Römische Nächte: Intime Geschichten 5 (German Edition)
Die festliche Atmosphäre, die elegant gekleideten Menschen, das Getuschel, die Musik - all das fand ich erregend. Und außerdem gefiel mir der Gedanke, mich mal wieder richtig schön machen zu können. Ich glaube ohne Übertreibung sagen zu dürfen, dass ich gut aussehe - aber ich trage tagaus tagein Kostüme, die der strengen Kleiderordnung in unserer großen Firma entsprechen: Klassisch, elegant, schlicht - und bloß nicht aufreizend. Auf einem Ball dagegen… Ich fing schon an zu träumen.
Und damit bin ich bereits bei dem Problem, das Jans Einladung mit sich brachte: Ich hatte kein Kleid, das ich für einen Ball geeignet fand. Denn natürlich musste es etwas ganz Besonderes sein, etwas Atemberaubendes, in dem ich mich wenigstens einen Abend lang wie eine Königin fühlen konnte.
Mein Terminkalender in der Woche vor dem Ball war so voll, dass ich zunächst gar nicht wusste, wie ich den Einkauf eines Ballkleids organisieren sollte. Schließlich blieben nur noch zwei Stunden am Vorabend des großen Ereignisses. In diesen zwei Stunden musste ich das Richtige finden! Mir schwebte etwas Einfaches vor, das zugleich raffiniert war, ein Kleid, das jedem Betrachter den Atem stocken ließ. Ich musste es nur finden, aber ich war sicher, dass es irgendwo auf mich wartete.
Der Abend kam, ich eilte in die Goethestraße, betrat das erste Geschäft, erklärte der gelangweilt wirkenden, überaus eleganten Verkäuferin, was ich suchte und bekam zwei sündhaft teure Kleider gezeigt, die mir beide nicht gefielen. So oder so ähnlich verliefen in der nächsten Dreiviertelstunde meine Besuche in vier weiteren Geschäften von namhaften Designern.
Merkwürdigerweise wusste ich auf einmal auch gar nicht mehr so sicher, was ich eigentlich wollte. Jede der Verkäuferinnen hatte mir etwas anderes erzählt. »Aber dieses Gelb steht Ihnen wirklich hervorragend, gerade zu Ihren dunklen Haaren … « Ich hasse Gelb, aber vielleicht war das ja ein Fehler?
»Das Kleid muss cremefarben sein - in diesem Jahr nur cremefarben, etwas anderes kommt gar nicht in Frage. Schwarz ist definitiv out, niemand trägt das mehr!« Cremefarben hasse ich auch, jedenfalls für mich, aber ich war bereits ziemlich unsicher.
Ist es verwunderlich, dass ich anfing, nervös zu werden? Schon reichlich unter Stress entkam ich auch der Creme-Anhängerin und überquerte eilig die Straße, ohne auf meine Umgebung zu achten.
Dabei hätte ich fast einen Mann umgerannt, der mir gerade noch ausweichen konnte. Er lachte. »Sind Sie immer so stürmisch?«
Überrascht sah ich auf, direkt in zwei ziemlich blaue Augen. »Entschuldigung, ich war in Gedanken ganz woanders«, sagte ich verlegen.
»Ja, das war unübersehbar«, meinte er.
Plötzlich kam mir eine Idee: Ich brauchte Unterstützung! »Sind Sie in Eile?«, fragte ich. »Oder haben Sie Zeit?«
Er war, glaube ich, mindestens so verblüfft über meine Direktheit wie ich, überspielte das aber gekonnt. »Kommt ganz darauf an, wofür. Eine Stunde könnte ich erübrigen.«
»Mehr als eine Stunde steht sowieso nicht mehr zur Verfügung. Ich muss ein Ballkleid kaufen«, sprudelte ich heraus, »und eigentlich weiß ich auch, wie es aussehen soll, aber diese Verkäuferinnen machen mich ganz verrückt. Jede erzählt mir etwas anderes - und dabei habe ich es doch so eilig. Die Geschäfte schließen bald, bis dahin muss ich das Kleid gekauft haben.«
Ohne weiteres Wort nahm er meinen Arm und zog mich mit sich.
»Wo wollen Sie denn hin?«, fragte ich.
»Ich kenne den einzigen Laden, in dem Sie garantiert das finden, was Sie suchen«, antwortete er lächelnd. »Gleich hier, kommen Sie.«
Es war das teuerste Geschäft in der gesamten Straße, ich hatte es eigentlich gar nicht betreten wollen. Ich verdiene zwar gut, aber trotzdem wollte ich eigentlich kein Vermögen für ein einziges Kleid ausgeben.
Doch es war zu spät. Wir hatten den eleganten Verkaufsraum bereits betreten, und mein Begleiter sagte zu der sofort herbeieilenden Verkäuferin: »Wir brauchen ein Ballkleid - es muss eine Sensation sein, sonst ist es nicht das Richtige.«
Die Dame lächelte. »Bei uns ist jedes Stück eine Sensation«, sagte sie mit wohlklingender Stimme. »Haben Sie an etwas Bestimmtes gedacht?«
»Einfach, aber raffiniert«, antwortete ich. »Und auf keinen Fall gelb oder cremefarben.«
Das Lächeln der Verkäuferin vertiefte sich. »Sicher nicht«, erwiderte sie liebenswürdig. »Rot vielleicht? Oder blau?«
»Wir probieren es«, sagte
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