Römer im Schatten der Geschichte
zum Herrn oder zur Herrin des Hauses wie im folgenden Fall:
Ehe du dich’s versiehst, erscheint also ein ganz manierlicher Hausbedienter, um dich zur Tafel einzuladen, und den mußt du dir dann vor allen Dingen günstig zu machen suchen, indem du ihm, mindestens, wenn du nicht für einen Menschen ohne alle Lebensart bei ihm gelten willst, fünf bare Drachmen in die Hand drücken mußt. (Lukian,
Das traurige Los der Gelehrten, die sich an vornehme und reiche Familien vermieten,
Bd. 4, S. 240)
Ein Sklave konnte nebenher auch Güter herstellen oder Geschäfte betreiben und den Verdienst einstreichen. Die Sklaven in den Städten verfügten über weit bessere Möglichkeiten zum Nebenerwerb. Doch sogar auf den Bauerngütern ging der Aufseher
(vilicus)
gewöhnlich einem Nebenerwerb nach, wie Columella einräumt, wenn er darauf hinweist, dass ein
vilicus
ohne Oberaufsicht vermutlich Geschäfte zum eigenen Gewinn betreibt, weil der Herr abwesend ist (
Über Landwirtschaft
1,8,14).
Sklaven wurden auch als verlängerter Arm ihres Herrn in Handelsgeschäften eingesetzt. Das
peculium
war für einen Sklaven die treibende Kraft, sich als leistungsfähiger Agent zu erweisen, denn er konnte als Geschäftsvertreter seines Herrn auf mehr oder weniger durchsichtige Art selbst zu Geld kommen, sei es im Handel, im Geldverleih oder im Handwerk.
Die Sklaven des Pompejaners Lucius Caecilius Jucundus konnten bei Geschäftsabschlüssen sogar Siegel mit ihren eigenen Namen benutzen. Das Gleichnis von den getreuen Knechten im Neuen Testament zeigt in aller Klarheit, wie das System funktionierte. Der Herr geht auf Reisen und übergibt jedem von drei Sklaven unterschiedliche Geldbeträge zur Verwahrung. Zwei der Sklaven legen das Geld an und erstatten dem Herrn bei seiner Rückkehr den Gewinn; der dritte hat seinen Anteil aus Furchtvor einem Nachspiel bei verlustreichen Investitionen vergraben. Als der Herr zurückkommt, lobt er die beiden, die das Geld gut angelegt hatten, ist aber zornig auf den dritten, der auf Nummer Sicher gegangen ist. Die ersten zwei belohnt er, entzieht dem dritten jedoch jede weitere Verantwortung und damit vermutlich auch jede Hoffnung auf ein Fortkommen im Haushalt (Matthäus 25,14 – 28). Zuverlässige Sklaven konnten also ihre unternehmerischen Fähigkeiten nutzen, um den Wohlstand ihres Herrn zu mehren, und gleichzeitig Kontakte knüpfen und sich auch anderweitig günstige Voraussetzungen für künftige Profite schaffen. Einer von Trimalchios Lieblingssklaven gelangte auf genau diese Art zu eigenem Besitz. Er war jung und hübsch – und für Trimalchio offenkundig attraktiv –, aber auch talentiert und einfallsreich:
Abb. 12. Sklavinnen bei der Arbeit: Hier haben zwei Sklavinnen in Pietrabbondante (Italien) bei der Herstellung von Dachziegeln die Abdrücke ihrer beschuhten Füße hinterlassen und ihre Namen in den noch feuchten Ton gekratzt: »Delftri, die Sklavin des Herrenneis Sattis, hat dieses Zeichen mit ihrem Fuß hinterlassen« (auf Oskisch); und: »Amica, die Sklavin des Herreneis, hat dies Zeichen hinterlassen, während wir die Ziegeln zum Trocknen aufstellten« (auf Lateinisch).
Einen kreuzbraven Jungen hab ich geküßt, nicht wegen seiner Schönheit, sondern weil er brav ist: durch zehn kann er teilen, ein Buch kann er vomBlatt lesen, einen Fechterdreß hat er sich von seinem Kostgeld zugelegt, einen Armstuhl hat er sich aus eigener Tasche angeschafft und zwei Schöpflöffel. (Petron,
Satyrica
75)
Man mag sich fragen, wie sinnvoll diese Erwerbungen sind, doch der Junge hat kommerzielle Fertigkeiten und noch als Sklave Geld verdient und Käufe gemacht.
Bei Gelegenheit hatte dieses System wie im obigen Gleichnis für den Herrn aber auch katastrophale Folgen. Nicht nur konnten Investitionen scheitern, der Sklave nutzte die Situation möglicherweise zu Betrug und Flucht. Ein römischer Rechtstext (
Digesten
14,5,8) berichtet über einen Titianus Primus, der einen Sklaven damit beauftragte, »Darlehen zu gewähren und Pfänder anzunehmen«. Der Sklave ging jedoch weiter: Er übernahm auf eigene Rechnung (und mit dem Kapital des Herrn?) die Schulden einiger Kunden von Getreidehändlern und tilgte sie mit Gewinn. Nachdem er eine ordentliche Summe zusammengebracht hatte, setzte er sich ab. Die Beispiele zeigen das hohe Vertrauen, das ein Sklave genießen konnte, aber auch die Möglichkeiten, zu Reichtum zu kommen, die sich für den Sklaven daraus ergaben. Der Sklave des Titianus ist
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