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Römischer Lorbeer

Römischer Lorbeer

Titel: Römischer Lorbeer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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wie warm
die Sonne schon brennt. Sieh nur, wie es ihre Männlichkeit
zusammenschrumpeln läßt; schade an sich, denn das ist
sonst schon der halbe Spaß beim Zusehen. Aber wenn du genau
hinsiehst, wirst du feststellen, daß keiner von ihnen
zittert. Sie wollen nicht, daß ich sie zittern sehe, die
lieben, tapferen, dummen Jungen.« Sie lachte erneut - eine
tiefes, kehliges Lachen.
    Clodia saß mit
dem Rücken an einen Berg von Kissen gelehnt und die Knie
seitlich angewinkelt. Eine Stola aus gelblich schimmernder Seide,
die unter ihren Brüsten und um die Hüfte gegurtet war,
bedeckte sie vom Hals abwärts. Nur ihre Arme waren nackt.
Trotzdem hätte kein Mensch ihr Gewand als schicklich
bezeichnet. Der Stoff war so dünn, daß er durchsichtig
schien, und im glitzernden Licht des sonnenüberfluteten
Tiberufers war es schwer zu sagen, was an ihren schimmernden
Konturen der glänzende Stoff und was ihr geschmeidiger
Körper war. Ich hatte noch nie ein vergleichbares Kleid
gesehen, was man offenbar an meinem erstaunten Gesicht ablesen
konnte, denn Clodia lachte erneut, diesmal nicht über die
jungen Männer im Fluß.
    »Gefällt es
dir?« Sie sah mir fest in die Augen, während sie mit der
Hand über ihre Hüfte und ihren Schenkel bis hinab zu ihrem gebeugten
Knie strich. Vor ihrer Hand schien sich die Seide wie Wasser zu
kräuseln. »Es kommt den langen Weg aus Kos, das
Allerneueste von einem berühmten dortigen Seidenmacher. Ich
glaube nicht, daß noch eine Römerin ein solches Kleid
besitzt. Vielleicht geht es ihnen aber auch wie mir und ihr Mut
reicht nicht ganz, ein derartiges Kleidungsstück in der
Öffentlichkeit zu tragen.« Sie lächelte sittsam und
griff nach der silbernen Kette um ihren Hals. Sie spreizte die
Finger, und dank der durchsichtigen Seide konnte ich deutlich
erkennen, daß sie, während sie einen der
eingefaßten Lapislazuli zwischen Daumen und Zeigefinger
rollte, mit dem kleinen Finger zart eine ihrer großen blassen
Brustwarzen streichelte, bis sie hart wurde.
    Ich räusperte
mich und sah mich um. Die jungen Männer warfen sich jetzt
einen Lederball zu, riskierten jedoch, während sie vorgaben,
in ihr Spiel vertieft zu sein, immer wieder verstohlene Blicke in
Richtung Zelt. Kein Wunder, daß sie am ersten warmen Tag an
den Fluß gekommen waren, dachte ich. Wie Clodia sie
beobachtete, so kamen sie ihrerseits, um sie zu sehen. Ich
räusperte mich erneut.
    »Hast du eine
trockene Kehle? Du bist doch nicht den ganzen Weg vom Palatin
gelaufen?« Sie schien ernsthaft neugierig zu sein, als ob das
Laufen auf den eigenen Füßen im Freien etwas war, wobei
sie zwar ihren Sänftenträgern schon zugesehen, was sie
jedoch noch nie selbst versucht hatte.
    »Ja, ich bin
gelaufen.«
    »Du Armer, dann
mußt du durstig sein. Chrysis hat uns zwei Becher
bereitgestellt. In dem Tonkrug ist frisches Wasser, in der
silbernen Karaffe Falerner. Ich trinke nie etwas
anderes.«
    Die Gefäße
standen auf einem kleinen Tisch neben ihr. Einen Stuhl gab es
nicht. Offenbar waren Besucher gehalten stehenzubleiben.
    Mein Mund war in der
Tat ziemlich trocken, was nicht nur an der Hitze des Tages lag.
Clodias Becher war bereits mit Wein gefüllt, also griff ich
nach dem Wasserkrug, schenkte mir einen Becher ein, leerte ihn
langsam und füllte ihn erneut.
    »Keinen
Wein?« Sie klang enttäuscht.
    »Besser nicht.
Für einen Mann meines Alters ist es nicht gut, nach einer
Anstrengung in der Hitze des Tages Wein zu trinken.« Und wenn
nicht schlecht für meinen Magen, dachte ich, dann doch
zumindest für meine Urteilskraft in ihrer Gesellschaft. Wie
würde ihr durchsichtiges Seidenkleid erst nach zwei Bechern
starken Falerners wirken?
    »Wie du
willst«, meinte sie achselzuckend. Die Seide fiel über
ihre Schultern und kräuselte sich wie Wasser über ihren
Brüsten.
    Ich leerte den zweiten
Becher Wasser und stellte ihn ab. »Du hattest einen
bestimmten Grund, den Galloi nach mir zu
schicken?«
    »Ja, den hatte
ich.« Sie wandte den Blick von mir ab und betrachtete wieder
die jungen Männer im Fluß. Ich sah, wie ihre Augen, dem
Flug des Balles folgend, hin und her zuckten, während ihre
Miene ausdruckslos blieb.
    »Trygonion
sagte, es hätte etwas mit Dio zu tun.«
    Sie nickte.
    »Vielleicht
sollte ich die Plane herunterlassen«, sagte ich.
    »Was würden
dann die jungen Männer am Fluß denken?« Die
Vorstellung eines Skandals schien sie ebenso zu belustigen wie
meine wachsende Verwirrung.
    »Wenn wir eine
Anstandsdame brauchen,

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