Römischer Lorbeer
Schutz angeboten hätten.
Er beklagte den Verlust des brillanten Philosophen und die Schande,
die durch seine Ermordung über das römische Volk gekommen
sei.
Doch was war mit dem
letzten Anklagepunkt gegen Caelius, in dem ihm ein skrupelloser
Giftanschlag auf eine bedeutende römische Dame aus einer der
ältesten und stolzesten Familien der Stadt und Witwe eines
ihrer vornehmsten Bürger vorgeworfen wurde? Die Dame wäre
persönlich zugegen und würde, vorausgesetzt ihre
Kräfte ließen es zu, selbst über das schandhafte
Komplott gegen ihre Person aussagen.
Irgendwann habe
Caelius sich mit dem Bruder der Dame verbündet - eine weitere
seiner launenhaften und wenig vertrauenswürdigen Allianzen -,
was ihn in Bekanntschaft mit der betreffenden Dame gebracht habe.
Ein trauriger Tag für sie! Gewiß, der junge und
gutaussehende Mann habe durchaus seinen Charme - schon die
Tatsache, daß er zwei Männer zu seiner Verteidigung
hatte überreden können, denen er zuvor in den Rücken
gefallen war, sei ein Beweis dafür! Unter Aufbietung all
seines Charmes habe er der Dame ein beträchtliches Darlehen
abgeschwatzt. Später habe sie ihr Vertrauen in den Halunken
bereut, nicht nur weil die Schuld nie beglichen worden war, was
typisch für den Angeklagten sei, sondern auch, weil sie mit
wachsendem Entsetzen begriffen habe, wozu Caelius das Geld benutzt
hatte. Seine ägyptischen Schatztruhen waren versiegt, seine
Mission jedoch noch nicht erfüllt, also benutzte er ihr Geld,
um die Sklaven eines anderen zu bestechen, Dio zu ermorden. Diese
schockierende Erkenntnis habe die Dame zu Sinnen gebracht.
Angewidert von Caelius’ Verdorbenheit und seinen
mörderischen Neigungen und empört darüber, daß
sie benutzt worden war, seine Verbrechen zu finanzieren, habe sie
eingewilligt, als Zeugin bei diesem Prozeß auszusagen. Ein
mutiger Schritt -mit beinahe fatalen Folgen, wie sich erweisen
sollte. Denn um sie zum Schweigen zu bringen, habe Caelius
beschlossen, sie zu
vergiften.
»Diejenigen
unter uns, die schon an allzu vielen Prozessen teilgenommen haben,
kennen das traurige Muster«, sagte Herennius und senkte
vertraulich die Stimme. »Wer sich einmal dazu
herabläßt, Gift gegen ein anderes menschliches Wesen
einzusetzen, wird es früher oder später wieder versuchen.
Giftmord wird zur Gewohnheit, ein geheimes Laster wie manche andere
Dinge, die die Menschen im Dunkeln treiben. Bis das Gesetz oder die
Götter ihm Einhalt gebieten, wird ein Giftmörder sein
schändliches Verbrechen wieder und wieder
begehen.«
Nachdem Caelius diesem
Laster bei dem Giftanschlag auf Dio erst einmal verfallen sei -
wenn dies denn wirklich sein erster versuchter Giftmord gewesen
sein sollte! -, hätte er, was kaum überraschen kann,
erneut zum Gift gegriffen, um sich die lästige Dame vom Hals
zu schaffen. Zuerst habe er das Zeug an einem seiner eigenen
Sklaven ausprobiert. (Um das Gift zu testen, habe Caelius extra
einen Sklaven erworben, so wie man ein billiges Kleidungsstück
erwirbt, um es alsbald wieder wegzuwerfen. Wenn er diese Tatsache
leugne, solle Caelius den bewußten Sklaven wohlbehalten vor
Gericht präsentieren.) Dann hätte Caelius sich an Sklaven
der Dame herangemacht und versucht, sie zu bestechen, ihr das Gift
zu verabreichen (womit er wie ein typischer Giftmörder sein
Tatmuster wiederholt habe). Doch die loyalen Sklaven hätten
ihrer Herrin die Intrige offenbart, worauf diese umsichtig
versuchte, Caelius’ Mittelsmann bei der Übergabe des
Giftes zu ergreifen.
Herennius fuhr mit
todernster Miene fort, den Hergang der Farce in den Bädern des
Senia zu schildern, was unter einigen Zuschauern Erheiterung
auslöste; die Geschichte hatte bereits die Runde gemacht. Die
Sklaven, die zu bestechen Caelius versucht hatte, würden
diesen Zwischenfall bestätigen. Um sie nicht der
unwürdigen Tortur der Folter auszusetzen und ihre
Loyalität zu belohnen, wären sie freigelassen worden und
würden als Freigelassene aussagen.
Herennius seufzte
vernehmlich. »Caelius’ Giftanschlag auf Dio scheiterte,
ebenso wie sein erster Giftanschlag auf die Dame. Doch Caelius gab
noch immer nicht auf! Erst vor wenigen Stunden ist diese Dame dem
Tod nur mit Mühe entronnen, dank Caelius’
unermüdlicher und heimtückischer Anstrengungen, sie aus
dem Weg zu räumen. Seht sie euch an, ihre blasse Haut, ihre
matten Augen und ihr hilfloses Zittern! Man muß sie nur
anschauen, um zu erkennen, daß etwas wahrhaft Schreckliches
geschehen sein
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