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Römischer Lorbeer

Römischer Lorbeer

Titel: Römischer Lorbeer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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während einer Wahl tätlich
angegriffen hatte und der als Zeuge der Anklage aussagen
würde. Fufius wurde von einer sehr jungen Kurtisane begleitet.
Bethesda zog eine Braue hoch, und ich wußte, was sie dachte:
Das Mädchen war kaum älter als Diana. Doch sie schien ein
wenig besänftigt, als der Senator sie musterte und wohlwollend
lächelte.
    Clodia war noch nicht
erschienen, ihr Sofa noch unbesetzt. Catull ließ den Blick
über die nach wie vor Stehenden oder Umherwandelnden
schweifen. »Wer wird heute abend den Ehrenplatz neben der
Gastgeberin einnehmen? Mal sehen: Ihr Gatte Quintus ist unten im
Hades, Bruder Publius trifft letzte Vorbereitungen für den
morgigen Feiertag, und ihr Geliebter Caelius - ah, der ist doch des
Mordes angeklagt, nicht wahr? Gift, wenn ich mich recht entsinne.
Nun, einen Giftmörder wollen wir bei diesem Gastmahl lieber
nicht dabeihaben, ungeachtet der Qualitäten, über die er
als Deckhengst verfügen mag. Trotzdem wird jemand den Platz
neben unserer Königin einnehmen müssen. Bestimmt
keiner ihrer
anderen Brüder, Publius würde wahnsinnig werden vor
Eifersucht. Vielleicht der geifernde Freigelassene, der heute beim
Prozeß gesprochen hat. Er heißt auch Publius, wenn er
schon nicht so aussieht, und wir haben alle gesehen, daß er
für seinen ehemaligen Herrn einspringen kann, zumindest, was
öffentliche Reden angeht. Aber es fällt mir ziemlich
schwer, mir seinen Kopf in ihrem Schoß vorzustellen,
während sie ihn mit sautierten Spatzenhirnen füttert,
oder? Ah, da ist ja unsere Lesbia. Allmächtige Venus! Wo um
alles in der Welt hat sie dieses Kleid her?«
    »Man kann glatt
hindurchsehen«, murmelte Bethesda.
    »Ich weiß
zufällig, daß der Stoff aus Kos stammt«, sagte
ich, um ein wenig anzugeben. »Eine neue Kreation eines
berühmten dortigen Seidenmachers.«
    »Ich dachte, du
wärst nicht ihr Liebhaber«, knurrte Catull. Neckte er
mich wieder, oder war er ernsthaft wütend? Auf einmal
stieß er ein bellendes Lachen aus, so laut, daß sich
mehrere Köpfe nach ihm umwandten. »O nein, nicht
Egnatius!« flüsterte er. »Ich dachte, mit dem
wäre sie fertig.«
    Clodia nahm auf ihrem
Sofa Platz. Zu ihr gesellte sich ein muskulöser junger Mann
mit einem schwarzen Vollbart und einem strahlenden Lächeln.
Ich erkannte sein Gesicht aus der geilen Kneipenwirtschaft
wieder.
    »Sehr
attraktiv«, bemerkte Bethesda.
    »Wenn ein Hengst
aufrecht stehen und grinsen könnte, würde er aussehen wie
Egnatius, und die Frauen würden ihn vermutlich attraktiv
nennen.« Catull kräuselte seine Oberlippe. »Der
Spanier mit dem Mundgeruch und dem strahlenden Lächeln. Aber
haben Spanier nicht immer weiße Zähne? Ihr wißt,
warum ihre Zähne so weiß sind, oder?«
    Bethesda neigte
fragend den Kopf.
    »Wenn Egnatius
der Herr dieser Feier ist, kann ich nur sagen: Überprüft
eure Weinbecher, bevor ihr einen Schluck nehmt.«
    »Wie meinst du
das?« fragte Bethesda.
    Catull räusperte
sich und begann:
    »Weil des
Egnatius Zähne blendend weiß, lacht er beständig.
Zum Prozeß -«
    *
    Er fing an zu lachen
und bedeckte den Mund, bis er sich wieder beruhigt hatte. Der
Senator und seine Kurtisane beugten sich vor, um zuzuhören.
»Nein, wartet, laßt mich noch einmal von vorne
beginnen. Ich werde es für den Anlaß ein wenig
variieren. Laß mich überlegen…« Er
klatschte in die Hände. »Ja: Weil er schneeweiße
Zähne hat, lächelt Egnatius immer und überall. Kommt
man zur Anklagebank: Wenn Cicero Tränen hervorlocken will,
lächelt Egnatius. Herrscht Trauer ob des Caelius’ Exil.
Während die nun kinderlose Mutter ihren Einzigen beweint,
lächelt Egnatius. Wo immer es sei, was immer er tun mag: Er
lächelt. Das ist seine Krankheit; sie ist, wie ich meine,
weder geschmackvoll noch fein.
    Darum muß ich
dich ermahnen, guter Egnatius. Wärest du ein Stadtrömer,
Sabiner oder Tiburtiner, ein sparsamer Umbrer, ein
wohlgenährter Etrusker, ein dunkelhäutiger Lanuviner mit
schönem Gebiß oder ein Transpadaner (um auch meinen
Stamm zu erwähnen) oder sonst ein beliebiger, der sich auf
appetitliche Art die Zähne putzt, so wollte ich dennoch nicht,
daß du immer und überall lächelst; denn nichts ist
so unpassend wie Lachen im falschen Augenblick.
    Nun aber bist du ein
Spanier: In Spanien reibt jeder sich frühmorgens mit dem
Wasser, das er ließ, Gebiß und rotes Zahnfleisch ein;
darum, je gepflegter eure Zähne, desto mehr hast du - wie sie
klar bezeugen - Harn getrunken.
    Der alte Senator
klatschte, seine

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