtum an sich, jenseits seiner Rolle im Konfliktfeld der Hierarchie, war für die Armen doch wichtig. Sie wussten, dass Geld und Besitz Macht bedeutet, kannten aber auch die Risiken. Armut war nicht angenehm. Aber die realen Reichtümer und ihre Anziehungskraft hatten etwas Fragwürdiges. Gier konnte ins Unglück führen. Das zeigt die Fabel von der Maus in der Brühe:
     
    In einen deckellosen Topf voll Brühe fiel die Maus, / und von der Fettigkeit erstickt, bemerkte sie, / schon in den letzten Zügen: »Gegessen hab ich und getrunken / und alles recht genossen; somit ist es Zeit für mich zu sterben.« (Babrios,
Äsopische Fabeln
60)
     
    Auch in Sprichwörtern erscheint der Reichtum als zwielichtiger Trumpf. Einerseits bietet er Chancen, ist also willkommen. Andererseits aber weckt er Argwohn, zum Beispiel bei einem Kreditnehmer. Außerdem wird häufig vorausgesetzt, der Erwerb von Reichtum sei mit Verrat, Diebstahl und ähnlich asozialem Verhalten verbunden. Das Hauptziel ist also zu bewahren, was man hat; weniger wichtig ist, es stark zu vermehren – eine Strategie, die entschieden defensiv, konservativ und in erster Linie auf Selbsterhaltung gerichtet ist. Das Sprichwort »Besser an Land arm zu sein als reich auf See« (Diogenian 2,62) hält diesen Hang zur Vorsicht fest. Bist du arm, mach das Beste daraus.
    Diese Einschätzung von Reichtum und Armut führt nicht zum Zweifelan der bestehenden Ordnung der Dinge. Die Sprichwörter lassen einen stark ausgeprägten Sinn für hierarchische Strukturen erkennen, wie auch die Fabel von der Krähe und dem Adler:
     
    »Mit seinen Krallen riß ein prächt’ges Lamm / der Adler aus der Herde, zum Mahl bestimmt für seine Jungen. / Ihn nachzuahmen, schickte sich die Krähe an: / zu Boden fliegend, stieß sie auf des Widders Rücken. / … / »Ich büße«, sagte sie, »mit Recht für meine Dummheit; / was mußte ich’s, die Kräh, den Adlern gleichtun wollen?« (Babrios,
Äsopische Fabeln
137)
     
    Gleichzeitig kann man feststellen, dass die häufigste Einstellung der Armen zu den mehr als sie selbst vom Glück Begünstigten der entspricht, die Tyndarus in Plautus’ Komödie
Captivi
(
Die Gefangenen
583) äußert: »

est miserorum, ut malevolentes sint atque invideant bonis
« (»Neid und Missgunst für die Braven, das ist Art der Elenden«). Wenn den Armen Zeit und Lust zum Träumen blieb, war ihr Traum und Begehren nicht, die Reichen zu stürzen, sondern das zu haben, was diese hatten.
    Fazit
    Die prekäre ökonomische Lage der Armen bestimmte ihr Leben. Ihre Position in der sozialen Hierarchie war schwach und Besserung kaum zu erwarten. Doch ihre Überlebensstrategien leisteten ihnen gute Dienste. Eine Verbindung von Kooperation und Wettbewerb sicherte ihnen so viel Erfolg, wie angesichts ihrer bedrängten Umstände eben möglich war, und die Idee des Schicksals sorgte für den Rahmen, innerhalb dessen sich ihr Universum verstehen ließ. Der Unterwerfung unter die Mächtigeren begegneten sie mit Anpassung und Widerstand. Auf eine gerechte Welt und eine Besserung ihrer Situation konnten sie zwar hoffen, aber die Unwahrscheinlichkeit eines solchen Wandels hielt sie nicht davon ab, hart zu arbeiten und – das versteht sich von selbst – diejenigen zu beneiden, die mehr hatten als sie.

EIN DASEIN IN KNECHTSCHAFT:

SKLAVEN
    D ie Zähmung der Tiere und die Anfänge der Sklaverei gehen Hand in Hand, denn der Mensch ist potenziell das nützlichste aller Tiere. Folglich haben die Menschen seit frühester Zeit oft mit Erfolg versucht, andere Menschen zu beherrschen, um ihr eigenes Wohl zu fördern. Diese althergebrachte, organische Entwicklung der Sklaverei parallel zur allgemeineren Nutzung von Tieren, die den menschlichen Bedürfnissen unterworfen wurden, erklärt auch, warum die Institution der Sklaverei in der Antike im Wesentlichen unangefochten blieb, als sei sie nichts anderes als eine normale, vertretbare Art der Beziehung zu anderen menschlichen Wesen. In der römisch-griechischen Welt

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