Römischer Lorbeer
steriler, geist- und gewissenloser
Leidenschaft über die Wände tollten.
»Empörend«,
murmelte sie schließlich. »Deine Behauptungen sind
absolut empörend. Wo soll ich anfangen? Es ist absurd. Es ist
verrückt. Hat Caelius sich irgendwie an dich herangemacht?
Oder Cicero? Warum hast du dich gegen mich gewandt,
Gordianus?«
»Ich habe dir
von Anfang an gesagt, daß mein einziges Interesse der
Entlarvung von Dios Mörder gilt. Ich werde mich nicht als
Werkzeug deiner Rache gegen einen ehemaligen Liebhaber benutzen
lassen. Vermutlich bist du es gewohnt, daß sich Männer
von dir benutzen lassen und es auch noch genießen, aber ich
mache da nicht mit, Clodia.«
»Ja, das habe
ich gleich gemerkt.« Ihre Stimme klang leise und müde.
Obwohl ich ihr den Rücken zugewandt hatte, spürte ich,
wie sie näher kam. Ich spürte ihren warmen Atem in meinem
Nacken. »Deswegen habe ich es erst gar nicht versucht, dich
auf diese Art zu überreden. Du hättest es doch
durchschaut und mißbilligt. Du bist ein ungewöhnlicher
Mann, Gordianus. Solche Stärke und Integrität bin ich
nicht gewohnt - ja, es ist genau, wie Cicero gesagt hat.
Glückliche Bethesda! Also habe ich nie versucht, dich zu
verführen, Gordianus. Ich habe den Gedanken verworfen, obwohl
ich mehr als einmal versucht war…«
Ich atmete tief ein
und drehte mich zu ihr um. Ihre Miene war mutlos, bitter und
absolut überzeugend. »Clodia. Du bist eine
bemerkenswerte Frau. Du gibst wohl nie auf?«
Ich hatte aufblitzende
Wut oder die Andeutung eines Grinsens erwartet, doch ihr
Gesichtsausdruck wurde nur noch bestürzter und gequälter.
»Bemerkenswert!« flüsterte ich.
Ich ging an ihr vorbei
und hatte es auf einmal eilig zu verschwinden, weil ich
befürchtete, am Ende doch noch etwas zu tun, was ich
später bereuen könnte. Doch mein Weg wurde von einem
großen, beeindruckend muskulösen jungen Mann versperrt,
der, nur mit einem winzigen Ledenschurz bekleidet, mit
verschränkten Armen in der Tür stand. Catulls Spottvers
war unheimlich und unfehlbar treffend gewesen. Selbst als er mir
demonstrativ den Weg verbaute, grinste der Spanier Egnatius
noch.
»Wer ist dieser
Wurm?« fragte er. »Soll ich sein Gesicht zu Brei
schlagen?«
»Schweig, du
Schwachkopf«, fauchte Clodia. »Geh ihm aus dem
Weg.«
Egnatius trat zur
Seite. Als ich an ihm vorbeikam, kräuselte ich die Nase. Was
ich roch, war nichts weiter als eine Weinfahne, doch ich fragte:
»Ist das Urin, wonach dein Atem stinkt?«
Das Grinsen des
Spaniers zeigte Risse.
23
Belbo wartete vor der
Haustür auf mich. Wortlos begann ich die Straße
hinunterzulaufen, bis mir bewußt wurde, daß ich keine
Ahnung hatte, wohin ich gehen sollte. Heim zu Bethesda kam nicht in
Frage. Ich hätte mich bei Menenia einquartieren können,
doch was hätte meine Schwiegertochter denken sollen, wenn ich
mitten in der Nacht, um einen Schlafplatz bettelnd, vor ihrer
Tür gestanden hätte? Wenn nur Eco endlich
zurückkommen würde…
Auf einmal grunzte
Belbo und zog mich zur Seite. Eine im Schatten eines Hauseingangs
verborgene Gestalt hatte ihn alarmiert. Der arme Belbo hielt den
Mann für einen Dieb oder Mörder. Ich wußte es
besser.
Ich schüttelte
halb angewidert, halb erleichtert den Kopf. »Catull! Hast du
keinen besseren Platz, wo du dich zu dieser späten Stunde
herumtreiben kannst?«
»Nein.
Genausowenig wie du offenbar.« Er löste sich aus dem
Schatten des Hauseingangs, und ich sah, daß sein Gesicht so
ausgezehrt und gequält war wie Clodias bei meinem
überstürzten Aufbruch. Wir starrten einander im
Mondschein an. »Ich hoffe, ich sehe nicht so erbärmlich
aus wie du«, sagte Catull.
»Ich wollte
gerade dasselbe sagen.«
Er rang sich ein
schiefes Lächeln ab. »Was sollen wir
machen?«
»Warten,
daß die Sonne aufgeht, nehme ich an.«
»Und bis dahin?
Wohin sollen wir gehen?«
»Wohin
wohl!«
Am Vorabend des
Feiertags machte die geile Kneipenwirtschaft ein großes
Geschäft. Wir hatten Glück, noch Sitzplätze zu
finden.
»Mir
gefällt es nicht, wie dieser Laden aussieht, Herr«,
sagte Belbo.
»Ah, aber wie du
aussiehst, scheint einigen Mädchen sehr zu gefallen,
großer Bursche«, sagte Catull. Belbo blickte sich
unsicher um.
»Ich nehme nicht
an, daß wir wieder auf Marcus Caelius und seine Freunde
stoßen.« Durch den dunstigen Qualm musterte ich die
Menge.
»Hier?
Während seines Prozesses?« Catull stieß ein
gellendes Lachen aus. »Sehr unwahrscheinlich. Meinst du
nicht, daß er daheim bei Mama
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