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Römer im Schatten der Geschichte

Römer im Schatten der Geschichte

Titel: Römer im Schatten der Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Knapp
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er für ihre Übeltaten den Kopf hinhält.
    Gruppen von Sklaven engagierten sich auch im religiösen Leben. Auf einer Votivtafel in Gaud (im Südwesten Frankreichs) liest man:
     
    Dem Gott Garris. Geminus, ein Sklave, hat das Gelübde auch für seine Mitsklaven abgelegt. (
CIL
XIII 49, Gaud, Frankreich)
     
    Außerdem organisierten sich die Sklaven oft in Begräbnisgesellschaften, entweder innerhalb eines großen Haushalts oder über mehrere Haushalte oder auch als Beteiligte an einem Unternehmen wie die Arbeiter einer Goldmine in Dakien oder Wollarbeiter in Italien:
     
    Die Wollkämmer errichteten dieses Grabmal für Acceptus, Sklaven der Chia, ihren Gefährten. (
CIL
V 4501, Brescia)
     
    Im italischen Luceria beerdigten Sklaven einen der Ihren unter diesem Grabstein:
     
    Den Göttern der Unterwelt und Gelasmus, dem Sklaven der Sittia. Seine Genossen aus dem Herkules- und Apollo-Kollegium errichteten dies. Er lebte 25 Jahre, 3 Monate und 21 Tage. (AE 1983, 213)
     
    Aber wie im Fall von Äsop herrschte in der Gemeinschaft auch Konkurrenzverhalten. Natürlich rivalisierte man um die Gunst des Herrn, wie es die literarische Figur des Hermeros beschreibt:
     
    … ich habe mir Mühe gegeben, meinen Herrn zufriedenzustellen, einen honorigen und würdiglichen Mann … Na, es gab Leute im Haus, die mir ein Bein stellten, mal hier mal da; trotzdem, dem Genius des Mannes sei’s gedankt, ich kriegte Boden unter die Füße. (Petron,
Satyrica
57)
     
    Auch zu bösartigem Klatsch und Streit konnte es kommen, oder man sabotierte die Arbeit eines anderen. Die angespannten Verhältnisse in einem Haushalt, in dem die Sklaven in die Auseinandersetzungen zwischen den Familienangehörigen hineingezogen wurden, beschreibt Augustinus in seinen
Bekenntnissen
. Mittel zur Konfliktlösung waren nötig, um Streitigkeiten zu schlichten, wie sie sich aus praktisch jeder Kleinigkeit ergeben konnten. Im Fall von Äsop stritten die Frauen des Haushalts darüber, wer seine sexuelle Gunst genießen würde. Die vielleicht hinterhältigste Aushöhlung der Solidarität unter Sklaven ergab sich aus der Tätigkeit der
silentiarii,
der den Sklaven übertragenen Aufgabe, in ihrer Gemeinschaft für Ordnung zu sorgen.
     
    Sie fürchten die Aufseher, fürchten die Silentiarier, fürchten die Verwalter, so dass unter solchen Leuten die Sklaven am wenigsten die Sklaven ihrer eigenen Herren sind. Von allen werden sie geschlagen, von allen gequält. Was lässt sich noch mehr darüber sagen? Viele Sklaven suchen Schutz bei ihren Herren, da sie ihre Mitsklaven fürchten müssen. Die Flucht ist deshalb nicht denen zuzurechnen, welche fliehen, sondern jenen, welche sie zur Flucht zwingen. (Salvian,
Über die göttliche Regierung
4,3)
     
    Die Organisation des Zusammenlebens der Sklaven lud zum missbräuchlichen Umgang miteinander geradezu ein. Äsop zum Beispiel erklärt, dass ein hübscher Sklave einem andern, der »ihm gefiel« (
Das Leben
Äsops
S. 125), sexuelle Avancen machte. Als Aufseher und Betreuer wurden nicht Freie eingesetzt, diese Verantwortung hatten vielmehr Sklaven zu übernehmen, sei es in einem Haushalt, der Sklaven zur Oberaufsicht benötigte, oder auf einem Landgut mit abwesendem Eigentümer. Wie in anderen Sklavengesellschaften waren solche Aufseher im Kreis der Mitsklaven zutiefst verhasst. Besonders wenn sie ihrerseits nicht unter Aufsicht des Herrn standen, konnten sie ohne jede Einschränkung Strafen austeilen, andere Sklaven zu ihrem persönlichen Vorteil einsetzen und sie sexuell ausbeuten, ganz zu schweigen von Betrügereien auf Kosten ihres Herrn durch Fälschen der Bücher, Abwicklung eigener Geschäfte und ähnliches. Besonders dringlich raten die Agrarschriftsteller, die Sklavenaufseher genau im Auge zu behalten und sicherzustellen, dass sie die Mitsklaven nicht grausam behandeln. Theoretisch konnten die Sklaven Klagen über Misshandlungen durch Aufseher und Mitsklaven vor ihren Herrn bringen, und ein guter Herr wird angehalten, solche Beschwerden zu ermöglichen. Aber wie das Salvianzitat bezeugt, war das einzige Mittel, einem Mitsklaven zu entkommen, häufig nur die Flucht.
    Neben den mächtigen und verhassten Aufsehern fürchteten die Sklaven auch ihre Mitsklaven, die zum Foltern und Strafen bestellt waren. Während Routinezüchtigungen wie Auspeitschen und andere Körperstrafen von Mitsklaven unter direkter Aufsicht des Herrn vorgenommen wurden, war es gängige Praxis, schwerere körperliche Bestrafungen »auszulagern«,

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