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Römischer Lorbeer

Römischer Lorbeer

Titel: Römischer Lorbeer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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hatte und die gefühllose Reaktion der Massen sie
völlig entsetzte. Ohne sie eines Blickes zu würdigen,
stellte Caelius die Pyxis ab und lächelte
selbstgefällig.
    »Herr!«
Belbo zupfte an meiner Toga.
    »Belbo, ich
versuche, dem Prozeß zu folgen.«
    »Aber, Herr, er
ist hier!«
    Ich drehte mich um und
wollte ihn ohrfeigen, wurde jedoch statt dessen von einer Woge der
Freude übermannt. Ganz in der Nähe, am Rand der Menge
stand Eco auf Zehenspitzen und blickte suchend über das Meer
der Köpfe.
    »Belbo, du
Adlerauge! Komm, hier zwischen den Leuten entdeckt er uns
nie.«
    »Du willst doch
nicht etwa schon gehen?« fragte Catull.
    »Ich komme
wieder.«
    »Aber das Beste
kommt erst noch.«
    »Merk dir die
witzigsten Stellen für später«, sagte
ich.
    Als wir Eco
erreichten, wollte der sich gerade ins Getümmel stürzen.
Seine Tunika war schmutzig, seine Stirn schweißverklebt, wie
es von einem Mann, der gerade einen Ritt von Puteoli nach Rom
hinter sich hatte, nicht anders zu erwarten war. Sein Gesicht
wirkte ausgezehrt, doch als er mich sah, leuchteten seine Augen
auf, und er brachte ein müdes Lächeln
zustande.
    »Papa, bitte
umarme mich nicht. Ich bin total verdreckt. Außerdem tut mir
alles weh! Ich bin die ganze Nacht durchgeritten, weil ich
wußte, daß der Prozeß schon begonnen hatte. Er
ist doch noch nicht vorbei, oder?«
    »Noch nicht. Es
steht noch ein Tag voller Reden an -«
    »Gut. Dann
bleibt vielleicht noch genügend Zeit.«
    »Zeit
wofür?«
    »Um Marcus
Caelius zu retten.«
    »Wenn er
überhaupt gerettet werden muß«, sagte ich und
dachte, daß Caelius sich gerade ziemlich erfolgreich selbst
verteidigte. »Wenn er es verdient, gerettet zu
werden.«
    »Ich weiß
nur, daß er es nicht verdient, für die Ermordung Dios
bestraft zu werden.«
    »Was sagst du
da?«
    »Caelius hat Dio
nicht getötet.«
    »Bist du ganz
sicher?«   
    »Ja. Ich habe
die Sklavin Zotica gefunden, die am Abend seiner Ermordung bei ihm
war.«
    »Wenn es nicht
Caelius und Asicius waren, wer dann?«
    »Ich habe das
Mädchen mitgebracht…« Eco sah auf einmal sehr
müde aus.
    »Du meinst, das
Mädchen hat Dio getötet?« Ich runzelte die Stirn.
Diese Möglichkeit hatten wir bereits erwogen und wieder
verworfen.
    »Nein.«
    »Aber sie
weiß, wer es war?«
    »Nicht
direkt.« Warum konnte Eco mir nicht in die Augen sehen?
»Ich kann nur sagen, daß deine Intuition richtig war,
Papa. Das Mädchen ist der
Schlüssel.« 
    »Und? Was hast
du herausgefunden?«
    »Ich glaube, du
solltest besser selbst mit ihr reden, Papa.«
    Die Menge hinter uns
lachte laut auf. Ich sah mich um. »Caelius kommt gerade zum
Höhepunkt seiner Rede. Dann spricht Crassus, dann Cicero

    »Ich glaube
trotzdem, du solltest kommen, Papa. Und zwar schnell, bevor der
Prozeß noch weiter fortschreitet.«
    »Kannst du mir
nicht einfach berichten, was das Mädchen gesagt
hat?«    
    Seine Miene
verdüsterte sich. »Ich glaube nicht, daß das klug
wäre, Papa. Es wäre auch nicht gerecht.«
    »Wem
gegenüber? Der Sklavin?«
    »Bitte, Papa!
Kommt mit mir.« Sein Gesichtsausdruck überzeugte mich
schließlich. Welch schreckliches Geheimnis hatte meinen Sohn
derart erschüttert, ihn, dem nichts fremd war, was Rom an
Korruption und Verlogenheit zu bieten hatte?
    *
    Er hatte das
Mädchen in seinem Haus in der Subura zurückgelassen. Wir
gingen, so schnell wir konnten, und bahnten uns einen Weg durch die
mit Essensständen, Akrobaten und Komödianten
gefüllten Straßen.
    »Wo hast du sie
gefunden?« fragte ich, während ich einigen betrunkenen
Gladiatoren auswich, die uns entgegentorkelten und Belbo
anknurrten, als sie vorbeigingen.
    »In einem
kleinen Dorf am Hang des Vesuvius, Meilen von Puteoli entfernt. Es
war eine ziemliche Sucherei. Zuerst mußte ich den
Bordellbesitzer aufspüren, der die ganze Ladung Sklaven
einschließlich Zotica gekauft hatte. Hast du eine Vorstellung
davon, wie viele solcher Lokalitäten es rund um die Bucht von
Neapolis gibt? Einer nach dem anderen erklärten sie mir, sie
hätten Zotica nie gesehen, und alle wollten ein Schmiergeld,
nur um mir das zu erzählen, während einige so aussahen,
als würden sie lügen, nur um mich zu ärgern.
Schließlich fand ich den Mann, der sie gekauft hatte. Doch er
meinte, sie wäre vollkommen wertlos. »Schlimmer als
wertlos - keiner will ein Mädchen mit Narben«,
erklärte er mir, »nicht mal die
Abgebrühtesten.« Außerdem sei sie wild
geworden.«
    »Wild?«
    »So nannte er
es. Vermutlich

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