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Römischer Lorbeer

Römischer Lorbeer

Titel: Römischer Lorbeer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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und Papa ist, Beerdigungslieder
summt und für morgen etwas möglichst Schäbiges zum
Anziehen aussucht? ›O Papa, ich weiß, daß ich
einen niedergeschlagenen Eindruck machen soll, aber was kann ich
dafür, daß ich großartig aussehe, egal was ich
anhabe?‹«
    Sogar Belbo
mußte grinsen. Wein wurde gebracht. Catull trank gierig und
wischte sich den Mund ab. »Was hast du heute abend, nur mit
deiner Schlaftunika bekleidet, in ihrem Haus
gemacht?«
    »Catull, bitte!
Schluß mit dem Blödsinn über sie… und
mich.«
    »Warum warst du
dann bei ihr?«
    »Eine
unerledigte geschäftliche Angelegenheit zwischen uns
beiden.«
    »Mitten in der
Nacht?«
    »Sie duldete
keinen Aufschub.«
    Er schnaubte und
verlangte, man solle ihm mehr zu trinken bringen. 
    Ich ließ den
unangerührten Wein in meinem Becher kreisen. »Hätte
es nicht gereicht, wenn Caelius all dieser Verbrechen gegen die
alexandrinischen Gesandten für schuldig befunden worden
wäre? Warum mußte sie unbedingt weitere Anklagepunkte
gegen ihn fabrizieren? Du kennst sie besser als ich. Traust du ihr zu,
daß sie selbst Gift nehmen würde, um andere glauben zu
machen, daß Caelius sie vergiftet hat?«
    »Du treibst mich
zur Raserei mit deinen Rätseln«, knurrte
Catull.
    »Clodia ist es,
die uns beide zur Raserei getrieben hat.«
    »Lesbia!«
verbesserte er mich.   
    Ich starrte auf den
Wein, und mir wurde übel. »Wenn ich auch nur einen
Schluck von dem Zeug trinken soll, muß ich es mit sehr viel
Wasser verdünnen.«
    »Na, dann lassen
wir den Mann eben ein wenig Wasser aus dem Aqua Appia
schöpfen!«
    »Du meinst das
Aquaedukt, das ihr Vorfahre für uns erbaut
hat?«
    »Genau!«
erwiderte Catull feixend. »Anschließend können wir
dann auf einer der Straßen wandeln, die ihre Vorfahren
fürsorglicherweise für uns entworfen haben

    »Und in einem
der Tempel, die sie für uns errichtet haben, einem Gott ein
Trankopfer darbieten.«
    Catull lachte.
»Wie ich sehe, hast du die große Ansprache über
die Errungenschaften ihrer Vorfahren und ihre unvergleichliche
Größe auch schon gehört. Ohne all die Appius
Claudii in der Morgenröte der Geschichte wäre Rom
nämlich noch immer ein Schweinestall am Ufer des
Tiber.« 
    »Jedenfalls
scheint Clodia - Lesbia - das zu glauben.«
    »Aber ich wette,
sie hat dir nicht von jenem Appius Claudius erzählt, der
versucht hat, Verginia zu vergewaltigen.«
    »Nein. Ein
Skandal?«
    »Nun, diese
Geschichte zählt zumindest nicht zu den ganz so erbaulichen
Legenden über ihre Vorfahren, die die Clodier jedem Fremden
erzählen, der ihren Weg kreuzt. Aber sie ist trotzdem wahr und
sagt mehr über Lesbia aus als das ganze Gequatsche über
Aquaedukte und
Straßen.«    
    »Erzähl!«
    Catull machte eine
Pause, um der Bedienung seinen Becher hinzuhalten, schwankte dabei
jedoch so heftig, daß der Wein auf dem Fußboden
landete.
    »Vielleicht
hattest du genug«, sagte ich.
    »Vielleicht hast
du recht.«
    »Was ich
brauche, ist ein Bett.«
    Catull rülpste
und nickte. »Ich auch.«
    »Wo wohnst du in
der Stadt?«
    »Ich habe eine
Wohnung in einem Haus auf dem Palatin gemietet. Im Grunde besteht
sie nur aus einem Bett und ein paar Büchern. Willst du
mitkommen?«
    »Du würdest
deine Schlafstatt mit mir teilen?«
    »Du wärst
nicht der erste!« erwiderte Catull lachend. »Du kannst
ja deinen Sklaven als Wachhund mitnehmen. Er kann im Vorraum auf
dem Boden schlafen und Alarm schlagen, wenn er dich
»Vergewaltigung« rufen hört!«
    *
    Catulls Wohnung auf
dem Palatin war tatsächlich so karg möbliert, wie er
gesagt hatte. An einer Wand stand ein großes Schlafsofa, die
andere war mit Fächern voller Schriftrollen
bedeckt.
    Er sah mich im
schwachen Licht der Lampe die Etiketten studieren. »In der
Hauptsache griechische Lyrik«, erklärte er, während
er sich seiner Toga entledigte. »Literatur und eine Liege.
Mehr braucht ein Mann nicht. Alles andere würde ihn nur von
der Erfahrung ablenken.«
    »Der Erfahrung
zu lesen?«
    »Oder die Liege
zu benutzen.« Er streifte sich eine Tunika über und
ließ sich auf das Schlafsofa fallen. »Komm schon, hier
ist genug Platz für zwei. Obwohl ich dich warnen muß.
Ich bin betrunken genug, um über dich
herzufallen.«
    »Ich bin ein
alter Mann mit steifen Gelenken und einem grauen
Bart.«
    »Ja, aber du
riechst unwiderstehlich.«
    »Was?«
    »Du riechst nach
ihrem Parfüm.«
    »Und du stinkst
nach Wein, Catull. Immer noch besser als Urin, nehme ich
an.«
    »Was?«
    Ich schilderte

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